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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Krieg ist im 21. Jahrhundert in die Mitte Europas zurückgekehrt. Das Unmögliche ist Wirklichkeit geworden. Ich weiß nicht, was überwiegt, wenn man die Bilder sieht, wie Leben von jungen Menschen in Uniformen, von Frauen und Kindern in der Zivilbevölkerung zerstört wird: Ist es Trauer, oder ist es Wut, die einen erfasst? Aber eines überwiegt sicher: Größer als der Hass Putins auf die Ukraine ist unsere Solidarität mit den Menschen und dem Volk der Ukraine, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung aus unserer Sicht richtig dargelegt, dass der Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Finanzsystem jetzt notwendig ist. Sie haben richtig dargelegt, dass die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu unterstützen ist und wir Waffen zu liefern haben. Sie haben uns bei diesen Maßnahmen an Ihrer Seite, sowohl, was das Finanzsystem anbelangt, als auch, was die Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine betrifft.
Wir haben seit mehreren Tagen festgestellt, dass unsere Partner in Europa dieses Vorgehen auch von Deutschland eingefordert haben, und wir wollen im Gleichklang mit unseren europäischen und amerikanischen Partnern handeln. Um dies deutlich zu sagen: Es darf auch bei weiteren notwendigen Maßnahmen keinen Sonderweg Deutschlands als Land mit dem Fuß auf der Bremse geben. Dann haben Sie uns weiterhin an Ihrer Seite, Herr Bundeskanzler.
Beifall bei der CDU/CSU)
Um auch das klarzustellen, für alle unmissverständlich, weil es natürlich große Debatten auch in der Öffentlichkeit gibt, wenn wir Waffen in Kriegsgebiete liefern: Es geht uns bei diesen Lieferungen von Waffen nicht darum, Krieg zu führen. Es geht darum, Verhandlungen wieder zu ermöglichen und es zu schaffen, dass diejenigen, die angegriffen werden, sich auch wehren können, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Putin hat den Frieden in Europa zerstört. Wir müssen einsehen, dass unsere Idee „Frieden durch Handel, durch wirtschaftliche Verflechtung“ nicht funktioniert hat. Wir waren uns sicher, dass der gemeinsame Austausch von Waren, dass der Handel automatisch zu einem friedlichen Miteinander führt. Es ist auch nicht und es war auch nicht falsch, daran zu glauben; aber es hat schlichtweg nicht ausgereicht. Frieden zu sichern, braucht mehr als wirtschaftliche Stärke. Frieden zu sichern, braucht auch starke Sicherheitsgarantien und braucht eine starke Verteidigungsfähigkeit, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich hoffe, dass wir in diesem Parlament einer Meinung sind: Putin hat nicht nur den Frieden Europas zerstört, Putin hat auch die Friedensdividende zerstört. Politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich haben wir in der Vergangenheit von dieser Friedensdividende profitiert.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sätze, die es in diesem Parlament gegeben hat, die geheißen haben: „Immer mehr Ausrüstung kann nicht die Antwort sein“, passen nicht mehr in diese Zeit. Die Antwort muss zwingend heißen: Mehr Ausrüstung, mehr Militärtechnik und vor allem mehr Wertschätzung gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten und der Bundeswehr!
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Und ja, es hat sich abgezeichnet, dass die wachsende Zahl der Aufgaben, die auf die Bundeswehr zukamen, und die Mittel, die dafür bereitgestellt worden sind, nicht zusammenpassen. Ja, es hat sich abgezeichnet, in der Tat. Der 24. Februar – das muss jedem klar sein – ist die Zäsur, die zeigt, dass Landes- und Bündnisverteidigung wieder allerhöchste Priorität haben muss. Wie viele Länder in Europa verlassen sich auf Deutschland, wenn es um die Bündnisgarantien geht! Und wie viele in Deutschland, auch in der Politik, glaubten, dass die Sicherheitsgarantien im Bündnis alleinige Aufgabe der Vereinigten Staaten von Amerika sind? Ich frage Sie: Wenn wir nicht die Sicherheit in Europa garantieren wollen, warum sollten es dann die Vereinigten Staaten von Amerika tun?
Beifall bei der CDU/CSU
Deswegen will ich an dieser Stelle schon auch sagen: Wenn man dem zuhört, was hier von der linken Seite kommt – was letztlich alles infrage stellt, was wir gerade hier diskutieren,
Zuruf der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
zur Verteidigungsfähigkeit und Wehrfähigkeit Europas, zur NATO und zur Bundesrepublik Deutschland –, glaube ich, wir sollten das gemeinsame Bekenntnis abgeben: Wir brauchen für unsere Verteidigungsfähigkeit auch die nukleare Teilhabe.
Es ist unverantwortlich, diese nukleare Teilhabe infrage zu stellen, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP
Zuruf der Abg. Jessica Tatti [DIE LINKE])
In den letzten Tagen und Wochen war immer wieder zu hören und auch zu lesen, Putin sei stark und der Westen sei schwach. All denjenigen, die so etwas gesagt oder geschrieben haben, kann ich nur sagen: Unsere Stärke ist nicht einfach nur militärisch, unsere Stärke ist vor allem auch demokratisch. Wenn der Westen schwach wäre, dann würde Putin ihn nicht fürchten und würde nicht versuchen,
Zuruf des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD])
Länder wie die Ukraine dazu zu bringen, sich ihm anzuschließen. Wir sind deswegen stark, weil wir für Demokratie, für Wohlstand und für Freiheit stehen. Das sind die Werte, die Putin seinem eigenen Volk vorenthält, deswegen fürchtet er uns, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Europäische Union und NATO sichern Freiheit und Wohlstand ihrer Mitglieder; deswegen wollen gerade auch die Länder aus dem ehemaligen Ostblock sich uns anschließen. Und sie wollen es auch deswegen tun, weil sie den Unterschied kennen zwischen einer Partnerschaft in der EU und der NATO und einer Partnerschaft mit Putin: Wir wollen, dass unsere Freunde und Partner auf eigenen Beinen in Freiheit stehen können; Putin will, dass sie sich in den Staub werfen, meine Damen und Herren.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vor 70 Jahren, im Februar 1952, hat der Deutsche Bundestag eine Debatte über die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland geführt. Es ging damals um die Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. „Friedenspolitik heißt … Verzicht darauf, politische Ziele mit Gewalt durchsetzen zu wollen“, hat damals Franz Josef Strauß gesagt und weiter erklärt: „Friedenspolitik heißt aber auch, einem … Angreifer klar zu machen, dass sein Angriff auf den … Gesamtwiderstand Europas … stoßen wird.“ Dieser Satz ist heute so richtig wie damals. Wir können den Angriff auf die Ukraine nicht mehr verhindern; aber wir können dafür sorgen, dass das nicht so weitergeht. Krieg und Gewalt dürfen schlichtweg nicht das letzte Wort in der Geschichte haben, meine Damen und Herren.
Gott schütze die Ukraine!
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Nächster Redner: für die Bundesregierung der Bundesminister Dr. Robert Habeck.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)