Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Endlose Verspätungen, kaputte Rolltreppen und Chaos auf dem Bahnsteig: Ja, wir erleben gerade, was passiert, wenn die Bahninfrastruktur kaputtgespart wird – einerseits. Andererseits erleben wir aber auch, wie sich der Ärger und die Verunsicherung über den jetzigen Zustand der Bahn vor dem Hintergrund der eigenen Erlebnisse ausbreiten, wenn Falschmeldungen über die Bahn verfangen, weil sie in dieselbe Kerbe schlagen. Wir erleben Debatten, die mehr nach Schuldigen suchen als nach Lösungen. Das muss endlich aufhören. Die Meldung über Intercity-Verbindungen, die in Ostdeutschland, aber auch woanders, nämlich in meiner Heimat Ostfriesland, gestrichen werden sollen, ist falsch; da ist nichts dran. Sie ist aber auf fruchtbaren Boden gefallen. Irgendwelche Listen kursieren und werden dann im falschen Kontext publiziert. Ich erwarte von der Bahn, dass sie ihre internen Prozesse hier anpasst, damit wir solche Debatten in Zukunft vermeiden. Denn in der ganzen Aufregung geht das eigentliche Problem unter: steigende Trassenpreise, vor allem im Güter- und Fernverkehr. Die Kosten für die Nutzung der Gleise steigen in naher Zukunft stark. Auf dieses Problem brauchen wir Antworten, und zwar schnell. Unser Ziel sind mehr Menschen und Güter auf der Schiene und nicht weniger. Statt über die Streichung von Verbindungen müssen wir über einen Aufwuchs von Verkehren sprechen, weil wir doch merken, dass die Menschen mehr Angebot wollen – ein dichteres Netz im ländlichen Raum, einen besseren Takt. Wir müssen darüber sprechen, was zum Beispiel das Deutschlandticket hier Positives bewirkt. Pendlerinnen und Pendler sparen mit dem Ticket Geld. Die alltäglichen Fahrten zu Familie und Freunden oder auch am Urlaubsort werden leichter und günstiger. Wir werden noch längere Zeit mit der maroden Infrastruktur zu tun haben. Die Instandsetzung der sogenannten Hochleistungskorridore wird mindestens bis Ende des Jahrzehnts dauern. Mit jedem abgeschlossenen Projekt dürfte sich die Situation allmählich verbessern, aber es wird noch dauern. Die momentane Situation ist das Ergebnis einer verfehlten Verkehrspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte. Wenn unser Land aber so leistungsfähig bleiben soll wie bisher, müssen wir mehr in die Erhaltung unserer Infrastruktur investieren, und das dauerhaft. Weil Erfolge nicht von heute auf morgen sichtbar werden, ist mir ein Appell besonders wichtig, und damit möchte ich das Augenmerk einmal auf die Beschäftigten der Bahn richten. Das Problem darf nicht auf die zurückfallen, die jeden Tag ihr Möglichstes und mehr geben, um die Bahn in diesen schwierigen Zeiten am Laufen zu halten. „Wir haben die besten Leute. Es ist das Netz, das es gerade nicht schafft – es ist zu voll und zu kaputt“, hat uns vor einiger Zeit hier im Bundestag einer der Bahnvorstände gesagt. Es sind nicht die Menschen bei der Bahn, die es nicht schaffen, Züge pünktlich von A nach B fahren zu lassen. Die Probleme liegen in der maroden Infrastruktur. Und dennoch: Laut einer Befragung der Belegschaft von Anfang dieses Jahres sind acht von zehn Bahnbeschäftigten bereits Opfer eines verbalen oder körperlichen Angriffs geworden. Knapp die Hälfte ist bereits bespuckt, mit Gegenständen beworfen, geschubst oder festgehalten worden. Das darf nicht sein! Unzufriedenheit darf nicht in Gewalt umschlagen. Darum, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Zügen, an den Gleisen, in den Reisezentren, an den Bahnhöfen, den Rangieranlagen und in den Stellwerken, liebe Reinigungskräfte, einen großen Dank an Sie alle! Sie sind auch gerade während der Fußballeuropameisterschaft eine unserer Visitenkarten. Auch viele von uns, die hier heute über die Bahn reden, haben als Fahrgäste schon erlebt, wie Sie geholfen haben, Umstiege zu schaffen, das richtige Gleis zu finden, an Bord versorgt und informiert zu bleiben. Wir haben endlich die Weichen gestellt, damit es bald Entlastung für Sie gibt: die höchsten Investitionen in die Deutsche Bahn seit Jahren. Das bessere Netz wird für höhere Zufriedenheit bei den Fahrgästen sorgen, damit die Bahn wieder in die Spur kommt, damit Ihre Jobs attraktiv bleiben und die Menschen im Land die Bahn nicht nur vermehrt nutzen, sondern auch wieder gut über sie reden. Vielen Dank.