– Haben Sie sich gerade reden hören? Frau Präsidentin, vielen herzlichen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen! Sie können das hier so machen. Sie können mich auch hier so angehen. Sie können auch so tun, als wüssten Sie nicht, wie die Lage im Frühjahr 2020 gewesen ist, wie es war in der ersten Welle, als die Welt – – Also, wie war es in der ersten Welle? Chaos auf der ganzen Welt, maximale Unsicherheit. Ich frage mich schon: Haben Sie vergessen, dass weltweit auf einmal eine Maskennachfrage bestand? Haben Sie vergessen, dass der größte Exporteur von Masken, China, auf einmal nicht mehr exportierte und den Markt zugemacht hat? Haben Sie vergessen, dass Klinikdirektoren gesagt haben: „Wenn ich nächste Woche keine Masken habe, werde ich hier den Betrieb einstellen“? Haben Sie vergessen, dass Pflegekräfte zu Recht gesagt haben: „Ihr schickt uns hier an die Front mit einem neuen Virus, aber ihr schützt uns nicht“? Haben Sie das alles vergessen? Ich erinnere mich jedenfalls noch sehr gut daran, wie es damals war. Es ging um Menschenleben, und ja, wir brauchten Masken. Und ja, wir haben Masken beschafft. War es teuer? Ja. War es teilweise chaotisch? Ja. So ging es allen Ländern auf der Welt. Und ich kenne niemanden, der damals gesagt hat: Passt aber bloß auf, dass die Preise nicht zu hoch sind! – Ich kenne aber ganz viele, gerade aus den Reihen der Grünen, die gesagt haben: „Besorgt Masken um jeden Preis“, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Übrigens nur mal zu den Mengen: 5 Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen, zwei Masken am Tag – was im Gesundheitswesen nichts ist –, das sind schon über 3 Milliarden Masken im Jahr. Wer das Gesundheitswesen schützen will und nicht weiß, ob es eine zweite, eine dritte Welle gibt, wer nicht weiß, ob China erneut zumacht, der muss doch Vorsorge treffen in einer solchen Situation. Und das haben wir gemacht, nach der Devise: Haben ist besser als brauchen. Der heutige Bundeskanzler war als Finanzminister eingebunden, und er hat zu Recht – und ich bin dankbar dafür; wir haben oft darüber gesprochen – das Geld zur Verfügung gestellt. Glauben Sie eigentlich, der Gesundheitsminister kann alleine über diese Summen verfügen? Ich war mehrfach im Haushaltsausschuss, zu Recht stundenlang, und habe natürlich en détail dargelegt, warum wir wie viele Masken brauchen. Und da Sie das Gerichtsurteil von letzter Woche aufgreifen: Ich frage mich so ein bisschen, wie ich diese Debatte verstehen soll. Es geht um Masken, die in schlechter Qualität angeliefert wurden, die nicht angenommen worden sind. Dagegen klagen die Lieferanten; das ist ihr gutes Recht. Aber ich frage mich: Was hätten wir denn eigentlich tun sollen Ihrer Meinung nach? Hätten wir die 2 Milliarden Euro zahlen sollen für Masken von schlechter Qualität? Das wäre ein Schaden für den Steuerzahler gewesen. Und ja, mit dem Wissen von heute würde ich manche Entscheidung anders treffen, ohne Zweifel. Und ja, auch das Open-House-Verfahren kann ich in einer solchen Lage mit dem Wissen von heute nicht empfehlen. Ich finde, das sollte die Ausgangsposition in der Aufarbeitung dieser Pandemie sein: einerseits zu überlegen, was wir mit dem Wissen von heute anders machen würden, andererseits dabei nicht zu vergessen, wie das Wissen von damals war und unter welchen Umständen wir entschieden haben. Dass Sie Entscheidungen hier aufgreifen und skandalisieren, ist Ihr gutes Recht; tun Sie das. Ich bin nur ganz neidisch auf diejenigen, die im Nachhinein schon alles vorher gewusst haben. Dieses Privileg hatten wir nicht. Wir mussten in der Not entscheiden. Deswegen, Frau Piechotta und auch Herr Dahmen – Sie haben sich heute hier nicht geäußert, aber ich sehe ja, was Sie an anderer Stelle öffentlich äußern –, sage ich das auch Ihnen beiden persönlich: Sie agieren hier maßlos in Ihren Vorwürfen gegen mich, maßlos in Ihren Verschwörungstheorien und Mutmaßungen, maßlos – – Sie reagieren maßlos in Ihrem Furor. Sie machen das Geschäft der Coronaleugner und sind sich dessen nicht einmal bewusst. Das ist das eigentliche Problem. Abschließend, Frau Präsidentin: Ja, wir sollten diese Pandemie aufarbeiten. Aber die Stärke in der Zeit dieser Pandemie war – das zeigen Umfragen übrigens bis heute –, dass eine große, breite Mehrheit der Gesellschaft unsere Pandemiepolitik mitgetragen hat. – Ja, auch Sie, ausdrücklich. – Ich bin dankbar dafür, dass wir im internationalen Vergleich ziemlich gut durch diese schwere Zeit gekommen sind. Deswegen würde ich mir wünschen, dass die Aufarbeitung dieser Zeit nicht im parteipolitischen Kleinklein endet, in maßlosem, haltlosem Furor und Vorwürfen, sondern dass wir die Coronapolitik genauso breit aufarbeiten, wie wir sie in der Breite miteinander getragen haben.