Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sehr einen ein positiver Schwangerschaftstest auf eine Gefühlsachterbahn schickt: Wird es dem Kind gutgehen? Schaffe ich das? Wird es das Kind gut haben? Manchmal – das habe ich im näheren Umfeld miterlebt – kommen weitere Fragen hinzu: Will ich überhaupt ein Kind? Ist es der richtige Zeitpunkt? Habe ich Unterstützung? Kann ich den Bedürfnissen des Kindes finanziell gerecht werden? Und manchmal überlegen dann Frauen oder Paare, die Schwangerschaft nicht fortsetzen zu wollen, oder sie sind bereits fest entschlossen. Leicht macht sich eine solche Entscheidung – das ist meine feste Überzeugung – niemand. Deshalb ist auch der Gang in eine Beratungsstelle, um eine Schwangerschaftskonfliktberatung in Anspruch zu nehmen, sicher nicht leicht und der Weg in eine Abtreibungspraxis oder -klinik noch weniger. Unsere Aufgabe als Staat und als Gesellschaft muss es sein, Frauen, Partnern und Familien in solchen schweren Situationen zur Seite zu stehen. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass sie Beratungseinrichtungen, Praxen und Kliniken aufsuchen können, ohne von übergriffigen sogenannten Lebensschützern bedrängt zu werden, ohne Spießrutenlauf, ohne aggressive Ansprache und ohne Drohgebärden – nicht, weil ich der Auffassung bin, dass diese Personen oder Gruppierungen ihre Meinung nicht frei äußern dürfen sollten. Im Gegenteil: Hier halte ich es mit der Voltaire zugeschriebenen Aussage: Ich hasse, was du sagst, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass du es sagen darfst. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist für unsere freiheitliche Demokratie konstituierend. Es gibt richtigerweise kein Recht, nicht mit anderen Meinungen konfrontiert zu werden, und seien sie noch so falsch oder abstoßend. Und doch sind dann rote Linien überschritten, wenn militante Personen versuchen, Schwangeren ihre Meinung aufzudrängen, aufzuzwingen, aufzunötigen. Nein, vielen Dank. Deshalb bin ich froh, dass es uns als Gesetzgeber heute gelingen wird, solchen Gehsteigbelästigungen wirksam entgegenzutreten, sodass für jedermann künftig ganz klar ist, dass solches Verhalten schlicht nicht tolerabel ist. Nach der Streichung von § 219a Strafgesetzbuch ist das heutige Gesetzesvorhaben ein weiterer Baustein, um ungewollt Schwangeren ungehinderten Zugang zu Informationen und ärztlicher Versorgung zu gewähren. Deshalb bitte ich das Haus um Zustimmung. Vielen Dank.