- Bundestagsanalysen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Man könnte fast sagen: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. In dieser zugegebenermaßen noch recht jungen Legislaturperiode ist es nun schon das zweite Mal, dass wir auf Antrag der AfD über die Wiedereinführung der Kernenergie und die Verlängerung der Laufzeiten der verbliebenen Kernkraftwerke diskutieren.
Ja, das ist auch gut so!)
Für uns als SPD-Fraktion ist klar: Die Rahmenbedingungen mögen sich geändert haben, aber die Antwort ist immer noch dieselbe: Die Verlängerung der Laufzeiten der noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke lehnen wir ab.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN
Das überrascht nicht!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Antwort fußt nicht auf Ideologie,
Aha!)
wie es uns die Abgeordneten der AfD-Fraktion gern unterstellen. Die Antwort fußt auf einer objektiven Überprüfung. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucher/-innenschutz haben sich eingehend mit der Frage beschäftigt,
Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD])
ob und inwiefern eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken zur Energiesicherheit beitragen kann. Außerdem haben die genannten Ministerien genau geprüft, ob diese Verlängerung in Hinblick auf die nukleare Sicherheit vertretbar ist. Und das Ergebnis der Prüfung hat gezeigt: Längere AKW-Laufzeiten helfen uns nur sehr begrenzt bei der Lösung der Probleme der Energieversorgung; aber dieser begrenzte Nutzen kommt zusammen mit hohen wirtschaftlichen Kosten und – noch wichtiger – mit erheblichen Sicherheitsbedenken.
Beifall bei Abgeordneten der SPD
Das sehen die Franzosen aber anders!
Gegenrufe der Abg. Marianne Schieder [SPD] und Konrad Stockmeier [FDP])
Die drei verbliebenen AKW gehen Ende dieses Jahres vom Netz, und darauf ist auch alles ausgelegt, etwa die Bestellung von Brennelementen, die Personalplanung, aber vor allen Dingen auch der Modus der Sicherheitsüberprüfungen. Nach internationalen Sicherheitsstandards unterliegen Atomkraftwerke alle zehn Jahre einer umfassenden Sicherheitsüberprüfung, der sogenannten PSÜ. Diese umfangreiche AKW-Sicherheitsüberprüfung hat für die drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke im Jahr 2009 stattgefunden. Im normalen Rhythmus hätte sie also 2019 erneut durchgeführt werden müssen. Angesichts der endgültigen Abschaltung bis spätestens Ende dieses Jahres wurde auf die erneute umfangreiche Sicherheitsprüfung ausnahmsweise verzichtet.
Ja, dann müsst ihr sie nachholen!
Gegenruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Bei einem Weiterbetrieb nach dem 1. Januar 2023 wäre die letzte PSÜ also mehr als 13 Jahre alt, und eine neue wäre dringend notwendig.
Eben!)
Das Problem dabei ist aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD: Die Prüfung erfolgt doch nicht über Nacht. Die Prüfung ist ein über Jahre währender Prozess,
Dann wird’s aber Zeit!)
in dessen Verlauf erkanntes Verbesserungspotenzial laufend umgesetzt wird. Das geht nicht einfach so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dann fangen wir doch an!
Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die AfD gewandt: Ihr würdet es in zehn Minuten erledigen!)
Die aktuelle Situation in der Ukraine zeigt uns außerdem, wie schnell atomare Anlagen Ziel kriegerischer Handlungen werden können.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
In den letzten Tagen haben uns besorgniserregende Nachrichten erreicht: Kernkraftwerke waren von der Stromversorgung abgeschnitten, die russische Armee hat Expertinnen und Experten in den Kernkraftwerken in ihre Gewalt gebracht. Zu unserer „neuen Realität“, die Sie in Ihrem Antrag beschreiben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, gehört also auch, dass wir Störfallszenarien und vor allen Dingen Sicherheitsbedenken noch stärker als bisher in unsere Überlegungen miteinbeziehen müssen.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Auch kriegerische Auseinandersetzungen auf dem europäischen Kontinent – das müssen wir nun so anerkennen – gehören zu dieser neuen Realität dazu. Wir können und wir wollen nicht länger Atomkraftwerke in Deutschland betreiben und damit ein unnötiges Risiko eingehen.
Die Entscheidung zum Atomausstieg haben wir 2011 unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von Fukushima getroffen. An der entsprechenden Einschätzung hat sich auch seit dem 24. Februar dieses Jahres nichts geändert.
Wir mögen in fundamental anderen Zeiten leben. Was sich aber nicht verändert hat, ist Folgendes: Atomenergie bleibt eine Energieform, deren Risiken sich nicht auf heute und unsere Generation beschränken. Im Standortauswahlgesetz, das den Prozess der Endlagersuche definiert, ist festgelegt, dass wir ein Endlager für 1 Million Jahre suchen – eine Zeitspanne, die für Menschen kaum vorstellbar ist.
Politikwissenschaftler!
Laberwissenschaftler!)
Das ist aber auch die Zeitspanne, in der wir mit dem Atommüll leben müssen – nachfolgende Generationen und der Planet insgesamt. Jeder Tag, an dem also kein neuer hochradioaktiver Atommüll in deutschen Atomkraftwerken produziert wird, ist wichtig. Deshalb werden wir die Laufzeit der drei noch am Netz befindlichen AKW nicht verlängern; nicht um wenige Tage und schon gar nicht, wie von Ihnen gefordert, um mehrere Jahre.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN
Bis zum Blackout!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die aktuelle geopolitische Lage darf nicht missbraucht werden, um unter dem Deckmantel der Energiesicherheit eine Verschiebung des Ausstiegs aus der Atomenergie herbeizuführen. Stattdessen müssen wir gemeinschaftlich an zukunftsfähigen Lösungen für Deutschland arbeiten.
Das wollen wir ja auch!)
Das sind Lösungen, die eine tatsächlich unabhängige Energieversorgung ermöglichen. Wir müssen unsere Kräfte bündeln für einen schnellen und massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Das schafft wahre Unabhängigkeit, und das schafft Klimaneutralität. Lassen Sie uns dieses Ziel auch in dieser Krise nicht aus den Augen verlieren.
Vielen Dank
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Da klatscht ja nicht mal die FDP!
Dummes Zeug geredet!
Lassen Sie Ihre Maske auf, wenn Sie so einen Unsinn erzählen, dann hört man es nicht so laut!
Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP])
Das Wort hat der Kollege Thomas Heilmann für die CDU/CSU-Fraktion.
Beifall bei der CDU/CSU)