Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist ein kurzes Gesetz. Es ist keine drei Seiten lang; denn es beschreibt die Ausnahme, nicht die Regel im deutschen Arbeitsrecht. Es ermöglicht seit 2007 die Befristung von Arbeitsverträgen des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals – einzig zur Qualifizierung – als eine Art Sonderarbeitsrecht. In der Folge ist die Anzahl befristeter Mittelbaustellen im deutschen Wissenschaftssystem auf über 170 000 um mehr als 60 Prozent gestiegen. Die Zahl unbefristeter Arbeitsverhältnisse blieb dagegen bei nur 30 000 fast konstant. So hat heute leider nicht einmal jeder Sechste im wissenschaftlichen Mittelbau einen unbefristeten Vertrag. Das ist keine gute Entwicklung. Denn, meine Damen und Herren, das macht etwas mit den Menschen in der Wissenschaft. Auf persönlicher Ebene wird trotz starkem Kinderwunsch nachweislich häufiger auf Kinder verzichtet. Für junge Wissenschaftler ist es schwerer, eine Wohnung zu finden, oft unmöglich, einen Kreditvertrag zu bekommen. Und auch auf fachlicher Ebene wirken Befristungen bedenklich. Umfragen zeigen, dass befristet arbeitende Forscher/-innen deutlich häufiger wissenschaftliche Kritik aus Sorge über ihre eigene Beschäftigungsperspektive zurückhalten und sogar wissenschaftliches Fehlverhalten nicht anzeigen. Die stete Unsicherheit lähmt und schadet. Damit wollen wir uns nicht zufriedengeben. Der vorliegende Gesetzentwurf gibt auf einige dieser Probleme Antworten. Zwei davon will auch ich kurz würdigen. Zur Stärkung der familienpolitischen Komponente. Dies kann Wettbewerbsnachteile von Eltern im Wissenschaftssystem entgegenwirken. Die noch unzureichende Vereinbarkeit von Familie und Beruf wollen wir damit verbessern, weil auch mehr und mehr zu pflegende Angehörige darauf angewiesen sind. Und erstmalig führt das Gesetz zudem Mindestvertragszeiten ein. Mindestens drei Jahre muss der Arbeitsvertrag für Promovierende betragen, mindestens zwei Jahre für die Erstanstellung von Promovierten. Das ist ein klarer Fortschritt. Wir versprechen uns davon eine deutliche Verbesserung der Arbeitssituation vieler Wissenschaftler, aber auch einen Wandel bei den Personalkonzepten und in den Wissenschaftseinrichtungen selbst. Entscheidende Fragen für die Novellierung bleiben dennoch für den parlamentarischen Prozess: Können Arbeitgeber im internationalen Wettbewerb heute noch bestehen, wenn sie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor einer Festanstellung eine zwölfjährige Qualifizierungs- und mehrfache Probezeit zumuten? Wir meinen, nein. Und wieso dürfen ausgerechnet in einem überwiegend staatlich finanzierten Bereich die Tarifpartner nicht über die Arbeitsbedingungen verhandeln? Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, dass es Zeit wird, dass die Sozialpartner dies auch in der Wissenschaft können; denn wir müssen die Attraktivität unseres Forschungsstandorts angesichts des wachsenden Fachkräftebedarfs sichern. Meine Damen und Herren, der heutige Tag ist ein wichtiger Wegpunkt für ein zeitgemäßes Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Wir wollen es im Interesse der Beschäftigten im parlamentarischen Verfahren verbessern und zeitnah abschließen. Vielen Dank.