Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Rechtswissenschaft und in der Medizin gibt es eine Erscheinung, die „Lucidum intervallum“ oder „lichter Moment“ genannt wird. Einen solchen lichten Moment hatte die Ampel am 27. Februar 2022 mit der Verkündung der Zeitenwende hier im Deutschen Bundestag. Das war es dann aber auch schon mit den lichten Momenten. Was hat sich seit Februar 2022 wirklich für die Bundeswehr getan? Pauschal: Zu wenig! Wurden die großen Ankündigungen der Bundesregierung von damals umgesetzt? Nur sehr unzureichend! Eine ungeeignete Verteidigungsministerin blieb viel zu lang im Amt. Das ist die Verantwortung der SPD und des Bundeskanzlers. Das Ziel, Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts plus das Sondervermögen für die Verteidigung einzusetzen, wurde nie umgesetzt. Die Hoffnung, dass nach der Zeitenwende-Rede schnell Material und Munition bestellt würden, wurde enttäuscht. Andere Länder waren viel schneller. Der Vorstand eines der größten Unternehmen sagte: Bei mir haben elf Länder bestellt, Deutschland ist nicht dabei. Wenn ihr jetzt kommt, seid ihr die zwölften. – Und dann hat es noch Monate gedauert. Wer zuletzt kommt, mahlt zuletzt. Wir haben ja schon auf den Beitrag des Instituts für Weltwirtschaft hingewiesen, dem man entnehmen kann, wie lange wir brauchen, bis wir unser Ziel erreichen. Durch zu späte Nachbestellungen nach Abgabe von Gütern an die Ukraine steht die Truppe heute schlechter da als vor dem Krieg. Wenn man es sich mal anschaut, dann erkennt man: Die 1. Panzerdivision ist bestenfalls bedingt einsatzfähig und auf keinen Fall kriegstüchtig. Aber das Wichtigste: Eine echte Zeitenwende, die alle Bereiche umfasst, die Deutschland und die EU starkmacht im Wettbewerb der Systeme, die Sicherheit und Wohlstand in Zukunft garantiert, ist völlig ausgeblieben. Die Ampelregierung war und ist nicht in der Lage, sich auf gute Prioritäten zu einigen. Wie schon in den vergangenen Jahren ist auch für 2025 der Verteidigungsetat viel zu niedrig angesetzt. In der mittelfristigen Finanzplanung bleibt der Einzelplan 14 bis 2027 quasi eingefroren und entwickelt sich seitwärts. Neu ist in der Tat der große Sprung im Jahr 2028 auf 80 Milliarden Euro. Seriös wäre es aber, den Einzelplan 14 schon früher ansteigen zu lassen. So ergibt sich über die Jahre eine strukturelle Unterfinanzierung der Bundeswehr. Und Sie, Herr Minister Pistorius – er ist jetzt gegangen – – Auf einem ungewohnten Platz. – Sie, Herr Minister, haben 2023 durchaus zu Recht 10 Milliarden Euro zusätzlich gefordert. Diese Plafonderhöhung wäre ja auch dringend nötig gewesen; aber Sie konnten sich leider nicht durchsetzen. Allein dadurch fehlen der Bundeswehr bis 2027 rund 40 Milliarden Euro. Wie der Anstieg 2028 umgesetzt werden soll, überlässt die Ampelregierung der Nachfolgeregierung. Herr Kollege Schäfer, Sie haben das völlig richtig dargestellt: Da gibt es keine Anzeichen, wie die Regierung das umsetzen will. Herr Hellmich, in Ihrer Rede – sie hat mir eigentlich gut gefallen – haben Sie die Herausforderungen richtig geschildert, aber die Konsequenzen für den Haushalt nicht dargestellt. Ich bin in dieser Debatte wahrscheinlich der Redner, der am längsten im Bundestag ist. Herr Minister, ich muss Ihnen sagen: Über all die Jahre war die SPD für eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts nicht sehr hilfreich. Der aktuelle Bundeskanzler und frühere Finanzminister ist ja ein Teil des Problems. Mit diesem Haushalt ist unsere Sicherheit auf jeden Fall nicht herzustellen. Wenn Landes- und Bündnisverteidigung erste Aufgabe der Bundeswehr ist, wäre eine Vollausstattung aller Verbände mit Umlaufreserve und Ersatzteilen dringend nötig, also eine Aufwuchsfähigkeit. Nötig wäre auch genug Material für die Ukraine, sodass Russland in Friedensverhandlungen gezwungen werden kann. Neben dem auskömmlichen Haushalt gibt es aber noch andere Baustellen; die größte ist das Personal. Wie soll der neue Wehrdienst denn jetzt tatsächlich aussehen? Es wird wohl nur die kleinste Lösung kommen. Wie wird der Wehrdienst bezüglich der Frauen ausgestaltet? Wird die Regierung die überkommenen Rollenbilder in Artikel 12a Grundgesetz ändern? Ich erkläre es mal dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber. Die Verfassung besagt sinngemäß: Frau Strack-Zimmermann ist verpflichtet, in ortsfesten militärischen Lazaretteinrichtungen Dienst zu leisten. Sie in Schwesterntracht tupft dem Verwundeten den Schweiß von der Stirn und reicht ihm die Suppe. Und Herr Kubicki und ich und andere Männer mit Sturmgewehr und Kampfanzug, wir verteidigen die Freiheit unseres Vaterlandes. Das ist das Rollenbild, das die Verfassung vorschreibt. Wenigstens ich bin überzeugt, dass wir da mal rangehen sollten. Auf jeden Fall ist es in unserem Interesse, mehr in unsere Sicherheit und Verteidigung zu investieren. Es ist auch unsere Pflicht, mehr Verantwortung für unsere eigene Sicherheit, aber auch für Europa und die freie Welt zu übernehmen. Die Maßnahmen der Ampelregierung genügen dazu nicht. Vielen Dank.