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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bombenterror Wladimir Putins soll nicht nur die Moral der Ukraine brechen. Die Bombardierung von Kindergärten, von Krankenhäusern, von Wohnblocks und mittlerweile auch von Flüchtlingseinrichtungen soll Menschen systematisch vertreiben. Es ist offensichtlich, dass der Vertreibungsterror Teil einer Strategie ist, einer Strategie, die uns, die europäischen Nachbarländer, destabilisieren soll und die unsere Gesellschaften spalten soll – dadurch, dass möglichst viele derjenigen, die vor den Bomben fliehen müssen, in die europäischen Länder kommen.
Meine Damen und Herren, es ist unsere gemeinsame Aufgabe: Wir müssen jetzt genauso beweisen wie die Ukraine, die sich nicht brechen lässt, dass auch wir uns nicht brechen lassen in unserer Solidarität. Wir müssen gemeinsam mit den Partnern in Europa in internationaler Solidarität unserer historischen Aufgabe gerecht werden und die Vertriebenen alle aufnehmen.
Beifall bei der FDP sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, ich habe jedoch den Eindruck, dass sich nicht alle – auch in Europa nicht alle – der historischen Dimension dieser Aufgabe bewusst sind. Insbesondere – es ist eben schon angesprochen worden – Polen leistet Herausragendes. Wenn sich allein in Warschau 300 000 Vertriebene aufhalten – in Breslau sind es 200 000 – und in Berlin täglich über 10 000 Menschen ankommen, dann muss jetzt, dann muss sofort gehandelt werden.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Eine historische Aufgabe braucht eine historische Antwort. Ich möchte Sie, Herr Bundeskanzler, dringend bitten, auf den französischen Präsidenten zuzugehen und noch in dieser Woche einen europäischen Gipfel vorzubereiten, der eine Evakuierung Hunderttausender direkt aus Polen in die verschiedenen europäischen Länder ermöglicht. Wir brauchen eine Luftbrücke aus Polen, und wir brauchen sie so schnell wie möglich. So, wie man sich einst mit der Berliner Luftbrücke Stalins Terror entgegengestellt hat, sollte Europa sich heute mit einer Luftbrücke dem Terror Putins entgegenstellen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage das ganz offen: Ohne die anderen Europäer wird es Polen in den nächsten Wochen nicht mehr gelingen, die Versorgung der Geflüchteten auch wirklich menschenwürdig sicherzustellen. Und in der Folge, wenn es Polen nicht mehr schaffen wird, dann werden wir es perspektivisch auch nicht schaffen.
Wir haben die EU-Richtlinie in der Umsetzung, wir haben einen unkomplizierten Status, der den Menschen sehr viel Freiheit gibt – das ist auf der einen Seite positiv –, der es in der praktischen Organisation aber auch nicht einfach macht, weil es eben keine verpflichtenden Zuweisungen gibt, wie wir sie beispielsweise bei den Asylbewerbern haben. Aber es ist ein guter Status beschlossen worden. Was aber nicht beschlossen worden ist, das ist die solidarische Verteilung, und eigentlich gehört auch dies zu dem humanitären Schutz. Deswegen brauchen wir jetzt diese europäische Initiative.
Verehrter Herr Bundeskanzler, ich bin mir sicher, dass Sie auch wissen, wie wichtig diese Verantwortung ist. Denn – das zu sagen, gehört dazu – auch unsere Regelsysteme sind bereits überlaufen. Ich spreche an dieser Stelle nicht nur für die Länder, sondern ich spreche auch für die Kommunen in Deutschland, die mittlerweile begonnen haben, Turnhallen zu belegen, und die selbst zum Teil schon an den Kapazitätsgrenzen angekommen sind. Wir brauchen einen gemeinsamen, nationalen Kraftakt, wenn wir Hunderttausende versorgen wollen. Darum brauchen wir neben der europäischen Hilfe und der europäischen Verständigung dringend auch eine Verständigung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Ich würde vonseiten der Länder und Kommunen den Vorschlag machen, dass wir so schnell wie möglich – am besten noch an diesem Wochenende – zu einem Flüchtlingsgipfel zusammenkommen, um auch mit den Hilfsorganisationen und allen entscheidenden Playern zu besprechen, wie wir neue Plätze generieren können, damit wir wirklich verantwortlich handeln, damit wir auch dauerhaft den Menschen aus der Ukraine gerecht werden können bei der Versorgung, bei unserer historischen Aufgabe hier in Deutschland und damit wir auf Putins Vertreibungsterror, den Versuch, uns zu destabilisieren, die Antwort geben können, die ein Wladimir Putin nicht kennt, nämlich Humanität.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Michael Roth.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)