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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Wadephul, es wäre schön gewesen, wenn Sie angesichts der dramatischen Lage eines Krieges mitten in Europa Ihre Rede dem Thema auch angepasst hätten.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Bernd Riexinger [DIE LINKE]
Es wäre schön gewesen, wenn Sie sich mal um die Frauen gekümmert hätten!)
Denn gerade jetzt ist es wichtig, dass wir Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen.
Der russische Überfall auf die Ukraine verursacht unfassbares Leid. Mitten in Europa. Frauen und Kinder flüchten vor Putins Bomben und Panzern, Kinder verhungern und verdursten.
Die kommen hier am Hauptbahnhof an!)
Das hat Herr Abgeordneter Wagener hier gerade sehr eindrucksvoll gesagt: Jedem, der das dieser Tage sieht, dem zerreißt es das Herz, meine Damen und Herren.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dieser Krieg ist eine furchtbare humanitäre Katastrophe. Putin lässt Krankenhäuser und Wohnblocks bombardieren. Fast 3 Millionen Geflüchtete haben sich bisher in die Nachbarstaaten der Ukraine retten können. Allen voran leistet Polen Großartiges. Polen hat 1,2 Millionen Geflüchtete aufgenommen, und dafür sollten wir unserem Nachbarland auch sehr dankbar sein.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN
Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])
Davon habe ich mir selbst vor wenigen Tagen an der polnisch-ukrainischen Grenze ein Bild machen können.
Wir unterstützen nicht nur die Nachbarländer wie Polen, sondern auch die Ukraine und die Nachbarstaaten mit Hilfstransporten durch das THW mit Medizin, Impfstoffen, Feldbetten, Winterschlafsäcken. Innerhalb weniger Tage haben wir in der EU einen historischen Schulterschluss erreicht. Alle EU-Staaten nehmen gemeinsam, schnell und unbürokratisch Geflüchtete auf. Das ist wirklich eine großartige Leistung.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir retten damit Menschenleben, unabhängig vom Pass. Für die allermeisten Geflüchteten gilt: Sie brauchen kein Asylverfahren. Sie erhalten unmittelbar einen Schutzstatus, der von Anfang an medizinische Versorgung, soziale Leistungen, Betreuung und Schulbildung der Kinder ermöglicht. Wir beziehen die Verkehrsministerinnen und ‑minister unmittelbar mit ein, um schnelle Weiterreisen auch für Menschen zu ermöglichen, die zum Beispiel in Spanien oder Italien Verwandte und Freunde haben.
Der Schulterschluss aller EU-Staaten zur gemeinsamen Aufnahme Geflüchteter war bis vor Kurzem undenkbar. All das zeigt, dass diese Fluchtbewegung mitten in Europa nicht vergleichbar ist mit vorherigen Fluchtbewegungen, auch nicht vergleichbar mit 2015. Dennoch – das sage ich auch in aller Deutlichkeit – werden wir das Leid der Menschen, die jetzt aus der Ukraine fliehen, nie mit dem Leid anderer Kriegsflüchtlinge aufwiegen.
Aber zugleich spüren wir doch alle dieser Tage: Dieser Krieg ist uns so nahe. Es gibt enge familiäre Verbindungen; viele Geflüchtete werden von Freunden und Verwandten abgeholt und versorgt. 175 000 Einreisen von geflüchteten Menschen aus der Ukraine hat die Bundespolizei bislang gezählt. Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind gerade stark belastet. Wir arbeiten hier engstens zusammen, um schnell für Entlastung und Verteilung zu sorgen. Bund, Länder, Kommunen sind gemeinsam in der Verantwortung. Es ist ein großer Kraftakt, den wir alle zusammen stemmen werden.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP
Zuruf von der CDU/CSU: Ja, was machen Sie denn?)
Der Bund unterstützt die Länder massiv mit dem THW und mit einem deutlich verstärkten Einsatz der Bundespolizei und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Wir haben mit den Ländern vereinbart, dass wir seit dieser Woche nach dem Königsteiner Schlüssel Geflüchtete auf die Länder verteilen. Das betrifft diejenigen, die nicht privat in Familien oder bei Bekannten untergebracht werden.
Klar ist, dass wir die Länder und Kommunen damit nicht alleine lassen. Der Bund hat mit Liegenschaften der BImA Zehntausende Aufnahmeplätze für die Länder und Kommunen zur Verfügung gestellt. Wir sorgen dafür, dass die zu uns Geflüchteten medizinisch gut versorgt sind und direkt Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Indem wir Geflüchteten so einen sicheren Alltag ermöglichen, entlasten wir auch die vielen Familien, die nun mit großartiger Hilfsbereitschaft privat Menschen aufnehmen. Denen gilt mein Dank, ebenso den im Moment Tausenden Ehrenamtlichen in der Bundesrepublik, die gerade wirklich Unfassbares für die Menschen leisten.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Meine Damen und Herren, natürlich schauen wir jetzt genau hin, wer nach Deutschland kommt. Die Bundespolizei hat die Kontrolle an den Grenzen, in Zügen und an den Bahnhöfen stark intensiviert. Die Polizeien der Länder und die Bundespolizei in Uniform ebenso wie in Zivil haben das Geschehen genau im Blick. Sie arbeiten eng mit Hilfsorganisationen zusammen, um Frauen und Kinder zu schützen. Niemand darf deren Notsituation jetzt ausnutzen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Lassen Sie mich auch etwas zur Registrierung in Deutschland sagen. Mir ist es wichtig, dass wir bei den Fakten bleiben, anders als es von manchen zuletzt zu hören war. Für Ukrainerinnen und Ukrainer mit biometrischem Pass gilt Visafreiheit für 90 Tage. Sie sind nicht Bürgerinnen und Bürger der EU, aber Europäer wie wir. Sie dürfen frei reisen. Das ist geltendes Recht. Das ermöglicht auch, dass viele bereits in andere europäische Staaten weiterreisen konnten. Trotzdem haben wir sehr schnell entschieden, auch diese Menschen bei der Erstaufnahme und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu registrieren. Registrierungsteams des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unterstützen Berlin mit Stationen zur Erfassung der Daten der Geflüchteten, und das ist gut so. Wir registrieren in Erstaufnahmen und bei den Ausländerbehörden. Das intensivieren wir weiter. Die Registrierung erfolgt spätestens, wenn Menschen Unterstützungsleistungen in Deutschland brauchen. Damit können wir Steuerung, Koordination und schnelle Hilfe für Geflüchtete gewährleisteten.
Manche fordern jetzt stationäre Grenzkontrollen an unseren Binnengrenzen. Was würde das bedeuten? Alte Menschen, Frauen und Kinder sind meist vier, fünf Tage auf der Flucht, wenn sie hierherkommen. Sie sind entkräftet und traumatisiert. Wir wollen nicht, dass diese Frauen und Kinder weitere Stunden oder Tage in der Kälte hinter der deutsch-polnischen Grenze kampieren müssen, bevor sie mit dem Allernötigsten versorgt werden können.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wer jetzt Grenzen schließen will, riskiert auch eine gute Verteilung innerhalb der EU. Wir brauchen keinen Populismus, sondern pragmatische und menschenwürdige Lösungen.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch hier im Bundestag klar sagen: Dieser Krieg ist Putins Krieg und nicht der Krieg der Menschen mit russischen Wurzeln, die in Deutschland leben. Wir wehren uns ganz entschieden dagegen, dass Menschen aufgrund ihrer russischen Herkunft angefeindet werden. Dieser Konflikt darf weder auf dem Rücken von Ukrainerinnen und Ukrainern noch auf dem Rücken von Russinnen und Russen in Deutschland ausgetragen werden.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Unsere Sicherheitsbehörden und unsere Polizei sind mit starken Kräften im Einsatz und sehr wachsam. Sie schützen jeden Menschen und jede Einrichtung in Deutschland gleichermaßen. Bei allen Einsatzkräften von Polizei und THW, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kommunen, den Ländern und Bundesbehörden, bei allen Freiwilligen und Ehrenamtlichen möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Sie alle wachsen über sich hinaus und zeigen eine großartige Menschlichkeit und Solidarität, eine Menschlichkeit, auf die wir alle sehr stolz sein können.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Matthias Moosdorf hat das Wort für die AfD-Fraktion. Das ist seine erste Rede.
Beifall bei der AfD)