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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Habeck! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist mittlerweile die fünfte Rede zum Thema „CCS und CCU“ im Parlament des Deutschen Bundestages. Vor 18 Monaten haben wir als Union hier unsere grundlegend geänderte Position zu Carbon Capture and Storage und Carbon Capture and Utilization eingebracht. Warum haben wir das getan? Weil sich die klimapolitischen Realitäten fundamental geändert haben. Schon längst weisen alle relevanten Klimaforscher darauf hin: Ohne CCS geht es nicht. – Nur damit werden wir unsere Klimaziele erreichen.
Die Praxis zeigt vor allen Dingen: CCS ist sicher, erprobt und funktioniert vor allen Dingen. Wir als Union haben das erkannt. Wir haben dazugelernt, weil wir den Blick auch mal über den Tellerrand werfen und schauen, was andere machen und was andere besser machen. Genau diesen Pragmatismus haben wir bereits im Januar 2023 von der Ampel hier eingefordert. Bis heute ist außer zahlreichen Stuhlkreisen und endlosen Debatten im Grunde nicht viel passiert.
Es waren 18 Monate, die wir hätten nutzen können, um Gesetze zu ändern, um Speicherstätten zu erkunden, um Pipelines zu planen und voranzubringen, auch um der Wirtschaft und unseren Nachbarn Vertrauen zu geben. Stattdessen haben Einzelne hier im Parlament – heute habe ich so etwas Ähnliches gehört – versucht, diese bewährte Technik zu zerreden. Zudem hat die Regierung dem Verkauf von Wintershall DEA zugestimmt, dem einzigen deutschen Unternehmen, das überhaupt das Know-how hatte, CO2-Speicherstätten zu erkunden und so etwas als deutsches Unternehmen zu realisieren. Jetzt zumindest die Kehrtwende, mit Ausnahme der FDP. Die FDP war nämlich schon immer dafür. Kluge Kollegen!
Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Wir als Union begrüßen den Schritt hin zu CCS und CCU ausdrücklich; denn um klimaneutral zu werden, brauchen wir sowohl den Ausbau der regenerativen Energien als auch CCS und CCU. Sonst wird es dazu kommen, dass in vielen Industriebereichen die Lichter ausgehen, zum Beispiel, weil CCS der einzige Weg ist, um die Produktion von Zement und Kalk oder die Müllverbrennung klimaneutral hinzubekommen, oder weil es in manchen Industrien einfach noch zu teuer ist, diese komplett zu defossilisieren. Für Neubauten, etwa von großen, gigantischen Chemiewerken, braucht es Vertrauen und Geld. Und an beidem mangelt es momentan, jedenfalls bei dieser Regierung.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wir spannen einen Schutzschirm auf für Arbeitsplätze, Industrie und Klimaschutz. Das ist unsere Zielsetzung, die wir hiermit realisieren wollen. Deshalb bin ich auch bei Bundesminister Habeck, wenn er sagt, jede Tonne CO2, die nicht in die Atmosphäre gelange, sei gut für unser Klima. Da bin ich absolut bei ihm. Aber als ich vor 18 Monaten im Parlament dafür geworben habe, was musste ich mir da alles anhören – die Kollegin ist jetzt nicht da –: Ich sei naiv, ich wäre im Auftrag der fossilen Drecksindustrie, der schmutzigen Lobby unterwegs, wir würden nicht mit real existierenden Unternehmen reden, wir würden nur fantasieren von Pipelines, von Terminals und von Schiffen. So: Lisa ist nicht hier.
Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber was steht denn drin in eurem Papier? Genau das, was ich gerade vorgelesen habe; und die Notwendigkeit der Technologie wird darin auch beschrieben.
Um mal wieder zum Ernst der Sache zurückzukommen: Norwegen, Großbritannien und Niederlande sind in Europa schon viel weiter als wir, Lichtjahre weiter. Und die Spitze krönen die Dänen. In Dänemark kommt der Kronprinz zur ersten grenzüberschreitenden CO2-Verpressung, um dieses Großereignis, dieses Weltereignis zu würdigen. Ein Jahr zuvor hat seine Mutter, die Königin, auf der Neujahrsansprache allen Wissenschaftlern gedankt, die an dieser Technologie mitarbeiten. Aber hier werden diese Dinge zerredet. In Dänemark wurden gerade fünf Onshorelizenzen vergeben. An dieser Stelle übrigens einen herzlichen Glückwunsch an Anne-Mette Cheese und ihr Team, das sie als Chefin von Wintershall anführt: Ihr habt in Dänemark und in Deutschland einen herausragenden Job gemacht. Was ihr dort und auch bei uns an Vertrauen geschaffen habt, das ist großartig. Solche Jobs machen den Unterschied.
Und wissen Sie, wisst ihr, was das bewirkt? In Dänemark jubeln die Bürgermeister in den Regionen, wo CO2 verpresst wird, und die Bevölkerung geht mit, weil sie etwas für den Klimaschutz tun und damit gleichzeitig Geld verdienen können. Währenddessen werden hier im Parlament immer noch Unwahrheiten verbreitet – von der AfD kennen wir es nicht anders; von anderen Kollegen kenne ich es leider auch häufiger nicht anders – und wird die Bevölkerung verunsichert. Vor allen Dingen verlieren wir Zeit. Wir haben in Deutschland immer noch nicht das London-Protokoll ratifiziert, um CO2 überhaupt über Landesgrenzen hinwegbringen zu können. Die Dänen und die Norweger laden uns ein. Die müssen wissen, welche Pipelinedurchmesser wir haben. Sie brauchen die Entscheidung im Grunde seit zwei Jahren. Stattdessen wird hier nur darüber diskutiert, wie es weitergeht.
Noch ein Wort zu den Lock-in-Effekten. Ich höre immer, die Lock-in-Effekte seien so schrecklich. Wenn man die Zahlen kennt, ist das absolut an den Haaren herbeigezogen. CO2-Abscheidung ist eine erprobte Technologie, aber sie ist auch teuer und luxuriös. Ja, sie ist extrem teuer in der Anschaffung und auch im Unterhalt. Aber die Branchen, die das machen wollen, stehen im Grunde mit dem Rücken zur Wand, weil sie keine Alternative haben.
Nur mal als Beispiel die Zementindustrie. Eine CO2-Abscheideanlage kostet eine halbe Milliarde Euro, und der Stromverbrauch vervierfacht sich. Warum macht man das dann?
Weil ihr das CO2 teuer macht!)
Man macht das doch nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil man keine Alternative dazu hat. Wenn man dann noch Zugtransporte realisieren muss, dann braucht man zwei Ganzzüge pro Tag. Das erhöht den Zementpreis mal eben auf das Doppelte, während in Dänemark sehr günstige Onshorespeicherstätten erschlossen werden. Deswegen: Welche Industrie tut sich so etwas an?
Das Gesetz, das Sie hier heute auf den Weg bringen und, so hoffe ich, beschließen, öffnet den Spalt ein ganz kleines Stückchen. Wir werden in den nächsten 18 Monaten dafür sorgen, dass sich diese Tür ganz weit öffnet, –
– um einen klima- und industriepolitischen Schutzschirm für die Arbeitsplätze aufzuspannen. Das ist gut für unser Land.
Beifall bei der CDU/CSU
Und warum habt ihr das nicht schon vor zehn Jahren gemacht?
Weil wir dazugelernt haben!)
Das Wort hat der Kollege Jörg Cezanne für die Gruppe Die Linke.
Beifall bei der Linken)