Das heißt, die „Sprechende Medizin“ muss auch honoriert werden. Nicht umsonst heißt es übrigens auch „Sprechstunde“. Dafür ist es zwingend notwendig, die bürokratischen Auswüchse abzubauen. Einen ersten Schritt zur Entlastung starten wir mit diesem Gesetz, zum Beispiel mit der Einführung – der Minister hat es gesagt – von Bagatellgrenzen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste auf den Zuschauertribünen! Mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz machen wir jetzt einen zwingend notwendigen Schritt hin zur Stärkung der ambulanten Versorgung in unserem Land. Um zu verdeutlichen, was ambulante Versorgung leistet, hier mal ein paar Zahlen: Die niedergelassenen Haus- und Fachärzte haben etwa eine halbe Milliarde Behandlungsfälle pro Jahr; im stationären Bereich sind es etwa 19,5 Millionen. Beide Zahlen sind im internationalen Vergleich definitiv zu hoch. Die Kosten im stationären Bereich sind mit jährlich rund 80 Milliarden Euro ungefähr doppelt so hoch wie jene im ambulanten Bereich mit rund 40 Milliarden Euro. Gerechnet auf die Fallzahl kostet uns der stationäre Bereich ungefähr ein Zehnfaches. Es ist schon angeklungen: All diese Zahlen zeigen, dass die ambulante Versorgung das Rückgrat unseres Gesundheitssystems ist. Aber genau diese Stütze bröckelt; denn leider nimmt die Zahl vor allem derjenigen, die sich mit einer eigenen Praxis niederlassen, immer weiter ab. Verstärkend kommt noch der demografische Wandel hinzu. Viele Kollegen werden sich in den nächsten Jahren in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Nehmen wir nur mal die Hausärzte: Ihr Durchschnittsalter liegt derzeit bei knapp 55 Jahren; 10 Prozent der niedergelassenen Hausärzte sind sogar über 65 Jahre alt. Das ist übrigens einer der ganz vielen Beweise dafür, wie altruistisch im medizinischen Bereich tätige Menschen tatsächlich sind, mal abgesehen von der hohen Anzahl derer, die weltweit in humanitären Einsätzen bedürftigen Menschen helfen. Hier ist auch die Tatsache zu nennen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit eines niedergelassenen Hausarztes bei 53 Stunden liegt. Ja, ich habe mich nicht versprochen: 53 Stunden! In Zeiten, in denen vermehrt über Work-Life-Balance, Vier-Tage-Woche und möglichst wenig Eigenverantwortung gesprochen wird und auch danach gestrebt wird, ist das nicht unbedingt die beste Werbung für das Berufsbild. Aber ich versuche, später noch dafür zu werben. Ich selbst bin seit über 20 Jahren niedergelassener Zahnarzt. Diese 53 Stunden sind übrigens nicht die Zeit, die man am Patienten verbringt. Ich arbeite im ländlichen Raum in eigener Praxis und muss leider konstatieren, dass ich mittlerweile die Hälfte meiner Arbeitszeit mit administrativen und bürokratischen Dingen verbringe bzw. verschwende. Der existierende Kontrollwahn, der wahrscheinlich aus einem permanent gesäten Misstrauen resultiert, muss endlich eingedämmt werden. Vielmehr gehört das wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten wieder gestärkt. Das geht nur, wenn den Ärzten auch die Möglichkeit gegeben wird, wieder mehr Zeit mit den Patienten im Zwiegespräch zu verbringen. Weitere Schritte müssen aber definitiv folgen. Minister Lauterbach hat uns Liberalen schon ein eigenes Bürokratieentlastungsgesetz im Gesundheitsbereich zugesagt. Dafür haben wir von der FDP auch schon unzählige dezidierte Vorschläge geliefert. Wir hoffen natürlich auf eine rasche Umsetzung. Zudem werden mit diesem Gesetz bei den Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung die mengenbegrenzenden oder honorarmindernden Maßnahmen ausgenommen. Das heißt im Klartext und übersetzt: Die lange zu Recht geforderte Entbudgetierung bei den Hausärzten kommt. In anderen Berufsgruppen wäre es übrigens ein unhaltbarer Zustand, dass man ab einem gewissen Punkt kein Honorar mehr für erbrachte Leistungen bekommt. Bei den meisten Ärzten ist das bis dato aber immer noch an der Tagesordnung. Darum besteht da zwingender Handlungsbedarf, auch um die Versorgungssicherheit zu stärken. Perspektivisch muss natürlich auch die Entbudgetierung für die Fachärzte folgen und in die Wege geleitet werden. Das würde auch viele Terminprobleme lösen. Zur Frage der Finanzierung – diese wurde vorhin auch schon gestellt – habe ich anfangs schon dargelegt, warum wir so vehement auf „ambulant vor stationär“ pochen. Wenn wir allein die ambulant-sensitiven Fälle aus der stationären Behandlung herausbekommen würden, hätten wir locker das Geld für die Entbudgetierung der Fachärzte zusammen. Jetzt kommt noch mein angekündigter Werbeblock; zeitlich ist das noch drin. Es gibt kaum etwas Schöneres, es gibt kaum etwas Erfüllenderes, als mit der Familie in schöner Umgebung im ländlichen Raum, umgeben von großartigen Menschen und Patienten, die sich übrigens alle kennen und schätzen, die auch die Arbeit schätzen, die sich gegenseitig helfen, selbstständig in eigener Praxis seinem Traumberuf nachzugehen. Das geht natürlich an alle, an die, die hier oben auf den Besuchertribünen sitzen, an alle Medizinstudenten und Zahnmedizinstudenten und an alle, die sich überlegen, das mal zu werden. Vielen Dank.