Und ich möchte das gerne anhand von Zahlen, Daten und Fakten Punkt für Punkt zeigen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es waren Wissenschaftler, es waren Experten und vor allem Praktiker aus Justiz, Sicherheit, Gesundheit und Wirtschaft, die eindringlich gewarnt haben: vor den negativen Konsequenzen, vor den trügerischen Zielvorstellungen und vor allem vor den verheerenden Signalen einer Cannabislegalisierung. Die massiven Bedenken zahlreicher Bundesländer – ich rede hier nicht nur von den unionsgeführten Bundesländern – wurden bedauerlicherweise einfach ignoriert. Was von der Bundesregierung als „Meilenstein“ in der Drogenpolitik angepriesen wurde, hat sich in der Praxis schon jetzt, also nach wenigen Monaten, als ein untauglicher Versuch erwiesen. Lieber Kollege Lauterbach, das Gesetz ist leider nicht nur inhaltlich und rechtlich mangelhaft ausgearbeitet worden. Vor allem wird dieses Gesetz nicht der Schutzpflicht des Staates vor Gesundheitsgefahren und damit erst recht nicht dem Kinder- und Jugendschutz gerecht. Was wollte man mit dem Gesetz erreichen? Gemäß der Gesetzesbegründung sollte die Cannabislegalisierung den Gesundheitsschutz stärken, die Justiz entlasten, den Schwarzmarkt eindämmen und die Organisierte Kriminalität bekämpfen; wir haben schon viel dazu gehört. Aber ich denke, dass genau das Gegenteil eingetreten ist. Erstens ignoriert dieses Gesetz in einem schon befremdlichen Maße die gesundheitlichen Risiken. Cannabis ist keinesfalls ein harmloses Genussmittel, sondern Studien belegen, dass Cannabiskonsum das Risiko für Angststörungen, Depressionen und Psychosen erheblich steigert. Zweitens war ein zentrales Argument für die Legalisierung die angebliche Entlastung unserer Justiz. Und auch hier zeigt die Realität leider das glatte Gegenteil. Die völlig unnötige Amnestieregelung hat dazu geführt, dass bundesweit über 210 000 Akten durch Staatsanwaltschaften und Gerichte manuell überprüft werden müssen. Verfahren müssen nicht nur daraufhin geprüft werden, ob sie unter diese Amnestieregeln fallen, sondern Verfahren müssen in Teilen komplett neu aufgerollt werden. Da geht es um die Frage: Liegt nur ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vor, oder geht es auch um weitere Straftaten? Wenn das der Fall ist, müssen neue Gesamtstraftaten gebildet werden. Das bedeutet: Die Justiz wird mit Aufgaben belastet, Ressourcen werden verschwendet, die an anderer Stelle natürlich fehlen. Wenn die Altfälle aber erst mal abgearbeitet sind, wird es auch nicht besser. Wir haben im Cannabisgesetz großzügige Freimengen für den privaten Gebrauch. Sehr kurios sind die Abstandsregelungen, die für die zuständigen Behörden einen erheblichen Aufwand verursachen. Das bedeutet in der Praxis: Die Staatsanwaltschaft wird die Polizei wohl mit Maßbändern losschicken müssen, um zu prüfen, ob der Joint auch wirklich mehr als 100 Meter entfernt vom Kinderspielplatz, von Schulen oder Fußgängerzonen geraucht wurde. Drittens war eines der zentralen Versprechen die Eindämmung des Schwarzmarktes. Wir dürften uns, glaube ich, alle einig sein, dass der Zeitraum zwischen Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April und der Gründung der ersten Anbauvereinigung im Spätsommer den Schwarzmarkt erst mal angekurbelt hat. Es war und es ist naiv, zu glauben, dass allein die Legalisierung den Schwarzmarkt austrocknen wird. Warum? Ein Großteil der Konsumenten wird weiterhin auf illegale Angebote zurückgreifen, weil die legalen Produkte teurer sind, die legale Anschaffung mit bürokratischem Aufwand verbunden ist und die Anbauvereinigungen nicht im erforderlichen Umfang liefern können. Und viertens – ich komme jetzt zu den besonders gravierenden Folgen für die innere Sicherheit –: Das Gesetz ist in der Tat ein Geschenk, ein großes Geschenk für die Organisierte Kriminalität. Die Organisierte Kriminalität wird nahezu eingeladen, ihre lukrativen Geschäfte in Deutschland auszuweiten, weil der Verfolgungsdruck erstens mit der Herabsetzung von Strafen, zweitens mit der inzwischen schnellen Verjährung und drittens mit den erheblichen Einschränkungen bei Ermittlungsmaßnahmen deutlich gesunken ist. Mit der Herabsetzung der Strafen meine ich, dass der Handel mit 1 Tonne Cannabis mittlerweile nicht schwerer geahndet werden kann als ein einfacher Diebstahl. Das ist Fakt. Die Verjährungsfristen für cannabisbezogene Straftaten wurden drastisch verkürzt. Wo früher zum Beispiel eine Verjährungsfrist von 20 Jahren galt, beträgt diese in vielen praktischen Fällen nur noch fünf Jahre. Ich darf auf die zahlreichen Verfahren aus dem internationalen Komplex Encrochat erinnern, die bei cannabisbezogenen Straftaten nun in der Verjährung und damit in der Einstellung der Verfahren zu enden drohen. Die Strafverfolgungsbehörden sind mit erheblichen Einschränkungen bei den verdeckten Ermittlungsmaßnahmen konfrontiert. Die durch das Gesetz eingeschränkten Möglichkeiten erschweren die Detektion der Netzwerke der Drogenkriminalität. Der Verzicht auf notwendige Ergänzungen in der Strafprozessordnung führt dazu, dass die Überwachung von Kommunikationsmitteln bei schwerwiegenden Drogendelikten nicht mehr ohne Weiteres möglich ist. Damit komme ich zu einem Fall aus der Praxis, damit die Tragweite dieser Änderungen verdeutlicht wird. Ein Angeklagter, der 450 Kilogramm Marihuana in die Bundesrepublik eingeführt hatte, musste freigesprochen werden. Er ist freigesprochen worden, weil die Erkenntnisse aus verdeckten Ermittlungen inzwischen aufgrund der rechtlichen Änderungen nicht mehr gegen ihn verwendet werden konnten. Der Verfolgungsdruck ist zusätzlich durch die hohen Toleranzgrenzen für den Cannabisbesitz deutlich gesunken. Dealer können sich sicher sein, dass sie straffrei bleiben, solange sie nicht mehr als 25 Gramm bei sich führen. Das ist schon eine aberwitzig hohe Menge, die mit einem Gelegenheitskonsum so wenig zu tun hat wie eine Kofferraumladung voller Alkohol. Das Gesetz gibt Kriminellen einen gefährlichen Spielraum. Der Staat verliert zunehmend die Kontrolle über den Drogenmarkt. Die Organisierte Kriminalität wird dieses Machtvakuum füllen. Wir sehen bereits jetzt, wie sich diese gefährliche Entwicklung auswirkt. Jetzt komme ich zur Mocro-Mafia. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen bekämpft die sogenannte Mocro-Mafia. Das ist eine niederländisch-marokkanische Organisation, die für brutale Kämpfe um den Drogenmarkt bekannt ist. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich dieses Phänomen auf die gesamte Bundesrepublik ausweitet. Die ersten Anzeichen sind bereits sichtbar. Als Ergebnis kann ich dieses Gesetz nur als einen Irrweg bezeichnen. Es gefährdet die Gesundheit. Es belastet die Justiz. Es stärkt den Schwarzmarkt und öffnet der Organisierten Kriminalität Tür und Tor. Insofern, Herr Minister Lauterbach: Eine verantwortungsvolle Politik geht aus meiner Sicht anders. Sie hatten gefragt, was das Konzept der Union ist. Das Konzept ist, dieses Gesetz aufzuheben, bevor es unserem Land weiteren, nachhaltigen Schaden zufügt. Vielen Dank.