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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat neun Wochen pausiert, nicht so die Weltpolitik. Der Gazakrieg, das Attentat auf Donald Trump, die Nominierung von Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin – all das ist in den letzten Wochen passiert. Eine Kinderklinik in Kiew wurde dem Boden gleichgemacht; die Infrastruktur in der Ukraine wird immer weiter zerstört.
Weniger präsent in den Medien waren terroristische Angriffe von Islamisten auf Männer und Frauen im nördlichen Burkina Faso und in Somalia. Dutzende unschuldige Menschen wurden hier ermordet.
Die deutsche Außenpolitik steht vor enormen Herausforderungen. Donald Trump könnte US-amerikanischer Präsident werden. Das brächte außenpolitische Umwälzungen mit sich, die wir heute noch gar nicht absehen können. Aber auch mit Kamala Harris wird nicht alles beim Alten bleiben. Noch immer besteht das Risiko eines Flächenbrandes im Nahen Osten. Der Iran und seine Proxys sind eine der größten Bedrohungen für die Länder in der Region, insbesondere für Israel. Und Frauenrechte gelten in vielen Ländern nicht mehr – ob in Afghanistan, im Iran oder im Sudan. – Und das sind nur Beispiele.
Die BRICS-Staaten werden eine immer größere Rolle spielen. Deutsche internationale Politik darf keine Leerstellen hinterlassen, die China füllen kann. Letztendlich sehen wir, dass die Autokraten auf der Welt immer mehr zusammenrücken und gemeinsam versuchen, unsere Werte auszuhöhlen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sagen dagegen: Multilaterale Strukturen in der internationalen Gemeinschaft gilt es zu verteidigen, ja, zu stärken. Und eines steht fest: Die Europäer werden noch viel enger zusammenrücken müssen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die internationale Gemeinschaft erwartet von der Bundesrepublik, dass sie einen Beitrag leistet, einen Beitrag, um Krisen zu bewältigen, Not zu lindern, humanitäre Hilfe zu leisten und für eine regelbasierte, multilaterale Weltordnung einzutreten – für unsere Werte. Dafür müssen wir Geld ausgeben. Deswegen ist es so wichtig, das Auswärtige Amt mit genügend Mitteln auszustatten. Und mit Verlaub: Aktuell ist das noch nicht der Fall.
Durch den Bundeshaushalt für 2025 werden wir auch im nächsten Jahr der größte Unterstützer der Ukraine in Europa bleiben. Ich stimme dem Bundeskanzler vollauf zu, wenn er sagt: Der russische Präsident kann nicht darauf setzen, diesen Krieg auszusitzen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist, meine Damen und Herren, auch kein Widerspruch, sondern folgerichtig, dass sich der Kanzler dafür einsetzt, dass bei der nächsten Ukrainekonferenz Russland mit am Tisch sitzen muss. Das ist doch kein neuer Gedanke, sondern wird seit der letzten Friedenskonferenz angemahnt. Russland wird über einen Frieden mit der Ukraine verhandeln müssen; aber niemand – zumindest nicht in dieser Koalition – hat vor, die Ukraine zu einem Schein- oder Diktatfrieden zu drängen. Leider hat der Kreml die jüngste Initiative des Bundeskanzlers postwendend abgelehnt.
Beifall des Abg. Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP])
Die Zeitenwende hat gezeigt, dass wir neben der starken Unterstützung der Ukraine mehr für unsere eigene Sicherheit tun müssen. Weniger Beschaffungsbürokratie flankiert das Sondervermögen der Bundeswehr, und wir haben angestoßen, die Bundeswehr tatsächlich weiter aufzurüsten.
Aber ist das genug? Russland hat sich von der europäischen Friedensordnung verabschiedet, ist absolut unberechenbar geworden. Präsident Putin äußert nachweislich imperialistische Großmachtfantasien. Und seit Jahren beobachten wir eine massive Aufrüstung der Russischen Föderation mit Raketen und Marschflugkörpern, wodurch auch der INF-Vertrag gebrochen wurde.
Vor ein paar Jahren noch hätten wir uns nicht vorstellen können, liebe Kolleginnen und Kollegen, in welcher Bedrohungslage wir uns in Europa wieder befinden können, welche Waffen auch auf Mitteleuropa gerichtet sind. Umso wichtiger ist es, dass wir mit unseren Verbündeten in Europa und in der NATO noch enger zusammenarbeiten. Mit der European Sky Shield Initiative setzen wir auf eine starke Luftverteidigung, und Systeme wie IRIS-T könnten in dem Fall, den wir uns lieber nicht genau vorstellen wollen, die Menschen in Mittel- und Westeuropa vor russischen Raketen schützen.
In diesem Kontext aus Bedrohung und Vertragsbruch durch Russland ist auch die Ankündigung der Stationierung konventioneller US-Waffensysteme zu verstehen. Damit wird jetzt wieder eine Debatte über Abschreckung beginnen. Ich werbe dafür, dass wir in dieser aktuellen Debatte die Bedeutung von Verteidigung und Abschreckung, aber eben auch von Dialog und Rüstungskontrolle hervorheben.
Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP])
Gegenüber Russland brauchen wir diese Doppelstrategie. In der SPD-Fraktion werden wir die Debatte führen, ob und wie die Stationierung von US-Waffensystemen in Deutschland mit einem Neustart der Bemühungen um Rüstungskontrolle einhergehen kann. Rüstungskontrolle kann nur im Verbund mit den NATO- und den EU-Staaten gelingen. Auch hier wird eine wichtige Rolle auf die Außenpolitik Deutschlands zukommen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Heinrich. – Ich erteile nunmehr das Wort dem Kollegen Otto Fricke, FDP-Fraktion.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)