Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gerade will ja jeder die Industrie retten, auch die, die sich sonst nicht für sie interessieren. Deswegen, glaube ich, lohnt es sich, genau hinzuschauen; denn ich habe das Gefühl, dass mancher Rettungsversuch eher ein Angriff auf die Industrie sein könnte. Die AfD will zum Beispiel das Geld für die Entwicklungszusammenarbeit streichen und damit die heimische Wertschöpfung steuerlich entlasten, steht in dem heute vorliegenden Antrag. Jetzt frage ich mich: Will die heimische Wertschöpfung das? In Deutschland erwirtschaften wir 50 Prozent unserer Wirtschaftsleistung mit Export. Wir sind auf gute Beziehungen in die Welt, ins Ausland angewiesen, und dazu gehören kluge Investitionen im Ausland. Dafür sorgt Entwicklungszusammenarbeit. Die AfD und leider auch Teile der CDU machen sich aber lieber über Fahrradwege in Peru lustig. Wahr ist: Die Fahrradwege sind Teil eines Großprojekts, bei dem vor allem fünf Metrolinien entstehen. Bei diesem Großprojekt sind deutsche Firmen intensiv beteiligt – Siemens, Hilton, Pfaff, SIM IMPEX, H+E, Herrenknecht, Vossloh und andere. Das sichert Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland. Peru ist außerdem der wichtigste Kupferlieferant unserer Industrie, und wir exportieren Bergbau- und Umwelttechnologie dorthin. Vielleicht helfen wir unserer Industrie mehr, wenn wir ihre Interessen und deutsche Interessen nicht für einen billigen Applaus verraten. Vielleicht helfen wir unserer Industrie mehr, wenn wir verstehen, dass eine Exportnation wirtschaftlich profitiert, wenn es dem Rest der Welt gut geht. Vielleicht helfen wir unserer Industrie mehr, wenn wir uns in Deutschland nicht einigeln, sondern stärken, was uns starkgemacht hat – Lösungen für die ganze Welt zu entwickeln. Und wenn wir von Lösungen für die ganze Welt sprechen, dann müssen wir verstehen, dass jede Zeit ihre eigenen Lösungen braucht. Dass Carl Benz das Auto erfunden hat, ist ein Höhepunkt der deutschen Ingenieursgeschichte; davon profitieren wir noch heute. Aber wenn sich das Rad der Zeit weiterdreht und Norwegen schon heute fast nur noch Elektroautos zulässt, in China über die Hälfte der Neuwagen elektrisch ist und selbst in Deutschland letztes Jahr 18 Prozent der Neuzulassungen E-Autos waren, dann muss unser Anspruch in Deutschland sein, Angebote für diese sich ändernde Nachfrage zu bieten. Niemandem ist geholfen, wenn wir in Deutschland in Zukunft die Autos der Vergangenheit produzieren; denn dann bleiben wir auf denen sitzen, und China macht das Geld. Die AfD und leider auch andere wollen aber, dass alles wieder wie früher ist. Emotional mag das gut klingen. Aber was war denn früher alles besser? Dass wir 20 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht haben? Dass die Autos unsicherer waren als heute? Industrie lebt vom Fortschritt. Und es ist unsere Aufgabe im Bundestag, dem Fortschritt die besten Rahmenbedingungen zu bieten und Sicherheit für die Beschäftigten in dieser Umbruchszeit zu gewährleisten. Wer meint, unsere Industrie wäre dann erfolgreich, wenn alles so bleibt wie immer, lügt sich in die Tasche. Vor allem lügt er uns alle an, wenn er seine Nostalgie als Technologieoffenheit verschleiert. Ich erinnere daran: Die Industrie in Deutschland ist vielfältig. Wir hatten auch mal eine weltweit führende Solarindustrie in Deutschland, die die ach so technologieoffene Koalition von CDU, CSU und FDP vor 15 Jahren erfolgreich abgewürgt hat. Heute kommen fast alle unsere Solarmodule aus China. Das war nicht technologieoffen. Das war, offen gesagt, eine miese Idee. Ideen dieser Art finden sich auch im heute vorliegenden AfD-Antrag. Sie will Atomkraftwerke bauen. Dass das Jahrzehnte dauert, Milliarden verschlingt, nicht mehr in unser System passt und radioaktiven Müll erzeugt, steht natürlich nirgends, auch nicht, dass wir mit Erneuerbaren schon erfolgreich den Strompreis drücken und die Industrie heute niedrigere Strompreise hat als vor dem Kriegsausbruch und vor unserem Regierungsantritt. Aber vor allem steht hier keine Idee, die der Industrie hilft. Ich sage ehrlich: Obwohl wir schon viel hingekriegt haben, müssen wir da noch besser werden. Niedrigere Energiepreise für die Wirtschaft brauchen wir. Dafür machen wir Vorschläge. Aber Sie, die CDU/CSU – – und leider auch die FDP, stellen das Geld dafür nicht bereit. Hier geht es um Milliarden. Ich fände es schön, wenn wir nicht nur nett daherredeten, sondern auch Taten sprechen ließen. Haben Sie vielen Dank.