Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ja schon mal an dieser Stelle gesagt, dass ich glaube, dass das „C“ in CDU/CSU womöglich für das Wort Chuzpe stehen könnte. Anders kann ich mir schon den ersten Satz in Ihrem Antrag nicht erklären. Über diesen ist auch schon mein Kollege Thomae gestolpert. Ich zitiere: Dabei wissen Sie doch ganz genau, dass sich die Migrationspolitik in Deutschland und in der Europäischen Union in den letzten zwei Jahren ganz massiv geändert hat. Denn anders als die CDU/CSU haben wir verstanden, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, das Einwanderung in seinen Arbeitsmarkt erleichtern und Einwanderung in den Sozialstaat erschweren muss. Deutschland ist ein starkes und weltoffenes Land, in dem knapp 25 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund leben. Als diese Koalition vor gut zwei Jahren angetreten ist – fünf Jahre nach Start der Migrationswelle von 2017/18 –, war der migrationspolitische Instrumentenkasten leer. Ich wiederhole das noch mal: leer. – Nein, das stimmt. Wir haben in den letzten knapp zwei Jahren eine Vielzahl migrationspolitischer ordnender Elemente in diesen Werkzeugkasten gelegt, was Ihnen nicht gelungen ist. Darauf bin ich als liberale Migrationspolitikerin stolz, und das lass ich mir auch von niemandem nehmen. Wir haben ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das ermöglicht, anstatt verhindert, ein Staatsangehörigkeitsgesetz, durch das keine Antisemiten mehr eingebürgert werden können, so wie das mal der Fall war, ein Rückführungsgesetz, das Abschiebungen beschleunigt, wenn die Länder mitmachen, ein Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, das dafür gesorgt hat, dass sich Gerichtsverfahren endlich deutlich verkürzt haben, eine bundesweite Bezahlkarte, die falsche Anreize verringert, eine Vielzahl von Migrationsabkommen – Georgien und Moldau sind weitere sichere Herkunftsstaaten – und die gelungene europaweite Vereinbarung einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Wer vor diesem Hintergrund behauptet, es müsste jetzt endlich mal was gemacht werden in der Migrationspolitik, ist schon ziemlich frech oder hat einfach keine Ahnung. Das ist für eine konservative Oppositionspartei einfach nicht gut. Zu Ihren inhaltlichen Forderungen. Ich werbe hier für drei Dinge. Erstens. Setzen wir doch jetzt endlich die auf europäischer Ebene und deutscher Ebene beschlossenen Dinge einmal sauber und konsequent um. Lassen wir diese doch mal wirken. Ich spreche hier ganz konkret von GEAS, von der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Kaum ist die Tinte unter der GEAS-Reform trocken und kaum hat die Kommission am 12. Juni den Implementierungsplan vorgelegt, sollen wir Ihrer Ansicht nach schon wieder an dieser mühsam zustande gekommenen Vereinbarung rütteln. Ich glaube, Sie haben überhaupt nicht verstanden, dass das ein Paket ist, eine mühsam errungene Paketlösung. Die kann man doch jetzt nicht beliebig wieder aufschnüren, ohne dass damit das ganze Gefüge der Reform wieder ins Rutschen gerät. Daran sollte sich Deutschland schlicht nicht beteiligen. Das von Ihnen kritisierte Thema „Verbindungselement zu einem Drittstaat“ soll ja schon in einem Jahr wieder evaluiert werden. Das ist eine vernünftige Sollbruchstelle. Lassen wir es dabei. Zweitens. Ich werbe dafür, dass unsere geschätzte Bundesinnenministerin zum Thema Asylverfahren in Drittstaaten tatsächlich jetzt einmal Butter bei die Fische tut. Dafür möchte ich der Ministerin ausdrücklich Mut machen. Sogar Herr Throm gibt zu, dass es kein Allheilmittel ist, und ich kann das Zögern gut verstehen, aber ich denke, dass es sich lohnt, den Versuch zu wagen. Ja. Herr Kollege Throm, ich hoffe, auch Sie haben die Ergebnisse der Evaluierung gelesen. Dort steht ja ausdrücklich, dass ein Drittstaatenmodell rechtlich möglich ist, dass es aber auf große praktische Schwierigkeiten stößt. Deswegen – das wäre jetzt die Fortsetzung meiner Rede – werbe ich ausdrücklich dafür, dass wir mal ein Pilotprojekt starten, wo es sinnhaft ist. – Das muss nicht geändert werden. Es ist ausdrücklich möglich. Ich sehe da kein Problem. Das ist ja auch das Ergebnis der Evaluation der Expertenkommission. Deswegen werbe ich jetzt ausdrücklich dafür, dass wir ein konkretes und sinnhaftes und nicht allzu koloniales Pilotprojekt identifizieren und dass das auch schnellstmöglich umgesetzt wird. Ich gehe fest davon aus, dass dafür keine GEAS-Reform notwendig ist. – Das glaube ich nicht. – Das wäre also meine zweite Forderung gewesen: dass wir jetzt unbedingt ein sinnhaftes Pilotprojekt brauchen. Drittens. Mein letzter Punkt ist: Anstatt dass wir jetzt den Dobrindt machen und die Ukrainer zu Buhmännern, sollten wir lieber prüfen, wie wir Menschen bei uns insgesamt schneller – – und ohne Umwege in die Arbeit bekommen. Das betrifft Asylbewerber genauso wie Bürgergeldempfänger. Das scheint mir für den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt der deutlich bessere Weg zu sein. Schluss mit populistischem Geklapper! Vielen Dank.