- Bundestagsanalysen
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Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich nicht darauf eingehen – nicht dass wir Worte der Anteilnahme für das ukrainische Volk von der AfD erwartet hätten –, aber: Die Realität in Europa so zu verzerren, wie Sie es gerade getan haben, Herr Chrupalla, ist niederträchtig.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich will Ihnen auch sagen: Die Bundesrepublik Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie, und zwar nach außen – das beweist die Mehrheit des Deutschen Bundestages gerade –, aber auch nach innen gegen die Feinde der Demokratie, um das in aller Klarheit zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zuruf von der AfD: Das ist schäbig!)
Wladimir Putin führt einen Angriffskrieg mitten in Europa. Die Ukraine hat Putins Krieg nicht provoziert. Es gab in keinem Moment eine glaubwürdige Bedrohung für Russland durch die Ukraine. Wladimir Putins Begründungen für diesen Krieg sind auf Desinformation, auf Propaganda und auf Lügen gebaut. Es grenzt an Zynismus, wenn der russische Präsident behauptet, Ziel seines Angriffs sei eine „Entnazifizierung“ der Ukraine. Es ist gelogen, wenn er behauptet, im Donbass verübe die Ukraine einen „Genozid“ oder die Ukraine wolle Nuklearwaffen, um Moskau zu bedrohen. Meine Damen und Herren, wahr ist: Wladimir Putin ist der Aggressor in diesem Konflikt, und das muss deutlich ausgesprochen werden.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Der russische Präsident bricht mit seiner Entscheidung zum Angriff auf die Ukraine aufs Schwerste das Völkerrecht. Er bricht alle grundlegenden Regeln der internationalen Ordnung: die KSZE-Schlussakte von 1975, die Charta von Paris von 1990, das Budapester Memorandum von 1994, die NATO-Russland-Grundakte von 1997, den 2008 verlängerten Freundschaftsvertrag der Ukraine mit Russland und die Charta der Vereinten Nationen. Meine Damen und Herren, wer all das bricht, ist ein Verbrecher.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Deshalb ist es richtig, dass der Deutsche Bundestag diesen Angriffskrieg des russischen Präsidenten auf das Schärfste verurteilt. Wir dürfen nicht schweigen, wenn ein souveränes Mitglied der Staatengemeinschaft angegriffen wird. Deshalb ist es richtig, dass die internationale Gemeinschaft harte Konsequenzen zieht und umfassend Sanktionen verhängt: gezielte Sanktionen, insbesondere auch gegen die Person Wladimir Putin und sein Umfeld, um die Oligarchen und seine Unterstützer zu treffen.
Ich will in Richtung des Bundeskanzlers und des Bundesfinanzministers sagen: Es war in der gestrigen Nacht eine richtige Entscheidung, das scharfe Schwert zu ziehen und Russlands Banken von SWIFT abzukoppeln. Sie haben in dieser Frage die ausdrückliche Unterstützung des Deutschen Bundestages, Herr Finanzminister und Herr Bundeskanzler.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Gleiche gilt für die Waffenlieferungen, die in der gestrigen Nacht entschieden worden sind. Jedes freie Volk hat, wenn es angegriffen wird, das Recht, sich zu verteidigen. Unsere Solidarität gilt an dieser Stelle der Ukraine – eben auch über diesen Weg. Da kämpfen Menschen gerade um ihr Leben und Überleben. Soldaten verteidigen ihr Land. Deswegen ist es richtig, dass wir die Ukraine mit Waffenlieferungen zur Verteidigung des eigenen Landes und von Menschenleben unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will auf einen Punkt Ihrer Rede eingehen, Herr Merz; wir haben in den letzten Tagen miteinander gesprochen. Ich fand es ausdrücklich gut und hilfreich, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gesagt hat, sie unterstütze die Bundesregierung bei dem, was jetzt vor uns liegt. Das ist ein schwerer Weg für unser Land. Für diese Kooperation, diese Einmütigkeit danke ich Ihnen.
Sie haben in Ihrer Rede gerade gesagt: Wir stehen vor einem Scherbenhaufen der Sicherheitspolitik. – Ich teile diese Einschätzung. Es geht – Christian Lindner hat es vorhin gesagt – dabei nicht um Schuldzuweisung, sondern es geht um gemeinsame Verantwortung. Deswegen, Herr Merz, fordere ich Sie auf: Tragen Sie diese gemeinsame Verantwortung! Der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister haben eben Vorhaben skizziert, wie wir die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes im NATO-Bündnis stärken. Ich fordere Ihre Fraktion auf, dem beizutreten und das auch mehrheitlich zu unterstützen, sollte eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag für eine Grundgesetzänderung nötig sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Bundeskanzler, Herr Finanzminister, liebes Kabinett, ich habe das starke Gefühl, Sie haben für das, was Sie hier vorgetragen haben, die große Mehrheit des Deutschen Bundestages hinter sich, und das ist vor dem Hintergrund dieses Konflikts ein ganz wichtiges Signal in die Welt.
Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Weil uns das alle bewegt, will ich an dieser Stelle sagen: Ein Europa, in dem Streit nicht mit Krieg, sondern friedlich gelöst wird, ist ein Europa, wie wir es uns vorstellen. Es ist ein Europa, zu dem auch Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen hat, es aufzubauen. Viele haben gesagt: Putins Angriff ist ein Angriff auf ganz Europa. – Doch es ist in Wahrheit vielmehr ein Angriff auf die gesamte Menschheit, auf das Grundrecht jeder Person, in Frieden und Freiheit zu leben.
Wir stehen an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts, in dem diese hart erkämpften Rechte weltweit bedroht werden. Deswegen ist der Krieg in der Ukraine ein Krieg für die Rechte aller Menschen, überall. Hinter der Ukraine stehen nicht nur die Europäische Union und Europa, sondern die ganze demokratische Welt sowie all diejenigen, die woanders gegen autokratische Staaten und für Freiheit kämpfen.
Meine Damen und Herren, es geht um die Freiheit in der Welt. Deswegen steht die Bundesrepublik Deutschland als liberale Demokratie an der Seite des ukrainischen Volkes. Herr Botschafter, ich will Sie an dieser Stelle direkt ansprechen: Der Deutsche Bundestag und die Menschen in Deutschland leiden derzeit mit Ihrem Volk. Wir stehen solidarisch an der Seite der demokratischen Institutionen und des ukrainischen Volkes; auch das ist eine Botschaft der Sondersitzung des Deutschen Bundestages am heutigen Tage, Herr Botschafter.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich auch ein Wort an das russische Volk richten. Ich weiß, dass viele gerade überlegen, auf die Straße zu gehen. Viele Menschen in Russland sind bereits verhaftet worden, weil sie sich gegen das autokratische Regime von Wladimir Putin stellen. Wir wollen den Menschen in Russland an dieser Stelle auch sagen: Wir haben höchsten Respekt vor denjenigen, die sich gegen Wladimir Putin auflehnen, die in den letzten Tagen laut gegen den Krieg in der Ukraine gesprochen haben und in Russland auf die Straßen gehen. Auch diese Menschen haben unsere ausdrückliche Solidarität, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir als Deutsche, wir als Europäer dürfen uns nicht kleinreden. Europa ist ein Sehnsuchtsort. Unser demokratisches System ist ein Symbol der Hoffnung für viele. Gemeinsam, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir stärker als die Kraft der Autokratie und der Kriegstreiberei.
Ich danke Ihnen.
Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. – Als nächste Rednerin erhält die Kollegin Saskia Esken, SPD-Fraktion, das Wort.
Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)