Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man stelle sich vor, es ist EM und keiner kommt rechtzeitig ins Stadion. Die Performance unserer Infrastruktur steht leider deutlich hinter der unserer Mannschaft bei der Europameisterschaft zurück. Es gibt nichts schönzureden. Artikel über den maroden Zustand unserer Schieneninfrastruktur haben es schon in die „New York Times“ geschafft. „Nehme ich dann das Auto“, denkt sich vielleicht der eine oder andere. Aber nein, letzte Woche erreichten uns die besorgniserregenden Nachrichten über mögliche Kürzungen bei der Autobahn GmbH. Auto und Lkw müssen jetzt schon mühsame Umwege in Kauf nehmen, um zum Ziel zu kommen. Ich will also gar nicht drum herumreden: Kürzungen im Investitionsetat der Autobahn GmbH wären dramatisch. Wir sprechen hier davon, unsere Verkehrswege und insbesondere unsere Straßen und Brücken zu erhalten. Ich bin deshalb froh, dass es Signale des Verkehrsministeriums gibt, dass wir diese Kürzungen nicht vornehmen werden. Und ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden. Das wird uns zumindest erlauben, die Sanierungen fortzusetzen, insbesondere der Brücken. Für Neu- und Ausbauten im größeren Stil fehlt uns nach wie vor das Geld. Auch BDI und Gewerkschaften mahnen mehr Investitionen in unsere Infrastruktur an. Ich spreche hier offen und schonungslos die Zustände an und lade alle ein, sich an der Lösung der Probleme zu beteiligen. Denn die Wahrheit ist: Niemand hier kann sich von der Verantwortung reinwaschen, die er und sie für den gegenwärtigen Zustand trägt – wir nicht, aber auch die Union nicht. Dieser Sanierungsstau ist nicht in den letzten drei Jahren entstanden. In den 2010er-Jahren, als die Kassen gut gefüllt waren, wurden Hochgeschwindigkeitsstrecken für Züge geplant, es wurden Bahnhöfe für irre Summen tiefergelegt, während unser bestehendes Schienennetz unter den Zügen wegbröckelte. Es wurde jede Woche eine neue Umgehungsstraße in Bayern eingeweiht, Wasserstoffzentren mitten im Nirgendwo in der bayerischen Provinz aufgebaut, während in NRW die Brücken wegbrachen. Das waren die Prioritäten der letzten CSU-Verkehrsminister. Und deshalb: Jede Häme und jedes Fingerzeigen auf andere ist wirklich unangebracht. Wir müssen uns ehrlich machen: weniger Versprechen und dafür mehr Versprechen halten. Die Union fordert mehr Geld für investive Mittel, für Personal und Behörden. So weit, so nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist, dass sie, wissend um diesen Zustand, sich jeder seriösen Finanzierungsdiskussion verweigert. Sie bestehen auf der Schuldenbremse, lehnen einen Infrastrukturfonds ab. Nur um das einzuordnen: Der BDI spricht von 158 Milliarden Euro, die allein für die Verkehrsinfrastruktur in den kommenden Jahren benötigt werden. Selbst wenn Sie allen ukrainischen Flüchtlingen die Unterstützung zusammenstreichen, wie von Dobrindt – auch so ein großartiger ehemaliger Verkehrsminister – vorgeschlagen, kommen Sie nicht annähernd auf die Summen, die wir benötigen, um die Infrastruktur zu sanieren. Es ist gut, wenn wir gemeinsam offen und ehrlich den Zustand unserer Infrastruktur ansprechen. Ich verweigere mich dieser Debatte nicht. Seriöser und glaubwürdiger wäre sie aber, wenn Sie auch Bereitschaft zeigen würden, sich an der Lösung zu beteiligen, und hier und da auch mal ein bisschen Selbstkritik üben würden. Dann könnte ich diesen Antrag auch ernst nehmen. Aber er zeigt eigentlich nur Ihre Ideen- und Planlosigkeit und dass Sie nicht Teil der Lösung sein wollen. Vielen Dank.