Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Ankündigungen, die eine gewisse Erwartungshaltung schaffen. Die Union hat uns ja – die Kolleginnen und Kollegen können das bestätigen – sehr häufig im Wirtschaftsausschuss kritisiert, dass wir mit ihnen nicht über Wirtschaft sprechen wollten. Deswegen haben Sie es jetzt über einen formalen Weg geschafft, einen Antrag aus dem September ins Plenum zu hieven. Nun war meine Erwartungshaltung exorbitant. Ich habe gedacht, jetzt komme ein Feuerwerk an Argumenten. Da sich Julia Klöckner im Ausschuss besonders dafür eingesetzt hat, bin ich natürlich traurig, dass sie nicht selbst gesprochen hat, und Jens Spahn muss sich wahrscheinlich von der Debatte eben noch erholen. Dann hatte also Herr Wiener das Vergnügen, zu diesem Thema zu sprechen. – Da ist er ja! Herzlich willkommen, Herr Spahn! Und dann tritt Herr Wiener hier auf und verteilt Noten. Lieber Herr Wiener, wer als Lehrer auftreten und Nachhilfestunden geben will, muss erst einmal beweisen, dass er es besser kann als die Schüler. Und wenn Sie diese Aufteilung hier im Hause suchen, muss ich Ihnen sagen: Herr Wiener, in den letzten Jahren des Regierungshandelns der letzten Regierung Merkel hat die Union nicht zwingend bewiesen, dass sie von Wirtschaftspolitik wirklich mehr versteht als diese Ampel. Wenn man Ihre Anträge liest, hat man ja den Eindruck, man befinde sich in Deutschland in einem postapokalyptischen Land, in dem es nicht möglich sei, wirtschaftlich tätig zu sein. Dann werden hier Behauptungen aufgestellt, die nun eindeutig nicht stimmen. Sie schreiben in Ihrem Antrag: „Die Stimmung in der Wirtschaft wird von Woche zu Woche schlechter.“ Das ist erwiesenermaßen falsch. Der ifo-Index ist von 85,2 Punkten im Januar auf 88,6 Punkte im Juni gestiegen. Bei allem wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf – wir wollen die Situation nicht schönreden – sollte man doch bitte bei den Fakten bleiben. Dann zum Thema „unterlassene Hilfeleistung“. Nein. – Zum Thema „unterlassene Hilfeleistung“. Wie stehen Sie denn zur Ratifizierung von CETA, zum Bürokratieentlastungsgesetz IV, zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz, zur Abschaffung der EEG-Umlage, zur Senkung der Stromsteuer für viele Wirtschaftsbetriebe, zum Wachstumschancengesetz, zum Planungsbeschleunigungsgesetz und zum hoffentlich bald erscheinenden Dynamisierungspaket? Ist das alles unterlassene Hilfeleistung? Ich kann das nicht als solche beurteilen. Natürlich kann ich Ihre Aufregung darüber, wann das Dynamisierungspaket kommt, in gewisser Weise verstehen. Aber zumindest die Kollegin Klöckner und der Kollege Spahn müssten das aus eigener Erfahrung genau wissen. Dieses Paket wird im Moment zwischen den Ministerien verhandelt. Und aus unserer Sicht ist es sinnvoller, es dann gemeinsam mit den Haushaltsplanungen zu debattieren und zu beschließen. Dann stellt sich für mich beim Thema „unterlassene Hilfeleistung“ noch eine Frage – das ist eben ein bisschen angeklungen –: War es nicht, meine Damen und Herren, unterlassene Hilfeleistung, dass Sie das Wachstumschancengesetz kleiner gemacht haben, als die Bundesregierung es eigentlich haben wollte? Warum haben Sie das getan? Wenn Sie schon mit dem schwierigen Begriff der unterlassenen Hilfeleistung arbeiten möchten, dann sollten Sie bitte vorsichtig sein. Eine letzte Bemerkung. „Same procedure as every year“ bzw. „every week“: Sie stellen wunderbare Forderungen auf, für Steuerfreiheit, für mehr Geld für Investitionen. Sie bleiben aber wie immer die Antwort schuldig, wie Sie das denn finanzieren wollen, und das, meine Damen und Herren von der Union, ist einfach unehrlich. Wenn Sie mit uns über Wirtschaft debattieren wollen, dann kommen Sie nicht mit Anträgen aus dem September, sondern bringen Sie aktuelle Zahlen. Danke schön.