Herr Herbrand, lobenswerterweise haben Sie ja angesprochen, dass wir eine Wirtschaftswende brauchen. Da sind wir mit Ihnen völlig einer Meinung. Wir finden es auch sehr lobenswert und anerkennenswert, dass die FDP ungefähr jede Woche einen Präsidiumsbeschluss fasst, was dazu erforderlich ist, zum Beispiel Dynamisierungspakete. Vieles davon teilen wir; das unterstützen wir auch ausdrücklich. Das Problem ist nur: Sie sind Teil der Regierung, und Sie müssen jetzt mal irgendwann liefern. Wenn der Problembefund so dramatisch ist und wir wie zu Anfang der Debatte fast einhellig feststellen, dass wir in allen internationalen Rankings mittlerweile Schlusslicht sind, dass Unternehmen und Arbeitsplätze mittlerweile in Massen unseren Standort verlassen, dass wir Kapital- und Investitionsabflüsse zu verzeichnen haben – ich glaube, darüber sind vor allen Dingen wir, Union und FDP, uns ziemlich einig und bestreiten diese Analyse überhaupt nicht; auch der Bundesfinanzminister spricht das ja regelmäßig an –, dann muss man allerdings sehr ernsthaft von Ihnen verlangen, dass Sie zu dem Thema jetzt auch wirklich liefern. Und dazu haben Sie heute kein Wort und keinen Satz gesagt. Sie können gerne sagen: Dieses und jenes an dem Unionskonzept gefällt mir nicht, und ich hätte gerne das noch anders und dies auch noch ein bisschen anders. – Ich habe von Ihnen heute aber nichts Konkretes dazu gehört, was eigentlich Ihr Konzept ist. Eben kam der Satz: Warum bringt die Union erst nach drei Jahren dieses Unternehmensteuerkonzept in den Bundestag ein? – Okay, den Vorwurf kann man annehmen. Nur, wir sind die Opposition, Sie sind die Regierung. Sie müssten doch längst liefern, und zwar nicht nur Anträge. Sie müssten hier konkrete Gesetze vorlegen. Stattdessen gucken Sie sich an, wie dieses Land sachte vor die Hunde geht. Wir hatten im letzten Jahr einen Wachstumsrückgang, eine Schrumpfung. Wir sind in diesem Jahr Schlusslicht in Europa. Bei einem weltweiten Wachstum von über 3 Prozent – das hat Ihnen der Kollege Fritz Güntzler eben vorgerechnet – sind wir Schlusslicht mit vielleicht plus 0,3 Prozent. Noch vor einem Jahr hat der Wirtschaftsminister Steuererhöhungen für die Unternehmen gefordert. Mittlerweise hat er geschnallt, dass die Steuern runter müssen. Und zur Feier seiner eigenen Prognose – das hat das Wirtschaftsministerium selbst errechnet –, dass das Wachstum in diesem Jahr vielleicht 0,1 Prozent höher ausfallen könnte, bestellt er gleich die Presse in sein Haus ein. Ich weiß nicht, ob es das in dieser Republik überhaupt je gegeben hat. Das ist doch der Hammer: ein Wirtschaftsminister, der die ganze Hauptstadtpresse in sein Haus einbestellt, um zu verkünden, dass das Wirtschaftswachstum 0,1 Prozent besser ausfallen könnte. Ich finde, es ist der Hammer. Ich kann es gar nicht fassen. Das ist der Oberkracher. Jetzt kommen wir mal zu dem Punkt – das ist wirklich der Oberkracher –, was Sie schon alles Tolles gemacht hätten und für welche steuerlichen Erleichterungen Sie gesorgt hätten. Das Einzige, was Sie hier durchgesetzt haben – und das haben Sie nicht mal vollständig durchgesetzt –, ist, dass Sie die Steuersätze geändert und den Grundfreibetrag – dazu sind Sie von Verfassungs wegen übrigens gezwungen – ein bisschen an die Inflationsentwicklung angepasst haben. Das ist es dann allerdings auch. Dann ist die Party weitestgehend beendet. Ich will Ihnen jetzt mal klar und deutlich sagen, was Sie sonst gemacht haben. Sie haben hier völlig schwachsinnige Diskussionen um eine Gasumlage, also um eine Gaspreiserhöhung, geführt, als wir die Energiekrise hatten. Und am Ende haben Sie nach drei Monaten festgestellt: Das Konzept ist völlig hirnrissig. Herr Habeck hat es wieder zurückgenommen und gesagt: Wir brauchen eine Gaspreisbremse, um die Verbraucher zu schonen. Dann haben Sie hier schwachsinnige Debatten um einen Industriestrompreis geführt, den der Bundeskanzler vor der Wahl versprochen hatte. Jetzt haben Sie gar nichts geliefert, und unsere energieintensive Industrie wandert vom Standort Deutschland ab. Das ist die Wirklichkeit. Sie haben ein Heizungsdesaster hier veranstaltet – ein Heizungsdesaster! Sie kommen immer damit, das sei die Vorgängerregierung gewesen, die für die jetzige schlechte wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich ist. – Nein, dafür sind Ihre Regierung und das Chaos, das Sie permanent veranstalten, verantwortlich. Das Heizungsdesaster hat dazu geführt, dass am Ende kein Mensch mehr in eine Wärmepumpe investiert hat; das ist doch die Wirklichkeit. Sie haben das Gegenteil dessen erreicht, was Sie erreichen wollten. Sie haben die Kernkraftwerke abgestellt und damit den Strompreis nach oben getrieben; da sind wir uns sogar mit der FDP, Ihrem Koalitionspartner, einig. Sie haben ein eigenes Digitalministerium versprochen, damit alles schneller läuft. Nichts ist passiert; die Zuständigkeiten sind weiter völlig zersplittert. Sie kommen bei dem Thema keinen Zentimeter weiter. Der Finanzminister – dankenswerterweise hört er sich diese Debatte an – fordert regelmäßig und immer wieder eine Reform des Bürgergeldes. Was passiert bei Ihnen? Gar nichts. Der Lohnabstand müsste größer werden. Er wird in Ihrer Regierungszeit aber immer kleiner. Die Zahl der Bürgergeldempfänger steigt. Effektive Sanktionen gibt es praktisch gar nicht. Damit komme ich zum nächsten Punkt. Sie meinen ja, so toll bei der Fachkräftezuwanderung zu sein. Gucken Sie sich doch mal an, wie das in Wirklichkeit läuft. Die Fachkräftezuwanderung, die Sie organisieren, ist in erster Linie eine Asylzuwanderung, und die findet bedauerlicherweise überwiegend in das Bürgergeld statt. Sie kommen keinen Zentimeter weiter. Sie müssen jetzt liefern, und zwar ganz dringend. Vielen Dank.