Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD macht sich gedanklich schon für die Sommerpause bereit. So stelle ich mir zumindest den Erarbeitungsprozess für die Anträge, die wir hier debattieren, vor. Ich stelle mir das so vor: Ihre Mitarbeiter sitzen im Büro und stellen fest: Oh, jetzt ist bald Sommerpause. Wir brauchen dringend noch vorproduziertes Videomaterial, das wir in Social Media ausspielen können. Und dann schreiben Sie schnell noch eine Handvoll komplett ideologiegeprägte Anträge und packen ordentlich Verhetzungspotenzial rein. In den Reden bedienen Sie sich dann noch schön rechter Narrative, und fertig sind die Videos. Genau so stelle ich es mir vor. Denn anders kann ich mir nicht erklären, worüber wir hier heute reden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, dieser Quatsch lohnt eigentlich nicht die Arbeitszeit, die wir in diese Reden investiert haben. Es gilt heute genau das Gleiche, was ich vor genau einem Jahr an dieser Stelle schon gesagt habe, übrigens auch genau in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause; Sie erkennen vielleicht das Muster, das dahintersteckt. Der Antrag, den wir damals von Ihnen vorgelegt bekommen haben, war genauso wenig inhaltlich fundiert wie die, die wir heute hier liegen haben. Und damals wie heute gilt: Die Anträge selber sind es, die doch ganz offensichtlich eine ideologische Agenda bedienen. Sie argumentieren gegen bestimmte theoretische Ansätze, gegen bestimmte Forschungsthemen, also im Grunde gegen alles, was Sie als „woke“ bezeichnen, weil das ideologisch geprägt sei. Dabei ist es doch genau diese von Ihnen vorgenommene Wertung, die ideologisch ist. Sie haben anscheinend immer noch nicht verstanden, dass Wissenschaft genau davon lebt, dass man sich lebendig, fair und offen auseinandersetzt, dass verschiedene Theorien und Perspektiven gegenübergestellt werden, gerade in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Und auch wenn wir als Union möglicherweise vielleicht nicht jedes von dem teilen, was da postuliert wird, unterstützen wir trotzdem den Diskurs und die Auseinandersetzung mit den Inhalten. Ja, natürlich; denn er braucht ja noch Material für Videos für die Sommerpause. Ich würde sie, ehrlich gesagt, trotzdem ungern zulassen. Sie haben anscheinend immer noch nicht verstanden, dass in Deutschland Wissenschaftsfreiheit herrscht. Vielleicht schaffen Sie es, sich das über die Sommerpause noch mal durchzulesen und anzuschauen. Die Vorstellung, dass bestimmte Themen oder Ansätze per se ideologisch sind und daher abgelehnt oder von Förderungen ausgeschlossen werden müssen, widerspricht schlicht dem Prinzip der wissenschaftlichen Offenheit und Vielfalt. Auch im zweiten Antrag, dem zur Bekämpfung von Antisemitismus, blasen Sie ins gleiche Horn. Ich muss dazu nicht mehr viel sagen; die Kolleginnen und Kollegen haben das getan. Eins in aller Kürze: Sie könnten einen eigenen Beitrag zu weniger Antisemitismus leisten, nämlich indem Sie einfach mal vor der eigenen Tür kehren und gegen den Antisemitismus in Ihren eigenen Reihen vorgehen. Und dann haben Sie uns zu guter Letzt noch einen Antrag zur Einrichtung eines neuen Stipendiums vorgelegt, mit dem die Erforschung sozialer Gerechtigkeit gefördert werden soll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Deutschland gibt es 2 500 Stipendiengeber und Förderprogramme. Einige richten sich ausdrücklich auf die Förderung der Forschung zur sozialen Gerechtigkeit und sind auch sehr erfolgreich. Warum es jetzt dazu ergänzend noch ein weiteres Programm braucht, das genau das fördert und dann bei der Verteilung der finanziellen Mittel in Konkurrenz zu diesen steht, erschließt sich mir nicht. Für Ihre Kritik, dass aktuelle Forschung zu sozialer Gerechtigkeit ideologisch voreingenommen wäre, liefern Sie nämlich auch überhaupt kein einziges konkretes Beispiel und auch nicht einen Beweis. Am Ende bleibt deswegen nur noch eins zu sagen: Die Ideologie, die Sie der Wissenschaft vorwerfen, zeigen Sie mit Ihren eigenen drei Anträgen hier heute ganz eindrucksvoll selber, und gleichzeitig offenbaren Sie damit Ihr wahres Verhältnis zur Wissenschaftsfreiheit. Am Ende ist es nämlich Ihre Politik, die einfach nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Den Beweis dafür haben Sie damit heute erbracht. Danke.