- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 21 Tage nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine sehen wir unermessliches Leid, Vertriebene, Tote, Verletzte – jeden Tag mehr, jede Stunde mehr. Dieses unermessliche Leid bedingt einen Appell am Anfang: Herr Präsident Putin, stoppen Sie diesen völkerrechtswidrigen Angriff! Sie sind es, der den Befehl geben kann, das Leid jetzt, in dieser Sekunde, zu stoppen.
Beifall bei der SPD sowie der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich möchte an diesen Appell anschließen, dass wir angesichts dieser Katastrophe im Vergleich zu anderen Situationen – und wir sind in einer Zeitenwende – ein europäisches Aufeinander-Zugehen sehen, einen Akt europäischer Solidarität. Sie, Frau Innenministerin Faeser, haben gleich am Anfang Ihrer Amtszeit deutlich gemacht, dass Sie den Begriff „Migration“ anders interpretieren als mancher Ihrer Amtsvorgänger. Sie sind in Europa auf Ihre Innenministerinnen- und Innenministerkollegen zugegangen und haben gesagt: Wir müssen diese Aufgabe europäisch anpacken.
Wenige Tage nachdem die ersten Erfolge spürbar waren, waren wir gefordert, als es zu dem völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine kam, und wir haben erlebt, dass wir den Mechanismus für den temporären Schutz für mehr als 3 Millionen Menschen, die jetzt schon geflohen sind, aktivieren mussten. Der Dank gilt auch der polnischen Regierung und der polnischen Zivilbevölkerung, die für über 1,8 Millionen Menschen, die jetzt schon nach Polen geflüchtet sind, Unermessliches leisten und einfach helfen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Lassen Sie mich aber einen Punkt in unserer Debatte deutlich machen: Wir müssen uns einmal in dieser Situation vor Augen führen, welcher Vorwurf hier im Raum erhoben wurde. Es ist doch eine Frage an Sie von der Opposition, ob wir dieser Aufgabe, die sich Opposition und Regierung insgesamt stellt, gemeinsam gerecht werden.
Ja!)
Weniger als 100 Tage nach Übernahme der Regierungsverantwortung hören wir hier eine Vorwurfsarie, und Sie haben nicht ein einziges Mal gesagt, welches Gesetz Sie auf den Weg gebracht haben. Sie haben 16 Jahre lang Verantwortung in diesem Land getragen.
Mit Ihnen gemeinsam, Herr Kollege! Das war das Problem! Mit Ihnen gemeinsam!
Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Es war die Union, die im August 2015 in diesem Land gesagt hat: „Wir schaffen das“, und es war ein bayerischer Ministerpräsident, der wenige Wochen danach das Ganze umgetreten hat, indem er sagte, das sei die Herrschaft des Unrechts. Das war der Beitrag der Union zu Fragen der Migration in Deutschland und in Europa.
Nein, nein!
Das war nicht der bayerische Ministerpräsident!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird keinem der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in diesem Land gerecht, wenn wir diese Debatte in dieser Form wiederholen. Lassen Sie uns gemeinsam zeigen: Wir haben gelernt, dass es eine europäische Antwort braucht und dass wir in Deutschland unseren Teil zur Lösung dieser humanitären Katastrophe in Europa beitragen werden.
Beifall bei der SPD)
Und wir tun das, durch das Technische Hilfswerk und die Hilfslieferungen, aber auch durch die Waffenlieferungen an die Ukraine, die in diesen Stunden tatsächlich darum ringt, dass es nicht zu einer noch größeren Katastrophe kommt. Wir haben in diesem Haus aber noch eines getan, und das sollten Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die diese Debatte verfolgen, auch wissen. Wir sind auf die Opposition zugegangen und haben die Obleute sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen dazu eingeladen, sich gemeinsam mit uns über die Lage informieren zu lassen, teilweise tageweise, insbesondere im Innenbereich, weil wir jetzt die Verantwortung übernehmen werden, die Flüchtlinge schnell und unkompliziert unterzubringen.
Eine Lehre aus den Jahren 2015 und 2016 ist auch, dass wir uns die Chance zur zweitbesten Lösung geben müssen. Nicht jede Lösung ist in dieser Situation perfekt, aber sie hilft konkret Menschen, die unermessliches Leid erlebt haben. Wir haben zunächst einmal 10 000 Menschen begrüßt und mit ehrenamtlichen Hilfen verteilt, haben danach aber erkannt: Wir müssen jetzt handeln und gehen sofort zur Registration über. Wir haben nun Hunderttausende von Menschen in unserem Land, und wir verteilen sie auf die Länder, nachdem das Zurufverfahren nicht mehr gereicht hat und nicht mehr ausreichend Plätze zur Verfügung stehen.
Ich schließe mich Ihnen, Herr Vizeministerpräsident Stamp, ausdrücklich an: Es ist ein nationaler Kraftakt von Bund, Ländern und Kommunen. Ich bin auch der festen Auffassung, dass wir nicht eine salamischeibenweise Lösung wie 2015 brauchen, sondern dass wir deutlich sagen müssen: Es wird auch mit dem Tag des Waffenstillstandes viele Ukrainerinnen und Ukrainer geben, die in diesem Land oder in direkten Anrainerstaaten bleiben. Es wird vieler Investitionen bedürfen. Wir dürfen die Kommunen nicht noch einmal alleine lassen, sondern müssen dieses Geld in die Hand nehmen. Das ist das Geringste, was wir tun können. Jeder, der in diesem Land ist, hat einen Anspruch darauf, dass wir diese Krise so menschlich wie möglich lösen. Es ist eine humanitäre Katastrophe, und ich wiederhole den Appell: Herr Präsident Putin, stoppen Sie diesen Angriffskrieg! Sie sind derjenige, der den Befehl geben kann. Stoppen Sie diesen Angriffskrieg!
Herr Kollege!
Und es hilft auch nichts, wenn in dieser Stunde der Opposition und Regierung irgendein historischer Versuch unternommen wird, ein Versagen des Westens zu konstruieren. Nichts rechtfertigt einen völkerrechtswidrigen Angriff auf Kinder, –
Herr Kollege!
– Frauen, Menschen, Krankenhäuser, Schulen. Das passiert in dieser Stunde in der Ukraine.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ebenfalls für die SPD-Fraktion spricht jetzt Jörg Nürnberger.
Beifall bei der SPD)