- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union ist bedroht. Sie ist bedroht von innen und von außen. Das Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr 2022 gibt darauf viele Antworten. Wenn wir auf die Bedrohung von innen schauen, dann denken wir oft an die Rechtsstaatlichkeit und an die Verletzung derselben in dem einen oder anderen Mitgliedstaat. Ich begrüße außerordentlich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der bestätigt hat, dass wir einen Sanktionsmechanismus haben, um diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten.
Die Europäische Union ist aber von innen auch bedroht, wenn sie überladen, wenn sie überfrachtet wird, wenn sie von ihren Kompetenzen, die ihr von uns demokratisch zugeteilt wurden, abrückt. Wenn wir über ein Finanzmarktinstrument, das viele im letzten Jahr noch gar nicht auf dem Schirm hatten, versuchen, die Sozialpolitik, die Nachhaltigkeit in der Europäischen Union zu prägen, dann ist das nicht der Weg, wie wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger stärken oder zurückgewinnen. Wir müssen uns in den Institutionen auf unsere Kernbereiche fokussieren. Wir müssen in der Europäischen Union das gut machen, für was wir die Europäische Union brauchen. Die Institutionen müssen ihren Aufgaben gerecht werden und dürfen nicht versuchen, durch die Hintertür ihre Kompetenzen auszuweiten.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die Europäische Union ist aber auch von außen bedroht. Wir sind eine Werteunion. Wir sind die Antwort auf Krieg auf diesem Kontinent. Die längste Friedensperiode, die wir in Europa erleben dürfen, haben wir der Europäischen Union zu verdanken. Und wir sehen, dass auch dieser Frieden, den wir lange für sicher geglaubt haben, im Osten bedroht ist.
Angesichts der Tatsache, dass wir in einem Wettbewerb der Systeme stehen mit den autoritären Staaten, die vermeintlich die Oberhand zu gewinnen drohen und auch in der Pandemie ein Narrativ erzählen, dass sie besser auf solche Herausforderungen antworten können, ist es umso wichtiger, dass wir mit Blick auf die Welt auch auf die von Ihnen erwähnten 4,6 Milliarden Impfdosen schauen. Das sind nicht, wie Sie vielleicht denken, zehn Impfdosen pro Einwohner der Europäischen Union. Nein, Sie müssen über die Grenzen Europas hinaus denken. Wir haben diesen Impfstoff auch produziert, bestellt und bezahlt für andere Menschen in der Welt. Kein Kontinent, keine Region auf der Welt hat so viel Impfstoff auch für Menschen außerhalb der eigenen Region produziert wie wir; und darauf können wir stolz sein, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Winkler, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Zwischenbemerkung von Herrn Weyel aus der AfD-Fraktion?
Nein. – Wenn wir über die Bedrohung von außen sprechen und über unsere Stärke als Europäische Union, dann ist die in erster Linie – und das haben Sie richtig erkannt – durch wirtschaftliche Maßnahmen durchsetzbar. Ich vermisse in der Handelspolitik die Wiederaufnahme der Verhandlungen über Wirtschafts- und Handelsabkommen, wie wir sie dringend brauchen in dieser Welt, um unsere Position zu stärken. Stattdessen höre ich, dass Sie diese Handelsabkommen überladen wollen mit irgendwelchen Wünschen, die Sie noch draufpacken, so dass wir nie eine Einigung erzielen werden.
Wenn es uns nicht mal gelingt mit Staaten wie den Vereinigten Staaten von Amerika ein Handelsabkommen auf Augenhöhe abzuschließen, wenn es uns nicht gelingt, mit Kanada das Handelsabkommen CETA richtig in Kraft zu setzen: Wie wollen Sie denn dann in der Welt bestehen, und wie wollen Sie dann andere Handelsabkommen wirksam durchsetzen?
Wir müssen uns auf das konzentrieren, was möglich ist, und dann ist es auch möglich, mit einem starken Europa, mit einem wertegeleiteten Europa, einem Europa des Friedens, der Freiheit, der Rechtsstaatlichkeit diese Welt zu verändern.
Beifall bei der CDU/CSU)
Gemeinsam können wir Europa stärker machen!
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, hat das Wort zu einer Kurzintervention Herr Dr. Weyel.