Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Rede vom Ergebnis der Europawahlen gesprochen und haben gesagt: Dem müssen wir uns stellen. – Aber wo sind denn die Lehren aus dem Ergebnis der Europawahl? Die drei Ampelparteien haben massiv verloren; das war ein klares Misstrauensvotum der Bürgerinnen und Bürger gegen Ihre Politik. Die Bürger haben Ihnen eine klare Botschaft gesandt. Wir alle warten auf Ihre Antwort: Migration – tatenlos; Wachstumsschwäche – tatenlos; Wohlstandsverlust – tatenlos. Sie haben keinen Plan. Sie haben keinen Haushalt. Sie haben keine Idee für dieses Land. Manche bezweifeln, ob Sie überhaupt noch eine Koalition in diesem Land haben. Was haben Sie gemeinsam in dieser Woche schon wieder aufgeführt? In der FDP drohen 30 Abgeordnete mit dem Austritt aus der Ampel, wörtlich: „Ohne Schuldenbremse, ohne uns.“ In der SPD veröffentlichen die drei Fraktionsflügel gemeinsam ein Papier und schreiben: „Das Dogma der schwarzen Null bedeutet Stillstand“. Die Grünen interessieren sich sowieso nicht fürs Geld. Das klingt doch alles nicht nach Koalition. Das klingt doch schlichtweg nach Wahlkampf, was Sie hier betreiben. Herr Bundeskanzler, ich freue mich über Ihre persönliche Fitness, die Sie sich im Gegensatz zu den eher trägeren Jahren der Vergangenheit anscheinend zugestehen. Ich würde trotzdem nicht dazu raten, es mit den Sportvergleichen zu weit zu treiben; spätestens das Synchronschwimmen kann die Koalition nicht mehr für sich in Anspruch nehmen. Es fehlt Ihnen – und das ist wieder sehr deutlich geworden in dieser Woche – schlichtweg an einer gemeinsamen Basis für ein geordnetes Regierungshandeln. Herr Bundeskanzler, Sie haben darauf hingewiesen: Es wird schon irgendwie werden mit dem Haushalt; möglicherweise wird er im Juli noch irgendwie kommen. – Ich kann Ihnen im Namen der CDU/CSU-Fraktion zusagen: Wir sind jederzeit bereit, aus der Sommerpause zurückzukehren und die Vertrauensfrage zu beantworten, wenn Sie sie stellen. Aber Sie können uns das alles auch ersparen und die Vertrauensfrage in der nächsten Woche hier im Deutschen Bundestag stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir stehen in der Tat nicht nur vor einem Europäischen Rat, sondern auch vor einem NATO-Gipfel. Wir teilen Ihr klares Bekenntnis zur NATO und zur transatlantischen Sicherheitspartnerschaft. Aber, Herr Bundeskanzler, Sie fahren auch dorthin ohne einen Haushalt. Die NATO-Partner werden berechtigterweise die Frage stellen, ob Ihr Versprechen aus Ihrer Rede zur Zeitenwende, dass Sie 2 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Bundeswehr zur Verfügung stellen, noch gilt. Sie haben sich, anders als verabredet, in diesem Jahr bereits an den 100 Milliarden Euro Sonderschulden bedient, um den normalen Verteidigungshaushalt damit zu decken. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie beim NATO-Gipfel das klare Bekenntnis wiederholen: Deutschland steht zu seinen NATO-Verpflichtungen; Deutschland steht zum Einhalten des 2-Prozent-Ziels; Deutschland steht dazu, dass wir unsere Verpflichtungen bei der NATO vollumfänglich erfüllen. – Das haben Sie heute vermissen lassen, Herr Bundeskanzler. In Brüssel steht übrigens die Migrationsthematik auf der Tagesordnung. Letzte Woche haben Sie dazu eine Ministerpräsidentenkonferenz erfolglos abgeschlossen. Egal bei welchem Thema, die Bundesregierung verweigert die Lösung. Zurückweisungen an den Grenzen? Nein! Ermöglichung eines Drittstaatenmodells? Nein! Sie verweigern die Lösung. Das Zurückdrängen der illegalen Migration braucht aber schlichtweg einen Stopp und ein Durchbrechen der Logik der kriminellen Schleuserbanden. Und das bedeutet, dass Schutz durch Europa eben auch Schutz außerhalb der europäischen Grenzen bedeuten kann. Unsere Nachbarländer machen es uns vor. Dänemark, Italien und Großbritannien bereiten Drittstaatenmodelle vor. Es ist auch Ihre Aufgabe und Ihre Verantwortung, dafür Partnerländer in der Welt zu finden. Deutschland muss doch als der Hauptbetroffene der illegalen Migration auf europäischer Ebene Teil der Lösung für ein Drittstaatenmodell sein und nicht der Verhinderer eines Drittstaatenmodells. Es gibt in Deutschland eine Debatte auch darüber, warum zweieinhalb Jahre nach Putins Angriffskrieg die Integration von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt deutlich schlechter funktioniert als in allen unseren Nachbarländern. Wenn in Dänemark 80 Prozent der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert sind, in Deutschland aber nur 20 Prozent, dann gibt es dafür schlichtweg Gründe, und diese Gründe haben Sie gemeinsam zu verantworten. Das Bürgergeld ist die Arbeitsbremse, das Bürgergeld ist die Wachstumsbremse, das Bürgergeld ist die Integrationsbremse, und wenn Sie diese Bremsen nicht lösen, dann bleibt es dabei, dass die Arbeitsintegration nicht funktioniert. Herr Bundeskanzler, Sie haben am Tag der Industrie in dieser Woche wörtlich gesagt: „Es geht darum, … dass die Bürgerinnen und Bürger die Zuversicht zurückerlangen, dass es gut ausgeht für uns alle.“ Da schwingt zumindest die Erkenntnis mit, dass heute ein Teil der Menschen Zweifel daran hat, dass es gut ausgeht. Wie Sie für sich die Frage beantworten, ob Sie daran eine Mitverantwortung tragen, haben Sie in Ihrer Rede offengelassen. Ich sage Ihnen: Für die aktuellen Zahlen, was das Wirtschaftswachstum und das Ranking Deutschlands im internationalen Wettbewerb anbelangt, tragen Sie Verantwortung. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist erneut gesunken. Die Landesbank Baden-Württemberg sagt dazu: „Ein Aufschwung findet in Deutschland nicht statt … Und so richtet man sich allmählich in der Dauerstagnation ein.“ Dafür tragen Sie die Verantwortung. Das ifo-Institut bestätigt: Die Wirtschaftspolitik der Ampel trägt zur Verunsicherung bei. – Darüber muss man sich nicht wundern, wenn der Bundeswirtschaftsminister erklärt, das Heizgesetz sei ein Test gewesen, inwieweit die Gesellschaft bereit ist, den Klimaschutz zu ertragen. Mit so einer Einstellung kann man die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt doch nicht regieren. Mit so einer Einstellung kann man schlichtweg keine Politik machen. Wirtschaftspolitik muss doch mehr sein als „Jugend forscht“, Herr Minister. Deutschland ist kein Testgelände für links-grüne Ideologien. Lassen Sie sich das gesagt sein. Ich kann Ihnen sagen, wie die Bürgerinnen und Bürger Ihr Regierungshandeln wahrnehmen: Dauerstreit in der Regierung, Dauerstagnation in der Wirtschaft, Dauerfrust bei den Bürgerinnen und Bürgern. Deutschland hat deutlich mehr verdient als diese Regierung, meine Damen und Herren.