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Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Vor rund 20 Jahren hat die damalige rot-grüne Koalition die letzte große Veränderung des Petitionsrechts vorgenommen. Seitdem gibt es die Möglichkeit, Petitionen online zu stellen. Petitionen mit 50 000 und mehr Mitzeichnern können in einer öffentlichen Ausschusssitzung behandelt werden. Dazu werden die Petentinnen und Petenten und das zuständige Ressort der Bundesregierung eingeladen.
In der vergangenen Woche hat der Petitionsausschuss mit Mehrheit beschlossen, dass das Quorum von 50 000 auf 30 000 abgesenkt und der Unterzeichnungszeitraum von vier auf sechs Wochen ausgeweitet wird. Das war ein großer Schritt, um das Petitionswesen zu modernisieren und dieses Haus für die Ideen der Menschen weiter zu öffnen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie bereits in der vergangenen Woche gesagt, ist das für uns aber nicht das Ende der Fahnenstange. Wir wollen Petitionen im Plenum debattieren können, und das ist nicht brandgefährlich, sondern das ist wirklich Bürgernähe. Das sind Menschen, die sich an uns wenden, die die Stimmen sammeln und wirklich Arbeit investieren.
Sie haben mich nicht richtig verstanden! Der Weg dahin ist gefährlich! Das ist was anderes!)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?
Nein. – Heute wird der Vorschlag für Veränderung in der Geschäftsordnung in erster Lesung debattiert. Es ist ein einziger Satz, auf den ich mich beziehe; aber er hat große Wirkung. Im Vorschlag der Koalition zu § 110 wird die Möglichkeit geschaffen, dass der Petitionsausschuss Petitionen mit 100 000 oder mehr Mitzeichnungen zur Aussprache ins Plenum bringen kann.
Beifall der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist eine Weiterentwicklung des Petitionswesens, die es in sich hat. Es stärkt die Partizipation der Bürger/-innen, dass Vorschläge von ihnen im Plenum diskutiert werden können. Das ist das klare Bekenntnis an die Bevölkerung: Ja, eure Vorschläge sind uns wichtig.
Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir haben in der vergangenen Woche die Zahlen des Petitionswesens im Jahr 2023 hier diskutiert. Es gab ziemlich genau 2 000 Petitionen weniger als im Vorjahr. Mit rund 11 000 eingegangenen Petitionen war der Rückgang nicht dramatisch, aber verhältnismäßig hoch. Gleichzeitig nahm die Zahl der Menschen, die sich bei unserem Onlineportal angemeldet haben, massiv zu, und Kampagnenplattformen, die nichts anderes erreichen können, als Öffentlichkeit zu schaffen, erfreuen sich weiterhin regsten Zulaufs. Der Rückgang bei den Petitionen ist somit verwunderlich, da die Bevölkerung anscheinend weiterhin ein ungebrochenes Interesse hat, sich einzubringen.
Das Jahr 2023 war darüber hinaus nicht frei von gesellschaftlichen Debatten. In der letzten Woche waren wir uns fraktionsübergreifend wirklich von links nach rechts einig, dass das Petitionswesen eine Art Seismograf für die Stimmung in unserem Land ist. In Anbetracht des Krieges in der Ukraine, seiner Auswirkungen und der damit einhergehenden Ängste hätten mich mehr Petitionen nicht gewundert. Wir müssen uns fragen, warum von diesem Grundrecht nicht häufiger Gebrauch gemacht wird.
Ehrlicherweise haben Petitionen in Teilen der Gesellschaft einen schlechten Ruf. Das konnte man nicht zuletzt letzte Woche sehen, wenn man in den Kommentarspalten der Berichterstattung zur Reform des Petitionswesens unterwegs war. Es gab einige, die diese Veränderung wirklich positiv aufgenommen haben; aber andere waren der Meinung, dass Petitionen nichts bringen, da sie ja eh nie angenommen werden.
Diese Stimmung ist definitiv nicht repräsentativ, aber sie spiegelt einen Teil der Meinung der Bevölkerung über Petitionen wider, und es muss uns alle angehen, wenn manche in der Bevölkerung ihre Grundrechte für nutzlos halten. Darauf zu schauen, muss in unser aller Interesse liegen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Da ist es ein wichtiger Schritt, Petitionen ins Plenum zu bringen. So können die Menschen selbst sehen und hören, wie die Fraktionen zu ihren Vorschlägen stehen.
Wenn ich über das Petitionsrecht spreche, erkläre ich immer wieder, dass Petitionen ein riesiger Türöffner ins Parlament sein können. Mit einer Petition kann ein Thema aus der Bevölkerung zum Thema des Parlaments gemacht werden. Dies haben wir durch die Absenkung der Hürden für eine öffentliche Ausschusssitzung vereinfacht. Durch eine Berücksichtigung im Plenum würden wir dies noch einmal deutlich verstärken und wirklich etwas gegen Politikverdrossenheit machen. Wenn „die da oben“, womit ja häufig auch wir gemeint sind, im Plenum endlich Farbe bekennen müssen, steigert das die Attraktivität von Petitionen und verstärkt die Einflussmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern.
Ich wünsche dem GO-Ausschuss in diesem Sinne eine gute Beratung. Unser Satz ist zwar kurz, aber wichtig. Daher werbe ich dafür, dass wir das hier gemeinsam umsetzen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Die AfD-Fraktion hat eine Kurzintervention für den Kollegen Brandes beantragt, der ich stattgebe. – Herr Kollege Brandes, Sie haben das Wort.