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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis, zu dem auch Bad Oeynhausen gehört, ist es mir ein Anliegen, mich in dieser Debatte ebenfalls zu äußern. „Warum diese sinnlose Gewalt?“: Damit beginnt ein Brief, fragend, der am Kurpark in Bad Oeynhausen hängt. Es ist der Ort, an dem der 20-jährige Philippos vor wenigen Tagen brutal totgeprügelt wurde.
Eigentlich sollte es ein Abend werden, der das Gefühl von Freiheit atmet; Philippos hatte seine Schwester zur Schulabschlussfeier begleitet. Es ist unvorstellbar, wie es einen innerlich zerreißt, den Schmerz aushalten zu müssen, wenn man das eigene Kind, den Bruder, den besten Freund, einen geliebten Menschen verliert. Unser Mitgefühl gilt daher seiner Familie und seinen Freunden. Und an dieser Stelle möchte ich auch dem hier anwesenden Bürgermeister Lars Bökenkröger für seinen empathischen und klaren Umgang in dieser Situation danken.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein solcher entsetzlicher Gewaltakt macht etwas mit einer Stadt, und viele solcher Taten machen etwas mit einer Gesellschaft. Wenn solche Taten wie die in Bad Oeynhausen oder in Mannheim eine Debatte in Politik und Gesellschaft auslösen, dann sagen Politiker häufig, man dürfe jetzt nicht zur Tagesordnung zurückkehren. Und im Anschluss passiert genau das: Man kehrt zur Tagesordnung zurück.
Aber das machen dann andere Politiker!)
Wir sollten alle sehr darauf achten, dass die Art und Weise, wie wir als Politik, als Medien, als Gesellschaft über solche tödlichen Angriffe sprechen, nicht als ein bloßes Ritual wahrgenommen wird.
Sie sind ja in der Regierung!)
Beileidsbekundungen sind angebracht, aber sie reichen nicht aus. Floskeln und Stehsätze verbieten sich.
Ja! Sie sind ja in der Regierung!)
Auch der Vater von Philippos hat sich öffentlich zum Umgang der Politik mit dem Tod seines Sohnes geäußert.
Wer in der Regierung ist, kann handeln!)
Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich:
„Der Tod meines Sohnes gehört nicht in die Politik, besonders nicht in solche Parteien, die mit Rassismus zu tun haben. Das will ich nicht, das gehört sich nicht, und das sollte nicht ausgeschlachtet werden – von keiner Partei.“
Das war die Reaktion von Philippos’ Vater, als die AfD und ein rechtsextremes Bündnis eine politische Mahnwache in Bad Oeynhausen angemeldet hatten. Sie haben den Tod von Philippos gegen den Willen der Familie ausgeschlachtet. Das ist unwürdig und respektlos.
Beifall bei der FDP und der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir als Politiker nicht wollen, dass solche Taten von den Falschen instrumentalisiert werden, bedarf es einer selbstkritischen Debatte in allen demokratischen Parteien darüber, ob die Politik angemessen auf die Häufung solcher Vorfälle reagiert.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU
Durch Ihr Auftreten bis heute nicht!
Zuruf des Abg. Paul Ziemiak [CDU/CSU])
Andernfalls verliert Politik insgesamt an Akzeptanz und Vertrauen, ganz unabhängig davon, wer regiert.
Wir müssen auch darüber sprechen, dass in Teilen von bestimmten Personengruppen – jung, männlich, migrantisch – vermehrt Gewalttaten vorkommen. Das heißt nicht – und das sollte man auch nicht der CDU/CSU unterstellen, wenn sie diese Tatsache ausspricht –, dass jeder Migrant ein Gewalttäter ist.
Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)
Es gibt aber eine Teilgruppe, die besonders gewalttätig ist, und das muss man offen aussprechen dürfen, auch in dieser aktuellen politischen Lage.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vor allem junge Menschen spüren dies im Alltag, sei es in der Schule, am Busbahnhof, im Nahverkehr, an öffentlichen Orten. Es ist kein Ausdruck von besonderer Toleranz, diese Vorfälle zu leugnen oder zu relativieren. Wir müssen sie benennen und gleichzeitig Lösungen und Antworten finden. Sie nur zu benennen, aber keine Lösungen und Antworten zu bieten, zerstört weiteres Vertrauen.
So ist es!)
Mein Fraktionskollege Konstantin Kuhle hat in dieser Debatte mögliche Lösungsansätze skizziert und auch das Thema „Beschleunigung von Abschiebungen“ sehr klar adressiert: was erreicht wurde, was aber auch noch nötig ist.
Beifall bei der FDP)
Ich verzichte darauf, dies zu wiederholen.
Mir liegt in dieser Debatte etwas Grundsätzliches am Herzen: Eine Debatte, die darauf abzielt und in der behauptet wird, dass Integration grundsätzlich gescheitert ist und alle Täter auszuweisen sind, ist genauso falsch wie die Behauptung, die Geflüchteten seien Opfer einer gescheiterten sozialen Integration. Das sind sie nicht. Diese Darstellung ist falsch und verkürzt. Der Täter ist schuld an dieser Tat.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Sonja Eichwede [SPD])
Für diese sinnlose Gewalt gibt es keine Rechtfertigung. Diese sinnlose Gewalt darf nicht nur zur Kenntnis genommen werden. Sie erfordert entschlossenes Handeln. Kehren wir bitte nicht einfach zur Tagesordnung zurück, sondern führen wir eine ehrliche Debatte über Lösungen dieses Problems!
Vielen Dank.
Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Die führen wir schon seit Monaten!
Die beste Rede der Ampel!)
Das Wort hat der Staatsminister des Innern des Freistaates Sachsen, Armin Schuster.
Beifall bei der CDU/CSU)