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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie oft ich noch Gelegenheit habe, zum Haushalt des Auswärtigen Amtes zu sprechen. Ich wünschte, wir hätten bei diesem Haushalt mehr finanziellen Spielraum. Die tatsächlichen Kürzungen wirken in der Tat schwer.
Aber ich will an dieser Stelle deutlich machen, was mir wichtig ist, seit ich 2013 in diesen Bundestag gekommen bin und bei Ulla Schmidt im Unterausschuss für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik quasi in die Lehre gegangen bin, und will erst mal stellvertretend ihr und allen Danke sagen, die sich auf diesem Feld unserer Außenpolitik verdient gemacht haben. Die wenigsten wissen, was für einen Schatz wir da zusammen hüten.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und da ich gehört habe, dass der Kollege Otto Fricke hier genau mitschreibt: Lieber Otto, das ist ein Schatz, der sich vermehrt, wenn man ihn teilt. Warum? Der Soziologe Ulrich Beck, der uns fehlt, hat über die „Ausdehnung des Wir“ gesprochen. Er beschrieb damit die Idee einer Weltgesellschaft, in der Solidarität und Zugehörigkeit sich über lokale und nationale Grenzen hinaus erweitern, weil wir Menschen doch gezwungen sind, zu erkennen, dass wir Teil einer größeren globalen Gemeinschaft sind, dass unser Schicksal miteinander verbunden ist. Von Umwelt bis Technologie: Wir lösen Probleme nicht isoliert; sie erfordern gemeinsames globales Handeln. Und ich wünschte, wenigstens diese eine Wahrheit hier würden alle erkennen – in der Welt, aber auch bei uns.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Diese Debatte würde allerdings, konsequent gedacht, wohl nicht „Haushalt des Auswärtigen Amtes“ heißen, sondern im Prinzip „Maßnahmen zu einer Weltinnenpolitik“. Denn es geht hier nicht um Wolkenkuckucksheim, sondern um gemeinsame Verantwortung. Und unsere Verantwortung hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, als gewählte Abgeordnete ist eine besondere. Die politische Klasse sind wir. Und es ist unsere Verantwortung, gemeinsam etwas Gutes hinzubekommen: von den Kommunen bis in den Deutschen Bundestag, und das reicht bis in die Welt.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Sehr verehrte Damen und Herren, bei aller Komplexität der globalen Auseinandersetzungen gibt es doch eigentlich nur zwei politische Kräfte in der Welt: die der Liebe und die der Angst. Politisch gesprochen: die, die mit Angst agieren, und die, die auf konstruktive Hoffnung setzen, obgleich wir alle wissen, was vor uns liegt, welche Probleme wir gestalten müssen. Und diese letzteren Kräfte müssen wir stärken, von den USA bis nach Europa.
Gerhart Baum hat gestern an diesem Pult über den Kampf um eine neue Weltordnung gesprochen. Mit der Förderung von Kultur, Bildung und Wissenschaft in der Welt leisten wir einen entscheidenden Beitrag zum Frieden:
Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Hacker [FDP])
Dadurch, dass wir junge Menschen sich begegnen lassen in den Auslandsschulen, den Goethe-Instituten, lernen sie unsere Sprache. Es geht um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die über den DAAD, das Netzwerk der Humboldt-Stiftung, miteinander Wissen teilen, es vermehren; um verfolgte Künstlerinnen und Künstler, die Schutz bekommen bei uns; um das Archäologische Institut, um die UNESCO, die das kulturelle Erbe der Menschheit bewahren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kürzungen bei all diesen Organisationen sind bitter. Die Mittel der Jugendbegegnung zum Beispiel werden halbiert. Wir unterschreiten deutlich die Kulturmilliarde. Und ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Auslandsschulen dürfen keine Eliteschulen mit Zugang nur für wenige Privilegierte werden. Sie sollen offene Orte der Begegnung bleiben. Das ist zumindest das Verständnis meiner Fraktion. Der Aufstieg durch Bildung, auch dieses Versprechen muss ein internationales sein.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es gibt aber auch durchaus – ich sage mal: etwas Wein im Wasser – gute Ansätze hier im Haushalt. Das Kultur-THW kann kommen, für das sich viele eingesetzt haben, der Kulturwagen, der bei Umweltkatastrophen Kulturgut erhalten kann und der inzwischen europaweit diskutiert wird – ein sehr gutes Projekt wie viele andere Dinge. Gut ist zum Beispiel auch, dass die Förderung zur Holocausterinnerung unverändert stabil bleibt. Danke dafür an das Auswärtige Amt!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Dinge kommen selten in die Tagesschau. Ich will Sie und uns alle ermutigen, dennoch nie auf sie zu verzichten.
Ulrich Beck sagte übrigens, als er gefragt wurde, was sein größter Erfolg war: „Dass ich einer Marzipankugel widerstehen kann.“ Es folgte: „Was war Ihre dramatischste Fehlentscheidung? – Sie nicht zu essen.“ In diesem Sinne: Sparen wir nicht am Marzipan!
Herzlichen Dank und Glück auf!
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Müntefering. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi für die Gruppe Die Linke.
Beifall bei der Linken)