Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen vor allem von der CDU/CSU-Fraktion! Wenn man auf elf Seiten 68 Einzelfragen auflistet, dann besteht die Möglichkeit, dass man total an der Materie interessiert ist: Man arbeitet sich rein, man setzt auf Erkenntnisgewinn und ist die „Serviceopposition“. Dann ist es aber auch ein bisschen komisch, dass man gar nicht die Antworten auf diese Fragen abwartet, sondern jetzt schon darauf besteht, dass wir hier diese Fragen diskutieren. Das kann man dann wohl eher als Arbeitsnachweis verbuchen. Um, Herr Sorge, auch auf das von Ihnen angesprochene Phänomen der Abwesenheit unseres Gesundheitsministers zu sprechen zu kommen: Er hatte jetzt zwei Möglichkeiten: entweder Ihren Arbeitsnachweis hier zu diskutieren bzw. der Diskussion zu folgen oder jetzt aktuelle Gesundheitspolitik zu machen, nämlich an einer Verhandlungsrunde zu einem der Gesetze teilzunehmen, die wir in dieser Woche noch auf der Tagesordnung haben. Ich bin sehr froh, dass der aktuelle Gesundheitsminister arbeitet und sich nicht in den Beschäftigungstherapien der sogenannten Serviceopposition ergeht. Von wem? Von Frau Zeulner würde ich die Frage zulassen, ja. Ich muss mich erst mal bei allen Kolleginnen und Kollegen entschuldigen. Ich werde natürlich genauso lange antworten, wie es nötig ist, und das verlängert die Debatte dann entsprechend. Ich würde tatsächlich davon abraten, für alle Probleme, die wir berechtigterweise diskutieren, einfach dieses Tuch Enquete-Kommission hier in den Raum zu hängen. Es ist ja nicht so, dass wir für die verschiedenen Fragestellungen nicht auch Konzepte hätten. Ein Konzept, das unsere Partei zum Beispiel seit Langem verfolgt – den Namen traut man sich fast gar nicht mehr auszusprechen, weil er in der öffentlichen Debatte so verbrannt ist –, ist die sogenannte Bürger/-innenversicherung. Es ist schon komisch, dass Abgeordnete Ihrer eigenen Fraktion dieses Konzept wieder rausziehen, es aber nicht in dem Moment nutzten, in dem sie selber Regierungsverantwortung trugen, sondern jetzt, wenn sie in der Opposition sind. Das können Sie sich gerne angucken. Es sind Ihre Kolleginnen und Kollegen, die das fordern und es total zu Recht als Antwort formulieren. Also, es ist nicht so, dass wir uns nicht schon seit Jahren und Jahrzehnten Gedanken darüber gemacht hätten, wie wir die Einnahmeseite gut, gerecht und fair aufstellen, sodass die breiten Schultern eben auch mehr tragen, sodass alle gut versorgt sind und nicht die Folgekosten dann doch wieder bei der Gesellschaft hängen bleiben, wenn wir nämlich Menschen am Ende doch versorgen, weil auf dem Weg dahin viel schiefgegangen ist. Deswegen: Ja, die Konzepte gibt es. Aber eine Enquete-Kommission, glaube ich, brauchen wir in dem Zusammenhang nicht. Um es für das Publikum vielleicht noch mal zu erläutern: Eine Enquete-Kommission ist in vielen Fällen gut, wenn man sich neu mit einem konkreten politischen Thema auseinandersetzen und dazu Sachverständige hören möchte. Aber es gibt auch so ein paar Themen, da ist sie eigentlich eher eine Selbstdarstellung von Politikerinnen und Politikern. Man kann sich schön hinsetzen, Leute vorführen und angeblich versuchen, Dinge aufzuarbeiten, wobei man nicht berücksichtigt, was für einen Stand wir sowohl in der Wissenschaft als auch in der politischen Debatte schon haben. In diesem konkreten Fall: Wir machen uns über diese Themen Gedanken. Wir diskutieren sie. Wir haben Konzepte, und zwar seit Jahrzehnten. Wir konnten mit Ihnen viele leider nicht umsetzen. Deswegen wäre es gut – es ist schön, wenn es jetzt in Ansätzen die Offenheit dafür gibt –, eine solidarische Sozialversicherung mal konsequent zu Ende zu denken, was wir in der Zeit, in der die Möglichkeit dazu da gewesen wäre, eben nicht getan haben und so vieles nicht mit auf den Weg gebracht haben. Vielen Dank, Frau Kollegin. – Dann mache ich weiter mit der eigentlichen Rede. Ich muss den Satz einfach noch mal sagen. Eigentlich sollte das Prinzip sein – ich dachte, das ist eigentlich eher ein konservatives –: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ bzw. „Handle in der Zeit, dann erntest du die Erfolge in der Not“. Es gab Jahrzehnte, in denen die Situation eine andere und bessere war, in der wir uns nicht darauf vorbereitet haben. Zu behaupten, die Tatsache, dass die Versicherungsbeiträge jetzt in dieser Legislatur steigen, sei den paar Monaten bis wenigen Jahre seit Bestehen dieser Koalition geschuldet, ignoriert das jahrelange Rollen der demografischen Welle, auf das eben nicht entsprechend reagiert worden ist. – Zur Anfrage habe ich jetzt, glaube ich, genug gesagt. Ein Vorschlag, für den wir offen wären, wäre einer, der eben nicht nur etwas an der Ausgabenseite ändern würde. Denn man muss sich fragen: Welche Lösungen sind eigentlich in dieser Anfrage versteckt? Sie haben sie natürlich vor gewisse Vorzeichen gestellt. Sie wollen da auf etwas hinaus, und ich frage mich: Was ist das? Entweder wir machen „Linke Tasche, rechte Tasche“. Wir nehmen jetzt vielleicht von dem einen Etat im Haushalt ein bisschen was weg und schieben das in den anderen rein; kann man machen. Das Geld fehlt uns dann aber an einer anderen Stelle. Oder – das ist, glaube ich, worauf Sie eigentlich hinauswollen; denn das kam immer mal wieder von der Union – wir reden über Leistungskürzungen. Eigentlich reden wir darüber, dass wir nicht mehr allen Menschen die gleiche gesundheitliche Versorgung angedeihen lassen, dass wir Menschen nicht so versorgen, wie wir das eigentlich möchten, um dann damit einzusparen. Genau das Gegenteil ist richtig: Wir müssen investieren, in Gesundheit, in Prävention. Das sind die Bereiche, in denen wir in den letzten Jahren vielleicht auch ein bisschen zu wenig Geld in die Hand genommen haben, gerade in der Prävention. Trotzdem ist es diese Regierung, die jetzt gerade einen hohen Reformstau bewältigt. Es ist dieser Minister, der die Dinge gerade angeht. Und ich brauche, glaube ich, niemandem mehr zu erklären, gegen welchen öffentlichen Druck das teilweise geschieht. Es wurde von einigen heute schon betont, wie sinnvoll, wie wichtig und vor allem wie alternativlos die Krankenhausreform im Gesundheitswesen ist. Es ist dann schon komisch, wenn man sich hinstellt und sagt: Genau das brauchen wir. Wir müssen die Ressourcen sparen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir auch morgen genug Fachkräfte haben. Wir können nicht mehr Geld hineinstecken als das, was wir im Vergleich zu anderen Staaten prozentual vom Bruttoinlandsprodukt ohnehin schon hineinstecken. – Wir müssen da einfach ehrlich sein, dass wir an die Strukturen heranmüssen. Da kann man nicht auf der einen Seite das eine fordern und auf der anderen Seite in jedem Einzelfall doch wieder dagegen argumentieren, weil es sich draußen richtig anfühlt. Deswegen: Liebe Union, ich würde mit dem Mantra schließen wollen, das wir dann immer sagen: Erst kommt das Land, dann die Partei. Es kann total sein, dass wir, dass dieser Gesundheitsminister in dieser Legislatur Dinge auf den Weg bringen wird, deren Erfolge wir nicht mehr ernten. Und ich glaube, ich hoffe, ich bin mir sehr sicher, dass wir uns in fünf, in zehn Jahren umdrehen und sagen werden: Es wäre richtig schiefgelaufen, wenn wir zum Beispiel diese Reform jetzt nicht gemacht hätten. Und wenn dann Sie hier sitzen und ich vielleicht nicht mehr, werde ich mich vielleicht ein kleines bisschen ärgern, aber eigentlich nicht so sehr, weil es sinnvoller und richtiger ist, dass die Dinge, die gemacht werden müssen, gemacht werden. Erst kommt das Land, dann die Partei. Es geht darum, dass wir uns richtig aufstellen. Es geht darum, die Gesundheitsversorgung für die Menschen weiterhin zu sichern, nicht mit Schaufensterdebatten, sondern mit dem, was wir hier tatsächlich tun, niemanden in Angst zu versetzen, sondern die richtigen Wege zu gehen. Und das machen wir weiterhin, solange wir das können.