Zwischenrufe:
0
Beifall:
11
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon gesagt worden: Natürlich ist diese Geschäftsordnungsreform notwendig. Wir haben tatsächlich über eine längere Zeit immer mal nur die eine oder andere Änderung vorgenommen. Dabei ist sicherlich auch mal das eine oder andere Unlogische mit reingerutscht. Viele Dinge sind in der Tat nicht mehr zeitgemäß und haben sich durch die parlamentarische Praxis überholt. Deswegen ist es richtig, dass wir uns auf diesen Weg machen.
Als Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses – und meine Kolleginnen und Kollegen werden es bestätigen – kann ich sagen: In den letzten Wochen und Monaten haben sich die Anfragen zu unterschiedlichsten Geschäftsordnungsfragen gehäuft. Wir sind immer wieder um Auslegungsentscheidungen gebeten worden, und deswegen ist es richtig, daraus irgendwann auch mal Konsequenzen zu ziehen.
Sehr stark hat uns gerade in letzter Zeit naturgemäß die Frage beschäftigt: Wie gehen wir mit denen um, die nicht mehr in Fraktionen organisiert sind? Es ist wichtig für dieses Haus, dass die Arbeitsfähigkeit erhalten bleibt, und diese fußt ganz massiv auf der Frage: Wie viele Fraktionen haben wir? Wie gut sind sie organisiert? Selbstverständlich kann man es niemandem verübeln, wenn er mal den Weg raus aus der Fraktion sucht und dann eine Gruppe gründet. Dass das jetzt auch systematisch angepackt werden soll und wir nicht immer wieder im Einzelfall neue Entscheidungen zu treffen haben, begrüße ich außerordentlich. Das ist absolut richtig, und das schafft definitiv mehr Rechtsklarheit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Wo ich noch Bedarf sehe – das sage ich auch mit der Kenntnis aus vielen Gesprächen mit jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die Eltern geworden sind –: Wir müssen uns noch einmal damit beschäftigen, was die Planbarkeit von Plenarabläufen angeht. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen.
Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [Die Linke])
Da sind wir gar nicht familienfreundlich und im Prinzip auch nicht terminplanfreundlich, wenn man so will.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Da wäre es unser Job, das mal zu überdenken. Wenn wir sagen: „Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft“, dann wollen wir auch Eltern hier im Parlament haben. Dann aber muss ein modernes, zukunftsfähiges Parlament ein etwas vorhersehbareres Plenargeschehen haben. Da kann mir keiner sagen, dass das organisatorisch nicht möglich ist.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Petra Sitte [Die Linke])
Dass jetzt viel Totholz beseitigt wird, auch in den Anlagen der Geschäftsordnung, ist nur zu begrüßen. Mein Kollege Schnieder hat es so schön als „Fleißarbeit“ bezeichnet. Ja, das ist dringend notwendig, und das unterstützen wir sehr. Wir unterstützen auch eine Neuregelung des Ordnungsrechts; das sage ich, falls hier ein falscher Zungenschlag reingekommen sein sollte. Teile der Vorschläge kommen im Übrigen auch von uns, und das hat auch nichts mit der Einschränkung der Redefreiheit zu tun. Aber man muss auch sehen: Wenn einzelne Fraktionen Ordnungsrufe als Trophäen sammeln, muss man was verändern, sonst geht das ganze Ordnungsrecht letztlich in die falsche Richtung.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
So, wie es vorgeschlagen ist, ist das ein absolut guter Debattenvorschlag, über den wir reden müssen.
Ganz bewusst möchte ich als Ausschussvorsitzende auch sagen: Es mag den einen oder anderen überraschen, dass wir in diesem Zusammenhang auch über mehr Durchgriffsrechte für Ausschussvorsitzende sprechen. Wir hatten bisher, liebe Kollegen, sozusagen immer nur die Macht der Worte und die Hoffnung auf das bessere Einsehen der betreffenden Kollegen, bitte für einen ordnungsgemäßen Ablauf im Ausschuss zu sorgen.
Ich sage jetzt mal: Über 75 Jahre war es nicht notwendig, hier einzugreifen. Dass es jetzt notwendig wird, erkennen wir sicher alle, und deswegen ist es richtig, auch den Ausschussvorsitzenden, mit gutem Grund und guter Begründung – übrigens getragen von der Ausschussmehrheit, nicht willkürlich –, mehr Rechte in die Hand zu geben. Natürlich soll jeder weiterhin am Ausschuss teilnehmen können, aber wenn das Benehmen komplett danebenliegt, muss auch der Vorsitzende die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren. Das entspricht auch der Würde dieses Hauses.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will kurz noch einen letzten Punkt anführen; der Kollege Schnieder hat es schon angesprochen: Es ist natürlich in unserem Interesse, dass die Bürgerinnen und Bürger möglichst nah an uns herankommen, auch mit ihren Anliegen. Ich will aber auch in aller Deutlichkeit sagen: Ein Quorum von 100 000 Unterschriften im Petitionswesen halte ich für missbrauchsanfällig und für brandgefährlich. Da setzen wir uns Interessen aus, mit denen wir hier in diesem Hohen Hause besser nichts zu tun haben.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss bitte.
Daher bitte ich dringend darum, dieses Instrument noch mal zu überdenken. Das ist wirklich brandgefährlich und hat mit mehr Bürgernähe definitiv nichts mehr zu tun.
Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Axel Echeverria, SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])