Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder von uns, der das entsprechende Alter hat, hat wohl seinen persönlichen Moment der Einheit erlebt. Meiner war nicht der Abend oder der Tag des Mauerfalls, sondern er kam mit einer gewissen Verzögerung. Ich war nach Berlin gezogen und habe an der Humboldt-Uni studiert. Eines Abends saß ich mit ein paar Kommilitonen auf der Frankfurter Allee – früher hieß sie Stalinallee – in einer Kneipe zusammen, und mein Freund – nennen wir ihn Jens-Uwe – fragte mich: „Was hast du eigentlich gemacht vor dem Mauerfall?“, und ich sagte ihm: Na ja, ich war bei der Bundeswehr und stationiert in der Nähe der Grenze, in der Rhön. – Da guckte er mich mit großen Augen an und sagte: Das ist ja interessant. Zur gleichen Zeit war ich Soldat der NVA in der gleichen Gegend. – Es trat ein Moment der Stille ein, und uns wurde bewusst: Wenn die Geschichte auch nur ein bisschen anders verlaufen wäre, dann hätte es sein können, dass wir aufeinander schießen. Wir nahmen uns in die Arme, haben unser Bierglas erhoben und waren froh und dankbar, dass die Geschichte so verlaufen ist, wie sie verlaufen ist, und nicht anders. Der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung sind große Geschenke, und dafür müssen wir dankbar sein. Aber es stimmt mich traurig, wenn ich – gerade auch aus Ihrer Rede, Frau Budde – höre, welche Missachtung heute immer noch den Ostdeutschen entgegengebracht wird. Die eine Mauer ist gefallen, aber andere wurden errichtet, und eine heißt heute „Brandmauer“. Und diese Brandmauer zeigt auch, dass Sie keinen Respekt haben vor den Ostdeutschen, die keine kleinen dummen Kinder sind, die man erziehen muss, sondern die ganz bewusst die AfD wählen. Respektieren Sie das! Auch diese Mauer muss fallen, liebe CDU. Vielen Dank. Gott schütze unser deutsches Vaterland!