Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bayram und Frau Mast, wenn man Ihnen so zuhört, hat man wirklich den Eindruck: Es gibt keine Beratungsstelle, an der die Frauen ungehindert Zutritt hätten, stattdessen werden sie überall belästigt. Dabei konnte weder über eine Abfrage des Bundesfamilienministeriums in den Bundesländern noch auf anderem Wege diese Behauptung belegt werden. Und Frau Mast, es gibt in München einen Fall, da hat ein Arzt ein Urteil eines Verwaltungsgerichts bekommen. Die haben sich jetzt auf eine Lösung geeinigt, mit der er leben kann. Er warnt sogar davor, diese Fälle wieder aufzumachen, um keinen weiteren Streit vom Zaun zu brechen. Für uns als Unionsfraktion ist es selbstverständlich, dass für Schwangere in Ausnahmesituationen der Zugang zu Beratungsstelle und Arzt gewährleistet sein muss, ohne dass sie belästigt werden. Ja. Ich kenne die Beschreibung dieser Dinge, die Sie da erzählen, und es mag sein, dass das nur die nichtkonfessionellen Beratungsstellen betrifft. Aber die Frage ist doch folgende. Sie haben gerade von einer politischen Agenda gesprochen. Wer hätte die denn? Sicherlich nicht die Parteien. Das sind diejenigen, die an bestimmten Stellen protestieren. Welche Hintergründe sie haben, das weiß ich nicht. Und wenn Sie mich ausreden lassen, dann kann ich die Dinge vielleicht auch noch erklären. Danke schön. Die Beratungspflicht ist schließlich der unabdingbare Kern des Lebensschutzkonzeptes der bestehenden Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch. Das beinhaltet auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und der medizinischen Einrichtungen ihre Tätigkeit frei von Behinderungen durch Dritte ausführen können müssen. Es ist eine verlockende Vorstellung, dass alle Menschen mit der eigenen Meinung übereinstimmen und es keine anderen Meinungen gibt, mit denen man sich auseinandersetzen müsste. So einfach ist das aber nicht in unserem Rechtsstaat. Unser Grundgesetz schützt das Persönlichkeitsrecht der schwangeren Frau; es schützt aber auch die Meinungsfreiheit und gibt Menschen das Recht, sich zu versammeln. Diese unterschiedlichen Grundrechte sind nicht mehr oder weniger wert. Sie sind in einen Ausgleich zu bringen. Der vorgelegte Gesetzentwurf will aber etwas anderes. Sie sind der Ansicht, dass durch die weitere, noch dazu bußgeldbewehrte Einschränkung der freien Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit ein besserer Schutz des Persönlichkeitsrechts der schwangeren Frau erreicht werden kann. Frau Bayram, da kann ich nur sagen: Die Einschränkung der Meinungsfreiheit führt nicht zu mehr Rechtssicherheit und auch nicht zu mehr Recht. Es besteht bereits heute die Möglichkeit, Nötigung und Beleidigung zu verfolgen; das wird von den Behörden auch durchgesetzt. Auch ist es fraglich, ob der Bund überhaupt die Gesetzgebungskompetenz für dieses Gesetz hat. Die Durchführung der Beratung ist Ländersache. Damit liegt die Zuständigkeit für die Sicherstellung des Zugangs zu den Beratungsstellen und Behandlungszentren bei den Ländern. Auch ist die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Sache der Bundesländer. Diese nehmen ihre Aufgaben sehr gut wahr. Sie tun ja gerade so, als ob unsere Behörden die Gesetze nicht auslegen können, um danach zu handeln. Dieses Gesetz ist daher überflüssig. Über die statistische Erfassung kann man sprechen. Vielmehr ist das Gesetz nur ein Mosaikstein in einem größeren gesellschaftlichen Umbauplan, den Sie seit Vorlage des Koalitionsvertrages unbeirrt vorantreiben. Ich verstehe, dass sich für die Ampel mit dieser Legislatur ein historisches Zeitfenster geöffnet hat und Sie mit Biegen und Brechen noch Ihre Pläne umsetzen wollen. Der erste Schritt war die Abschaffung des Werbeverbots für den Schwangerschaftsabbruch; das haben wir von Frau Helling-Plahr gerade gehört. Und bei § 219a haben wir nicht nur indirekt immer auch § 218 diskutiert. Frau Paus hat das damals in der zweiten und dritten Lesung zur Abschaffung des Werbeverbots ganz klar dargestellt. Sie haben die Kommission zur Prüfung der Herausnahme des § 218 aus dem Strafgesetzbuch eingesetzt; der Bericht liegt vor. Die Regierung ist in ihrer Bewertung zurückhaltend, was aber vor allem die SPD nicht davon abhält, bereits an einer Fristenlösung zu arbeiten. Ich hoffe, die FDP bleibt wenigstens in diesem Punkt einmal standhaft. Der heute vorliegende Gesetzentwurf soll vermeintlich dem Schutz von Frauen in einer absoluten Ausnahmesituation dienen. In Wahrheit ist dieses Gesetz aber ein weiterer Schritt Ihrer Agenda. – Lassen Sie mich doch einfach ausreden, dann werde ich es Ihnen erklären! Als Nächstes schaffen Sie die Beratungspflicht entgegen allen Warnungen, auch von Ärzten, die Abtreibungen vornehmen, ab. Danach streichen Sie die Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch, dehnen die zeitlichen Grenzen für den Abbruch weit über die ersten drei Monate der Schwangerschaft hinaus aus und legalisieren als weiteren Schritt die Eizellspende. In Ihrem Koalitionsvertrag schreiben Sie: „Das Wohl des Kindes ist dabei für uns zentral.“ Über das ungeborene Leben hat heute aus der Ampelfraktion außer Frau Helling-Plahr noch keiner gesprochen. Wir werden dem Gesetzentwurf daher nicht zustimmen. Herzlichen Dank.