- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anlässlich des 75. Jubiläums unseres Grundgesetzes finden viele Veranstaltungen im ganzen Land statt. Wir als Abgeordnete sitzen auf Podien, diskutieren darüber, wie up to date und wie wehrhaft unser Grundgesetz ist, und schauen auf die nächsten 75 Jahre. Nicht selten finden sich auf dem Podium keine und auch im Publikum nur wenige Zeitzeugen der Geburtsstunde des Grundgesetzes. Es fällt schwer, sich eine Bundesrepublik ohne Grundgesetz vorzustellen. Es wäre schlicht nicht die Bundesrepublik, ist doch das Grundgesetz Kontinuum in unserem Staatsverständnis und prägend für unseren Blick auf Staat und Gesellschaft.
Ich selbst bin etwa halb so alt wie das Grundgesetz. Ich kenne nicht nur keinen Staat ohne Grundgesetz, sondern auch keinen ohne starkes Bundesverfassungsgericht – ein echtes Bürgergericht, das nicht nur Streitigkeiten zwischen Staatsorganen klärt, sondern an das sich jede und jeder mit einer Verfassungsbeschwerde wenden kann. Dabei gab es das, als das Bundesverfassungsgericht seine Arbeit aufnahm, so noch nirgendwo sonst.
Das Bundesverfassungsgericht ist ein Gericht, das stets Unabhängigkeit und Mut bewiesen hat, das sich getraute, schon 1952 die Sozialistische Reichspartei als Auffangbecken von NSDAPlern und 1956 die KPD zu verbieten, das die Wiedervereinigung und die Einbindung in die Europäische Union begleitet hat. Es ist ein Gericht, das von Beginn an den umfassenden Schutz unser aller Freiheiten ausgeformt hat. Man denke an das Lüth-Urteil, mit dem es eine Lanze für die Meinungsfreiheit brach, an das Volkszählungsurteil, das das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung benannte, den Brokdorf-Beschluss zur Versammlungsfreiheit, die Kruzifix-Entscheidung oder an das Urteil zur Sterbehilfe vor wenigen Jahren; ich durfte der Urteilsverkündung selbst beiwohnen.
Es ist ein Gericht, das mit Blick auf Gleichberechtigung in einer offenen Gesellschaft Berge versetzt hat, das die kommenden Generationen im Blick hat, das uns hier immer wieder gesagt hat, wo unsere Grenzen sind. Da ist es zwar aus seiner Geschichte heraus erklärlich, aber heute doch geradezu paradox, dass dieses starke Gericht in unserem Grundgesetz selbst nicht stark ausgeformt ist. Gut, dass sich eine breite demokratische Allianz gefunden hat, die dem Bundesverfassungsgericht mit den heute vorliegenden Gesetzentwürfen zu der Stellung verhelfen wird, die ihm gebührt!
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Clara Bünger [Die Linke])
Deshalb an dieser Stelle mein herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und natürlich auch an unseren Minister für die intensiven Beratungen, für den Willen, gemeinsam als Demokraten Verantwortung zu tragen.
Das Bundesverfassungsgericht hat es verdient, im Grundgesetz ebenso sichtbar zu werden, wie es bei anderen Verfassungsorganen wie dem Bundestag, dem Bundesrat, dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung bereits der Fall ist. Deshalb ist es wichtig und erfreulich zugleich, dass das Bundesverfassungsgericht selbst unsere Reformbestrebungen begrüßt hat. Auch kommende Generationen, unsere Kinder sollen sicher sein können, dass das Bundesverfassungsgericht Demokraten, die Fehler machen, ebenso Grenzen setzt, wie es Verfassungsfeinde in die Schranken weist.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
In diesem Sinne freue ich mich auf konstruktive Beratungen.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Matthias Peterka für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])