Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegin Baum von der AfD hat hier eben suggeriert, wir könnten in der professionellen Pflege einfach auf Fachkräfte aus dem Ausland verzichten. Ich finde es gut, dass die CDU/CSU darauf hingewiesen hat, dass das zu einem Systemzusammenbruch führen würde.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Schon jetzt können viele Menschen gar nicht gepflegt werden, und wenn wir auf die Fachkräfte verzichten würden, wäre das nicht gut für das System.
In meinem Wahlkreis befindet sich der Pflegecampus. Dort versucht man, Fachkräfte aus dem Ausland, die etwa in Marokko, in Tunesien studiert haben, nach Deutschland zu holen.
Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Eine Bedingung ist, dass sie erst einmal das Sprachniveau B2 im Ausland erwerben.
Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Sie haben lange Visa- und Genehmigungsverfahren. Am Ende wird ihr Hochschulabschluss in Deutschland nicht anerkannt, und sie müssen noch mal ein Verfahren zur Anerkennung von Kompetenzen und eine theoretische und praktische Prüfung machen.
Herr Teutrine, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Baum zu?
Nein. – Ich will das gerne näher ausführen; dann kann die Frau noch was lernen.
Beifall des Abg. Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Diese jungen Menschen machen sich nach Deutschland auf den Weg und investieren über drei Jahre, bis sie später als Pflegefachkraft in Deutschland arbeiten. Wenn man mit denen persönlich spricht und sie fragt: „Wieso kommt ihr nach Deutschland?“, dann sagen die nicht „wegen Sozialleistungen“, sondern sie sagen: „Ich habe eine Jobgarantie in der Pflege, und in diesem Land gibt es Freiheit.“ Wir brauchen mehr von diesen jungen Menschen, die nach Deutschland kommen, um in den Arbeitsmarkt zu gehen und Menschen zu pflegen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
In Ihrem Antrag, liebe CDU/CSU, geht es um pflegende Angehörige. Sie sind, wenn man es überspitzt sagt, der größte Pflegedienstleister. Die meisten Menschen werden von Angehörigen im familiären Umfeld gepflegt. Deswegen finde ich es eigentlich gut, dass wir darüber debattieren: um darauf aufmerksam zu machen, welche Belastung das auch für viele bedeutet, die zum Beispiel ihre Kinder jahrelang neben einer Erwerbstätigkeit pflegen und aus Hingabe zu Familienangehörigen auf vieles verzichten.
Wir als Koalition haben bereits im Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz einiges für diese Menschen auf den Weg gebracht. Wir haben das Pflegegeld erhöht. Wir haben das Entlastungsbudget eingeführt, damit Verhinderungs- und Kurzzeitpflege besser, unbürokratisch und flexibel in Anspruch genommen werden können. Wir haben das Entlastungsbudget dahin gehend gestärkt, dass es bereits zum 1. Januar 2024 von Pflegenden von Kindern mit dem Pflegegrad 4 oder 5 in Anspruch genommen werden kann und dass im nächsten Jahr die zweite Stufe in Kraft tritt. Weitere Maßnahmen haben die Kolleginnen und Kollegen schon genannt.
Sicherlich gibt es immer noch Lebenssituationen, die nicht einfach sind – trotz dieser Unterstützung.
Herr Teutrine, es gibt aus der AfD-Fraktion noch den Wunsch nach einer Zwischenfrage.
Ich würde gerne weiter ausführen. – Wenn man aber suggeriert, die Pflege würde kaputtgespart, dann ist das falsch. 2017 haben wir 35 Milliarden Euro für die Pflege ausgegeben, acht Jahre später mehr als doppelt so viel wie CDU und CSU, als sie in der Regierungsverantwortung waren. Auch die Ampel spart die Pflege nicht kaputt. Aber es gibt aufgrund des demografischen Wandels enorme Herausforderungen, was die nötige Anzahl an Fachkräften angeht: Mehr Fachkräfte gehen in Rente, mehr Menschen sind pflegebedürftig. Die damit verbundenen Herausforderungen müssen wir angehen.
Wenn Sie sagen, wir müssten mehr machen, dann müssen Sie aber auch ehrlich hinsichtlich der Finanzierung sein. Sie haben uns ein Defizit von 2,5 Milliarden Euro hinterlassen. Das Erste, was diese Ampel machen musste, war, Ihre Altlasten auszugleichen. Wir hätten viel mehr für pflegende Angehörige gemacht,
Sie müssen nicht mehr machen! Sie müssen das Richtige machen!)
hätten Sie die Kasse ordentlich geführt und hätte Jens Spahn auch für eine Finanzierung all der Punkte gesorgt, die er eingeführt hat.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Hinzu kommt dann noch, dass in Ihrem Antrag viele Maßnahmen stehen, die zwar gut sind, dass Sie aber nicht sagen, wie sie finanziert werden sollen. Das machen Sie doch auch nicht, wenn Sie in eine Kneipe gehen.
Zuruf der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU])
Sie erbitten doch nicht die Karte, trinken dann all das, was die Karte anbietet, und sagen: Der Nachbartisch muss das bezahlen. – Was in der Kneipe nicht seriös ist, das ist es auch nicht im Deutschen Bundestag. Sagen Sie, wo das Geld herkommt! Das ist seriöse Politik, auch in der Opposition.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die Ampel ist total besoffen! Deshalb kriegt sie auch nichts mehr mit! Wie man so eine Kneipe diffamieren kann!)
Ich möchte gerne noch auf einen Aspekt aufmerksam machen, der in Ihrem Antrag gar nicht vorkommt: Das sind Kinder und Jugendliche, die ihre Angehörigen pflegen. In Deutschland gibt es über 500 000 Kinder und Jugendliche, die Verantwortung in der Familie übernehmen. Da geht es nicht darum, eine Spülmaschine einzuräumen oder eine leichte Tätigkeit zu machen, sondern es geht um die Pflege von Angehörigen, etwa darum, nachts aufzustehen, um die Eltern oder die Geschwisterkinder zu unterstützen – bis hin zur Intimpflege. In jeder Klasse in Deutschland gibt es rechnerisch ein Kind, einen jungen Menschen, der einen Angehörigen pflegt, der zurücksteckt, der Verantwortung übernimmt.
Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Ich finde, es sollte in jedem Antrag, in dem von pflegenden Angehörigen die Rede ist, auch von Kindern und Jugendlichen die Rede sein, die ebenfalls in der Familie Verantwortung übernehmen und die in diesem Punkt Entlastung brauchen.
Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
In diesem Sinne haben wir – wir merken das – im Ausschuss noch einiges zu diskutieren. Einige Punkte sind gut, einige sind nicht gegenfinanziert, einige Aspekte fehlen noch. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Ich bin sicher, dass wir da konstruktiv diskutieren können.
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für eine Kurzintervention erteile ich das Wort Martin Reichardt.
Das wird ja wieder schlimm!)