Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Herr Sorge, indem Sie für so ein aktuelles Thema, das wir hier in der Aktuellen Stunde aufgreifen, den Begriff „Niederträchtigkeit“ verwendet haben, haben Sie sich voll und ganz in der Tonlage vergriffen. Dafür sollten Sie sich entschuldigen. Denn es geht hier um ganz viel. Wurde das Geld in der Pandemie mit vollen Händen verteilt? Wurden Masken zu großzügig bezahlt? Haben laxe Regeln zu Goldgräberstimmung geführt und dazu eingeladen, sich zu bereichern? Mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates muss aufgeklärt werden, ob Verfahrensfehler gemacht und Steuermittel vergeudet wurden oder wo korrupt gehandelt wurde. Das ist doch wohl selbstverständlich, und deshalb verstehe ich überhaupt nicht die Aufgeregtheit auf der Seite der CDU/CSU. Jeder Steuer-Euro, der nicht zielgerichtet ausgegeben wird, ist einer zu viel. Das gilt grundsätzlich, und das gilt umso mehr in einer so angespannten Haushaltslage, wie wir sie haben. Es gilt aber auch der Grundsatz „In dubio pro reo“, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. „Niemand ist an einer Pandemie schuld. Die Pandemie ist uns zugestoßen“, das hat Alena Buyx, die frühere Vorsitzende des Ethikrates, gut auf den Punkt gebracht. Sie warnt zu Recht davor, jetzt in der Rückschau den Fehler zu machen, zu vergessen, wie die Situation damals war. Versetzen wir uns noch einmal zurück in das Jahr 2020: Die Bilder aus Bergamo haben uns tief berührt, ja aufgewühlt, und sie haben uns angetrieben, alles zu tun, was uns vor einer solchen Katastrophe schützen kann. Jeder Tag begann doch damit, auf die Inzidenzentwicklung zu blicken. Das tödliche Virus traf vorrangig ältere und gesundheitlich vorbelastete Menschen. Sie zu schützen, war unser aller Wunsch. Nach einem relativ ruhigen Sommer bereiteten wir uns dann auf die zweite Welle im Herbst und Winter vor. Monatelang hatte es nicht ausreichend Schutzausrüstungen gegeben, nicht einmal für das medizinische und pflegerische Personal. Erinnern wir uns doch, wie von Burladingen bis Mönchengladbach statt Hemden Stoffmasken genäht wurden. Automobilzulieferer stellten Beatmungsgeräte und Brauereien Desinfektionsmittel her. Gleichzeitig war der Schutz durch Impfung noch nicht möglich. Wie sollte da Weihnachten gefeiert werden, ohne dass dieses Familienfest zum Spreader-Event wurde? Nein, für diese einzigartige Pandemiesituation gab es kein Drehbuch. Es war eine aufwühlende Zeit, und bis heute sind etliche Nachwirkungen zu spüren, die viele von uns bewegen und die wir als Gesellschaft bewältigen müssen. Selbstverständlich haben wir als SPD in dieser Situation die notwendigen Entscheidungen mitgetragen, Masken zur Verfügung zu stellen und diese auch innerhalb kürzester Zeit zu beschaffen; denn jede Maske hat dazu beigetragen, Gesundheit zu schützen und, ja, auch Leben zu retten. 80 Millionen Menschen mit Schutzmasken zu versorgen, war eine Riesenherausforderung unter den Bedingungen der Pandemie, die alle Länder weltweit herausgefordert haben. Ja, die ehemalige Ethikratsvorsitzende hat recht, dass wir heute mit der Brille von damals auf die Ereignisse schauen müssen. Trotzdem ist es unbedingt notwendig, bei solch horrenden Summen, die hier im Raume stehen, auch genau hinzuschauen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist, ob dieses Open-House-Verfahren richtig war oder nicht oder ob es nicht gerade die Goldgräberstimmung angeheizt und womöglich Tür und Tor für Scharlatane geöffnet hat. Das alles muss mit maximaler Transparenz geklärt werden. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wenn einige damals dachten, sie könnten hier Maskenball feiern und diese Mangelsituation für ihre persönlichen Interessen nutzen, dann kommt jetzt der Zeitpunkt, wo das Fest zu Ende ist und die Masken fallen müssen. Dann muss sich auch der ehemalige Minister, der heute hier ist und der sonst an diesem Pult regelmäßig das große Wort führt, öffentlich zu diesen Vorgängen erklären. Schließen möchte ich an der Stelle mit einer alten Weisheit: Nichts ist so fein gesponnen, dass es nicht kämʼ ans Licht der Sonnen. Vielen Dank.