Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese Aktuelle Stunde heute vor einem aktuellen Hintergrund beantragt. Die Kollegin Mareike Lotte Wulf – sie sitzt hier unter uns – hat in der vorletzten Woche an der Uni Göttingen einen Vortrag halten wollen. Ich lese einfach mal vor, was der NDR darüber berichtet hat: Der Veranstalter sagte: Nachdem die Raumkapazitäten erschöpft waren, durchbrachen 50 bis 100 Randalierer die Einlasskontrolle und stürmten den Hörsaal. – Und damit man ein Gefühl dafür kriegt, was die Kollegin persönlich ertragen musste: Sie musste am Ende unter Polizeischutz herausgeführt werden. Das klingt hier im warmen Plenarsaal des Bundestages alles nicht so heiß wie in der Hitze dieses Hörsaals, liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Das Problem dabei ist: Es ist kein Einzelfall. Und es ist eben nicht so, dass wir hier alle geschlossen sind. Denn in dem Artikel geht es weiter: Ich hätte mir schon gewünscht, hier auch eine deutliche Distanzierung von den Kolleginnen und Kollegen zu hören. Das schließt auch leider an das an, was in meiner Heimat Düsseldorf vor nicht allzu langer Zeit, im Mai, passiert ist: eine Demo mit 150 Menschen vom Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband und der Gruppe Students for Palestine, die dann mit eindeutigen Symbolen über den Campus gezogen sind und „Free Gaza! Free Palestine!“ geschrien haben, und auch das mit Unterstützung von Campusgrün. Deshalb wäre es wichtig, dass Sie an dieser Stelle intern auch einfach mal ein Stück weit gegenüber den eigenen Parteigängern klarmachen, wo die roten Linien sind. Das Thema Antisemitismus hat uns heute Morgen in der Anhörung des Ausschusses sehr beschäftigt. Ich muss an der Stelle, glaube ich, nicht wiederholen, was meine Kollegen schon gesagt haben; aber wir haben hier wirklich etwas zu tun. Zuletzt hat an der Humboldt-Uni die Richterin des Obersten Gerichts Israels Daphne Barak Erez ihren Vortrag nicht halten können. Sie wurde niedergeschrien, er musste abgebrochen werden. Wir sorgen uns in der Tat um die Diskussionskultur, die wir hier mittlerweile haben. Es gibt viele weitere Dinge: Klimaaktivisten haben Hörsäle besetzt, Veranstaltungen sind dafür ausgefallen. Es gibt viele weitere Beispiele und Themen dafür. Ich finde, hier müssen wir uns gemeinsam positionieren. Gerade wenn es um das Thema Antisemitismus geht, will ich jetzt an der Stelle auch noch einmal sagen – hören Sie mal auf zu krakeelen, Frau von Storch! –: Wir haben hier im Februar ein Angebot gemacht und sind auf Sie zugegangen. Diese wichtige Anhörung heute Morgen wollten wir gerne schon im März machen. Wir sind Ihnen sehr lange hinterhergelaufen. Und auch wenn die Frau Bundesministerin Stark-Watzinger sich jetzt als Jeanne d’Arc beim Antisemitismus aufspielt, muss ich leider sagen, ist die Reaktion aus den Reihen Ihrer Ampel verhalten gewesen. Wir haben hier einen Antrag mit 13 Punkten vorgelegt, wie man gegen Antisemitismus an Hochschulen und Bildungseinrichtungen vorgehen kann. Der wartet bis heute auf das erste gemeinsame Arbeitsgespräch, um ihn zu einen. Sie scheinen da auch untereinander uneinig zu sein, und das ist kein gutes Signal, das hier gesendet wird. Ich will auch sagen: Was die Personalie Geraldine Rauch betrifft, finde ich, muss man mal klar sagen, dass es inakzeptabel ist, dass die Präsidentin einer Hochschule antisemitische Dinge likt, dass sie am Ende Hakenkreuzbilder likt, dass sie am Ende auch noch ihren Twitteraccount löscht, von dem wir wissen, dass es dort noch weitere problematische Dinge gibt. Und die Uhr tickt bei den 30 Tagen, in denen diese Beweismittel wiederhergestellt werden können, die bald unwiederbringlich verloren sein werden. Es kann nicht richtig sein, an dieser Stelle einfach sitzen zu bleiben. Es ist sehr einfach, den Respekt vor der eigenen Meinung einzufordern, meine Damen und Herren. Aber worauf es ankommt, ist der Respekt vor der Meinung anderer, besonders dann, wenn sie eben nicht der eigenen Meinung entspricht.