Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Plötzlich und unerwartet mischt sich das Finanzministerium in die Beratungen des Finanzausschusses ein. Während Sie uns in den letzten drei Jahren nur sehr gelegentlich mit Gesetzentwürfen im Finanzausschuss beschäftigt haben – statistisch gesehen noch nicht einmal in jeder zweiten Sitzung des Ausschusses –, legen Sie jetzt auf einen Schwung sieben Gesetze und Referentenentwürfe vor. Und diese haben massive Nebenwirkungen. Geschenkt, dass Sie glauben, dass es seriöse Beratungen wären, wenn wir an einem Tag in vier Anhörungen 70 Einzelmaßnahmen beraten müssen. Das ist für uns keine seriöse Beratung. Aber egal. Die Nebenwirkungen für Unternehmerinnen und Unternehmer sind erheblich größer. So haben Sie nun, nachdem wir Sie fast ein Jahr dazu aufgefordert haben, endlich die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Erhöhung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags für 2024 vorgelegt. Geschenkt, dass das Hunderte von Millionen Euro sind, die den Bürgerinnen und Bürgern in den letzten zwölf Monaten verfassungsrechtlich eigentlich zugestanden hätten, und geschenkt, dass damit auch der Konsum deutlich hätte angekurbelt werden können. Richtig ärgerlich wird es aber für die Unternehmerinnen und Unternehmer. Sie müssen nämlich, obwohl das Gesetz frühestens Ende November verabschiedet wird, im Dezember die Lohnabrechnungen für die letzten zwölf Monate neu abwickeln, einschließlich der Sozialversicherungspflicht. Das sind erhebliche bürokratische Aufwendungen und auch erhebliche Kosten. Erzählen Sie mir nie mehr, dass Sie Bürokratieabbau voranbringen wollen. Denn Sie belasten da die Unternehmen in völlig sinnloser Weise. Haushalterisch verstehe ich das natürlich gut; denn durch die Verschiebung in den Dezember können Sie im Haushalt 2024 tricksen. Nur den kleineren Teil der wirtschaftlich in dieses Jahr gehörenden Ausfälle müssen Sie da verbuchen, der Hauptanteil wird erst 2025 kommen. Sie doktern mit dem Jahressteuergesetz an Symptomen herum und vergrößern teilweise die Probleme. Sie führen ein Mobilitätsbudget für private E-Roller-Fahrten ein. Sie behaupten, man könne tatsächlich 2 400 Euro aus der normalen Besteuerung und Verbeitragung pro Arbeitnehmer herausnehmen und das hätte überhaupt keine finanziellen Auswirkungen: weder im Steuerrecht noch im Sozialversicherungsrecht. Wir werden Sie bei den Anhörungen eines Besseren belehren. Zusätzliche Bürokratie bei den Unternehmen: Demnächst werden 1,50 Euro beim Arbeitgeber für eine steuersubventionierte E-Roller-Fahrt eingereicht. Das werden wir Ihnen so nicht durchgehen lassen. Sie belasten erneut Landwirte mit der Herabsetzung der Pauschalversteuerung. Sie schaffen erhebliche Unruhe bei den Musikschulen, weil die Gefahr droht, dass Musikschulen demnächst 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen müssen. Es gibt massive Umgehungsmöglichkeiten bei der Wohngemeinnützigkeit. Herr Schrodi, ich habe noch kein Unternehmen gefunden, das diese Regelung für attraktiv hält. Aber all das werden wir Ihnen in den Anhörungen vorhalten, und wir werden mit Ihnen darüber intensiv beraten. Im Steuerfortentwicklungsgesetz sind ja tatsächlich Maßnahmen drin, die wir begrüßen, so zum Beispiel verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten, die wir auch schon gefordert haben. Die Erhöhung des Grundfreibetrags, die Sie aufnehmen, ist sowieso verfassungsrechtlich geboten. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie die Steuerbelastungen gesenkt und Verbesserungen bei der Verlustverrechnung und bei der Thesaurierungsbegünstigung erreicht hätten, wo bereits kleine Beträge das für Unternehmen attraktiver machen würden. All das tun Sie nicht. Erneut hängen Sie aber an dieses Gesetz die nationalen Anzeigepflichten. Und Sie wissen, dass daran schon das Wachstumschancengesetz gescheitert ist. Sie machen alles, damit der Bundesrat diesem Gesetz nicht zustimmen kann. Und je länger ich mir die Zahlen anschaue – es geht da nämlich um dreieinhalb Milliarden Euro –, umso mehr habe ich die deutliche Vermutung, dass Ihre Aussagen vom Sommer, dass die globale Minderausgabe von 12 auf 9 Milliarden Euro reduziert werden muss, genau den Ausgaben aufgrund des Steuerfortentwicklungsgesetzes entspricht. Sie kalkulieren in Ihren Haushaltsentwürfen ein, dass dieses Gesetz im Bundesrat scheitert, und haben damit einen Einspareffekt zulasten der Unternehmerinnen und Unternehmer. Ein letztes Wort zu den Familien und zu den Steuerklassen III und V. Sie behaupten, Familien würden durch den Steuerklassenwechsel nicht belastet. Das ist faktisch falsch; denn natürlich werden die Lohnersatzleistungen wie Elterngeld und Arbeitslosengeld sinken. Sie verbreiten da nicht die Wahrheit. Familien werden belastet. Auch das werden wir in den Anhörungen thematisieren. Wir sind da ein bisschen in Sorge, aber wir werden mit Ihnen diese Themen besprechen. Danke.