Nein. – Meine Damen und Herren, davor habe ich keinen Respekt. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verstehe sehr gut, dass wir bei unseren Debatten hier vieles durch die parteipolitische Brille sehen. Aber wenn ich höre, was heute aus der Union kommt – „maximal unrealistisch“, „maximal unsolide“, „missraten“, „erbärmliches Theater“ –: Dann ist da schon sprachlich Maß und Mitte verloren gegangen. Da geht es nicht mehr um die besten Lösungen für unser Land, sondern nur noch um Fundamentalopposition und maximalen Druck auf die Koalition – und das ohne einen einzigen eigenen Vorschlag. Meine Damen und Herren, das war auch bei vielen haushaltspolitischen Diskussionen der letzten Wochen und Monate so. Und ich meine jetzt nicht die Diskussionen um unsere haushalterischen Feinschmeckerthemen wie globale Minderausgaben, die Verbuchung von Agien und Disagien oder die Auswirkungen finanzieller Transaktionen auf die Schuldenbremse, sondern ich meine die Diskussionen, die von vielen Bürgerinnen und Bürgern und erst recht in der Zivilgesellschaft sehr genau verfolgt werden und sehr genau wahrgenommen werden. Nehmen wir allein die Diskussion um die Entwicklungshilfe. Da hetzen die vereinigten Populisten dieses Landes gegen die Entwicklungshilfe im Allgemeinen und gegen Radwege in Peru im Speziellen und fordern deutsches Geld für deutsche Bürger. Was für ein Quatsch! Als ob wir vor allem deshalb Entwicklungshilfe leisten, weil wir rot-grün versiffte Gutmenschen sind, oder die Union in ihrer Regierungszeit, weil sie die christlichen Werte entdeckt hätte. Unsinn! Da geht es um Absatzmärkte für unsere exportorientierte Wirtschaft, da geht es um die Versorgung mit Rohstoffen, um die Sicherung von Lieferketten, um geopolitischen Einfluss, um Einfluss auf andere Länder, gerade auch im Blick auf Migrationsbewegungen. Und das weiß auch jeder hier. Und wir wissen auch: Überall dort, wo wir rausgehen, gehen China und Russland rein. Sofort. Aber keine Angst – das sage ich in Richtung ganz rechts –: Wir sind schon auch rot-grün versiffte Gutmenschen und finden humanitäre Hilfe, weltweite Entwicklung und die Förderung einer regelbasierten internationalen Ordnung gut. Persönlich sind mir deshalb Radwege übrigens auch deutlich lieber als irgendwelche Prestigeprojekte, bei denen sich am Ende korrupte Herrschercliquen die Taschen vollmachen. Deshalb tun auch die Kürzungen beim BMZ und beim Auswärtigen Amt im Haushalt so weh, obwohl diese Bereiche natürlich ebenfalls zur Konsolidierung beitragen müssen. Die Union zeigt hier übrigens das übliche Bild: Ihr entwicklungspolitischer Sprecher kritisiert die geplanten Kürzungen vehement. Ihr haushaltspolitischer Sprecher fordert dagegen – ich zitiere –: Ich lasse das mal so stehen und will nur noch eine Bemerkung machen. Ich finde es völlig richtig, wenn wir über Höhe, Instrumente, Wirksamkeit, Zielgenauigkeit der Entwicklungshilfe hart diskutieren. Aber wenn wir als Demokratinnen und Demokraten die Entwicklungspolitik populistisch denunzieren, dann ist das falsch und ein Schlag ins Gesicht all derer, die bei NGOs, bei der GIZ und anderswo mit viel Herzblut an einer besseren Welt arbeiten und Deutschland in der Welt vertreten, meine Damen und Herren. Oder nehmen wir die Diskussion über die Ukrainehilfen. Wenn wir mal von der „Alternativen für Russland“ und dem „Bündnis Strahlender Wladimir“ absehen, dann sind wir uns, jedenfalls unter den demokratischen Fraktionen, einig, dass wir die Pflicht haben, aber dass es auch im deutschen Interesse ist, die Ukraine gegen diesen verbrecherischen Angriffskrieg zu unterstützen. Und keiner hier weiß, wie der Krieg weitergeht, welche Hilfen die Ukraine noch braucht, wie die USA-Wahl ausgeht, ob die 4 Milliarden im Haushalt ausreichen und ob das 50-Milliarden-Paket auf EU-Ebene wie geplant genutzt werden kann. Keiner weiß das. In einer solchen Lage ist es klug, wie es auch unser Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich gesagt hat, dass wir im Falle eines Falles für weitere Hilfen an die Ukraine auch eine Ausnahme von der Schuldenbremse nicht ausschließen dürfen. Wenn sich die Situation in der Ukraine verschlechtern sollte, dann müssen wir reagieren können, und das erlaubt die Schuldenregel im Grundgesetz auch ausdrücklich. Das ist verfassungsgemäß. Und auch das Verfassungsgericht sagt nicht, dass eine außergewöhnliche Notsituation nur ein Jahr dauern darf und am 31. Dezember per Gesetz wieder Normalität zu herrschen hat. Ich gestehe gerne zu, dass Kollege Kiesewetter sich ähnlich geäußert hat; davor habe ich großen Respekt, und das umso mehr, als er dafür laut „Tagesschau“ von Merz in der Fraktion – Zitat – „ungewohnt deutlich zurückgepfiffen“ worden sein soll. Das, meine Damen und Herren, zeigt viel: Friedrich Merz hat schon letztes Jahr für den Fall, dass für weitere Hilfen an die Ukraine eine Ausnahme von der Schuldenbremse erklärt werden sollte, von vornherein eine Verfassungsklage angedroht und diese Drohung bis heute nicht zurückgenommen. Gleichzeitig ereifert er sich, dass der Kanzler seine Zusagen möglicherweise nicht einhalten könne, einen Offenbarungseid leisten müsse und sich die Welt schön mache. „Sich die Welt schön mache“ – achten Sie auf die Sprache! –: Selbst in der Frage von Krieg und Frieden für unser Land keine staatspolitische Verantwortung, sondern Fundamentalopposition, maximaler Druck auf die Koalition und kein einziger eigener Vorschlag, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen – das wurde in der bisherigen Aussprache sehr deutlich –: Im Haushaltsausschuss liegt noch einiges an Arbeit vor uns. Dabei können Sie sich auf eines verlassen: Wir stehen für Verantwortung statt Populismus, Verantwortung für Deutschland, Verantwortung für die Demokratie, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, Verantwortung auch für unsere internationalen Bündnisse. Die Antwort der SPD-Fraktion und unseres Kanzlers ist deshalb: Verantwortung! Vielen Dank.