Und es sind genau diese Entwicklungen, die Sie mit zu verantworten haben und die die eigentlichen Gefahren für die Wissenschaftsfreiheit und unseren Wissenschaftsstandort darstellen. Daher: Ersparen Sie uns bitte zukünftig Ihre Nebelkerzen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe ja nie hohe Erwartungen an Anträge der AfD, aber die Anträge, über die wir heute debattieren, sind dann doch ein besonders krudes Lehrstück neurechter Schwurbelei im Kampf gegen die Moderne und den gesellschaftlichen Fortschritt. Wenn ein Antrag darauf fußt, sich der Konzeption der sozialen Gerechtigkeit mit aller Vehemenz entgegenzustellen, und hierfür sogar ein eigenes Forschungsstipendium gefordert wird, ja, dann lässt das tief blicken, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt als gefährdet betrachtet wird, weil Diskriminierungen aufgezeigt und abgebaut werden sollen – darum geht es nämlich –, dann lese ich aus jedem Satz die Angst von alten weißen Männern Ihrer Partei. Ja, die Konfrontation mit der Moderne muss schmerzlich für Sie sein. Gesellschaften entwickeln sich weiter, Diskurse verändern sich, und alte Narrative und Strukturen werden von neuen Generationen hinterfragt. Das sind gesellschaftliche Aushandlungsprozesse, die uns seit Hunderten von Jahren zum Fortschritt geführt haben, und das ist auch gut so. Und dass sich Ihre Partei genau davon bedroht fühlt, zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es ist in diesem Rahmen auch nicht überraschend, dass die Hochschulen – sie sind Debattenort und auch Sinnbild des gesellschaftlichen Fortschritts; denn dort wird Fortschritt die ganze Zeit diskutiert und entwickelt – von der AfD zur kulturellen Kampfzone erklärt werden, die nun von außen – wohlgemerkt: der Politik – zu regulieren sei, obwohl Sie im ersten Satz eines Ihrer Anträge die Politisierung der Hochschulen kritisieren. Dass dies allen Werten der Wissenschaftsfreiheit, für die Sie sich doch so gerne starkmachen, widerspricht, spielt hierbei gar keine Rolle. Sie fordern die Einrichtung eines staatlichen Forschungsstipendiums, dessen Ergebnis nach einem Ihrer Anträge schon feststeht, und Sie möchten alles in die Zeit zurückdrehen, in der Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit noch keine politischen Ziele waren. Merken Sie eigentlich noch, wie sehr Sie sich hier in Widersprüche verstricken? Die Welt ist komplexer geworden, ja. Mit Hass, Hetze und gesellschaftlichem Rückschritt sind Ihre Forderungen aber nicht Teil der Lösung, sondern bleiben, wie immer, Teil des Problems. Artikel 5 des Grundgesetzes besagt: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Das sind auch die großen Stärken unseres Wissenschaftssystems. Deshalb kommen Studierende nach Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen nach Deutschland, weil sie hier frei forschen und lehren können, weil sie hier frei arbeiten und denken können, weil sie hier frei diskutieren können. Darum geht es bei der Wissenschaftsfreiheit. Das muss auch in Zukunft gesichert sein; darum muss es gehen. Dafür brauchen wir mehr; dafür müssen wir viel mehr tun. Wenn Studierende Angst haben müssen, abends allein von der Universität nach Hause zu laufen, dann haben wir als Gesellschaft ein Problem. Und dieses resultiert eben nicht aus links-grüner woker Ideologie, sondern gründet auf Antisemitismus und auf Rassismus. Welche Fantasien Ihre Freundinnen und Freunde in Frankreich vom Rassemblement National zum Besten geben – gut, so eng befreundet sind Sie ja nicht mehr; aber ideologisch sind Sie sich nahe –, sehen wir. Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft sollen nämlich mit einem Berufsverbot belegt werden, weil sie angeblich nicht für vertrauenswürdige Positionen geeignet sind. So weit darf es in diesem Land nie kommen. Dem werden wir uns mit aller Macht entgegenstellen. Vielen Dank.