Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Möglichkeit, hier sprechen zu dürfen. Ich freue mich, dass ich an dieser Debatte teilnehmen darf. Wer mich kennt, weiß, dass mir Wahlkampftöne völlig fremd sind. Dennoch habe ich natürlich wahrgenommen, dass der Wahlkampf uns alle erreicht hat, und ich muss Ihnen, liebe Frau Klöckner – wir haben ja ein schönes Déjà-vu; wir kennen uns ja aus dem rheinland-pfälzischen Landtag –, an einer Stelle schon widersprechen und darauf hinweisen, dass ich es wirklich problematisch finde, dass die Erinnerung der Union als Opposition offensichtlich erst mit dem Zeitpunkt der Bestellung dieser Ampelregierung beginnt. Wir alle wissen doch, dass viele der strukturellen Probleme, die uns jetzt in dieser wirtschaftlichen Situation auch für konjunkturelle Dellen anfällig gemacht haben, weit vor dieser Regierungszeit entstanden sind. Ich will deshalb bei aller Wertschätzung für Frau Merkel – ich wünsche ihr für ihre Biografie, mit der sie zurzeit in Deutschland unterwegs ist, jeden publizistischen Erfolg – deutlich sagen: Sie hat ein wesentliches Kapitel in ihrem Buch vergessen, dessen Titel lauten müsste: Reformstau und warum ich ihn meinen Nachfolgern überlassen habe. Diesen Reformstau spüren wir allenthalben, in ganz Deutschland. Wir spüren ihn in Gesprächen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Unternehmen – übrigens nicht nur in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Unternehmensleitungen, sondern auch in Gesprächen mit den Belegschaften. Ich will aufnehmen, was Herr Bundesminister Habeck gesagt hat – das fand ich sehr ansprechend, und ich teile es ausdrücklich –: Wir alle miteinander – ich darf das hier gegenüber den Kolleginnen und Kollegen des Bundestages sagen, aber das sage ich auch als Mitglied des Bundesrates; da gilt es nämlich genauso – haben auch vor dem Hintergrund des Wahlkampfes überhaupt nicht das Recht, die Arbeit einzustellen. Wir haben auch nicht das Recht, dieses Land jetzt einzufrieren. Wir haben auch nicht das Recht, so zu tun, als dürften wir gegen unsere eigenen Überzeugungen agieren. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Union – Sie, liebe Frau Klöckner, haben ja auch ein paar richtige Punkte angesprochen; nicht alle werde ich vom Tisch wischen –, das Thema Industriestrompreise und die Energiepreise ansprechen, dann frage ich mich, wie Sie sich denn verhalten werden, wenn übermorgen hier im Deutschen Bundestag in erster Lesung ein Gesetzentwurf zum Thema Netzentgelte beraten wird. Sie können diesen Gesetzentwurf vor dem Hintergrund der eigenen Glaubwürdigkeit und mit Blick auf das, was wir in Deutschland beobachten, doch nur unterstützen. Ich will Sie ausdrücklich dazu ermuntern. Ich sage das auch nicht nur an Ihre Adresse, sondern auch an die Adresse des Bundesrats. Wenn Sie das hier auf den Weg bringen: Der Bundesrat ist dazu imstande, das noch vor Weihnachten – am 20. Dezember – auf den weiteren Weg zu bringen. Ich bekenne mich ausdrücklich dazu. Lassen Sie mich auch sagen: Das Element der Zusammenarbeit finde ich auch in diesen Zeiten ansprechend. Mit Selbstbewusstsein und trotz aller Bescheidenheit, die wir als Länder hier im Deutschen Bundestag haben, sage ich: Wenn der Bund in Schwierigkeiten ist, dann wächst das Rettende in den Bundesländern, meine Damen und Herren. Die jüngste Ministerpräsidentenkonferenz hat genau das formuliert. Es gibt einen klaren Auftrag an uns selbst beim Thema Energiepreise. Das ist einstimmig von allen Ländern, in allen Farben beschlossen worden, lieber Robert Habeck, nicht nur von den schwarz-grünen Ländern, sondern alle Länder haben das beschlossen. Lassen Sie mich auch sagen: Es ist wirklich nicht so, dass diese Bundesregierung sich nicht sehr entschlossen darum gekümmert hätte, den Reformstau, den ich eben beschrieben habe, aufzulösen. – Aber natürlich, Herr Spahn, es ist doch so. Wer hat denn den Ausbau der erneuerbaren Energien auf den Weg gebracht? Und welche Industrieunternehmen in Deutschland können Sie mir zeigen, die nicht genau das als Grundlage für ihre Produktion brauchen? Wer hat denn Tempo gemacht beim Netzausbau? Das war diese Bundesregierung unter Olaf Scholz. Wer hat denn dafür gesorgt, dass die EEG-Umlage abgeschafft wurde, ein Riesenkraftakt auch für den Bundeshaushalt? Das war die Bundesregierung unter Olaf Scholz, meine Damen und Herren. Und wer hat dafür gesorgt, dass man bei Planungs- und Genehmigungszeiten vorangekommen ist, übrigens mit den Ländern zusammen? Das lag lange auf dem Tisch; es ist nicht aufgelöst worden. Diese Bundesregierung unter Olaf Scholz hat es sich vorgenommen. Ich bin sehr dankbar dafür, weil es zeigt: Auch in schwierigen Zeiten ist eine Bundesregierung handlungsfähig. – Menschen haben Angst um ihren Job; das ist völlig richtig. Aber lassen Sie uns doch auch sagen: Gerade weil Sie recht haben, Herr Kuban, muss man sie doch jetzt nicht weiter verunsichern, sondern man muss seine Aufgaben wahrnehmen, man muss seinen Job machen hier im Deutschen Bundestag und Dinge auf den Weg bringen, die diese Verunsicherung auflösen. – Ich bin Ihnen ja dankbar für den Zwischenruf. Er wendet sich nur gegen Sie selbst, lieber Herr Kuban. Ich möchte noch einen ganz wesentlichen Aspekt aufnehmen. Lassen Sie mich bitte auch den Punkt aufnehmen, den Robert Habeck angesprochen hat. Ich bin ja Rheinland-Pfälzer, wie Sie wissen. Mein Heimatort ist gar nicht so weit von der deutsch-französischen Grenze entfernt. Und tatsächlich ist es so: Mir wird angst und bange, wenn ich mir das politische System – man muss es so sagen – und auch die politische Situation in Frankreich anschaue, wo sich die Blöcke gegenüberstehen und nur noch dann aktionsfähig sind, wenn sie sich gegenseitig behindern können. Das zeigt doch ganz deutlich: Wir haben hier den Auftrag – die Länder, die Bundestagsfraktionen, die demokratische Mitte miteinander –, immer da, wo es notwendig ist, wo es uns nichts kostet, aber politische Glaubwürdigkeit bringt – vielleicht auch gerne Glaubwürdigkeit auf dem Weg zur Bundestagswahl –, zusammenzuarbeiten. Das ist doch das, was die deutsche Wirtschaft, die Unternehmen, die Beschäftigten jetzt dringend brauchen. Man kann dann ja immer noch im freien Spiel der Kräfte schauen, was die Bundestagswahl für einen bringt. Aber es lässt sich doch leichter argumentieren, wenn man sagen kann: „Ich habe nicht taktisch blockiert, um mir die Argumentationskraft für den Bundestagswahlkampf zu erhalten“, und es lässt sich auch besser argumentieren, wenn man sagen kann: „Wir haben jetzt schon mal Verantwortungsbewusstsein gezeigt, und wir erwarten deshalb, dass wir weiterhin einen Auftrag bekommen.“ Das ist der Appell, meine Damen und Herren, den ich auch aus vielen Gesprächen mit rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürgern, dem Mittelstand und den Industrieunternehmen hierhin mitbringe. – Danke schön, dass ich das hier vortragen durfte. Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.