Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Wulf, ich danke Ihnen für Ihren sehr besonnenen Beitrag. Eigentlich habe ich vermutet, dass die Debatte wie immer verlaufen wird: Die AfD stellt einen schlecht ausgearbeiteten Antrag, in dem sie ihre menschenverachtenden Ansichten offenbart, und die Union springt auf und nutzt die Gelegenheit, um gegen die Ampelregierung zu wettern. Aber Sie haben gerade das Gegenteil bewiesen. Herr Mörseburg, da Sie Mitglied einer christlichen Partei sind, möchte ich zu Beginn meine Rede gerne dafür nutzen, aus einem wichtigen Buch zu zitieren. Es ist nicht das Grundgesetz, es ist die Bibel. In Jesaja 16, Absatz 3, steht: Ich finde, das ist ein wichtiger Grundsatz unserer christlichen Werte in unserem Land. Wir müssen auch aufhören, ständig einen Überbietungswettbewerb darüber zu führen, wie wir Geflüchtete noch mehr entrechtlichen. Denn – Frau Wulf hat es gesagt – noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht wie heutzutage. Hinter diesen Zahlen, hinter diesen 120 Millionen Menschen verbergen sich Namen, Familiengeschichten und unzählige Tragödien. Gerade weil unser Land diese Tragödien aus seiner eigenen Geschichte kennt, weil wir Lehren aus den Schrecken des Nationalsozialismus gezogen haben, haben die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes das Recht auf Asyl als ein zentrales Grundrecht verankert. Dieses Recht ist keine leere Hülse. Das ist ein sehr hohes Gut, das wir auf jeden Fall bewahren und schützen werden. Wer Schutz braucht, bekommt diesen Schutz in unserem Land. Das bedeutet auch, dass wir Schutzsuchende nicht hungern lassen und ihnen Grundleistungen gewähren, um hier zu überleben. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu mehrfach geurteilt, dass die Menschenwürde eben nicht migrationspolitisch zu relativieren ist. Wer glaubt, die Folgen von Flucht und Vertreibung durch Entrechtung von Geflüchteten oder durch Seife, Brot und Bett für Geflüchtete zu lösen, der irrt. Die Folgen werden nicht weniger Geflüchtete sein, sondern mehr Elend und Obdachlosigkeit in unseren Städten und Gemeinden. Zudem besteht jetzt schon die Möglichkeit, Sachleistungen auszuzahlen, wenn man Geldleistungen nicht auszahlen möchte. Das haben wir mit den letzten Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz, auch mit der Bezahlkarte, so beschlossen. Doch Bezahlkarten und die Kürzungen von Sachleistungen werden niemals Fluchtursachen bekämpfen, niemals für schnellere Asylverfahren sorgen oder Geflüchtete dabei unterstützen, sich in unserem Land zu integrieren. Es werden dadurch nicht mehr Wohnungen gebaut oder Sprachkurse, Kitaplätze geschaffen oder für solche Bedingungen an den Schulen gesorgt, dass sich Kinder dort gut integrieren können. Lassen Sie uns doch über tatsächliche Lösungen sprechen, wie wir unsere Kommunen besser unterstützen können, wie wir unsere Schulen stärken und unsere Integrations- und Sportvereine vor Ort besser unterstützen können, die den wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Menschen, die hierherkommen, hier ein gutes Leben führen können, damit Integration erfolgreich ist, damit unsere Gesellschaft die Menschen besser unterstützt, die wir so dringend brauchen. Meine Damen und Herren, es ist keine besondere Leistung, in einem Land geboren zu sein, in dem gerade kein Krieg herrscht. Denken Sie immer daran: Auch wir können irgendwann mal selbst Geflüchtete sein. Vielen Dank.