Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hühnerställe anstatt effizienter Gaskessel, das ist nur eines von vielen Beispielen für Klimaschutzprojekte in China, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Wenn bei Klimaschutzprojekten im Ausland seriös und nachweisbar Klimagase eingespart werden, können die Mineralölhersteller dafür Zertifikate erhalten, mit denen sie ihre Treibhausgasminderungsquote, also ihre Klimaziele im Verkehrssektor, erfüllen. Diese Option ist allerdings auf 1,2 Prozent gedeckelt; das ist in der ganzen Debatte noch gar nicht erwähnt worden. Jetzt wurde aufgedeckt, dass rund 60 dieser Projekte in China nur vorgetäuscht waren und erfundene Projekte zu Unrecht zertifiziert wurden. Branchenvertreter gehen von einem sehr, sehr hohen Schaden, einem Schaden in Milliardenhöhe aus. Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, dann haben wir es mit einem der größten Umweltskandale in der Geschichte der Bundesrepublik zu tun, meine Damen und Herren. Jetzt will ich einmal Folgendes klarstellen: Es handelt sich dabei um ein Kontrollversagen, um ein Vollzugs- und Kontrollversagen der zuständigen Behörden. Umweltministerin Lemke muss endlich handeln und umfassend aufklären. Sie kann sich nicht immer nur hinter dem Umweltbundesamt, einer nachgeordneten Behörde, verstecken und darauf verweisen. Sie selbst hat die Rechtsaufsicht, und sie selbst muss die politische Verantwortung dafür übernehmen. Die Zertifikate, die man für Klimaschutzprojekte erwerben kann, nennen sich UER-Zertifikate. Die Abkürzung UER steht für „Upstream Emission Reduction“; denn es geht um die Reduktion von Treibhausgasen bei der Erdöl- und Erdgasförderung. Durch das Verhalten dieser Bundesregierung steht UER für mich allerdings für „unfassbar, einfältig und ratlos“. Warum? Es ist unfassbar, wie lange es gedauert hat, bis das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium aufgrund des Kontrollversagens – liebe Frau Skudelny, Sie haben es immer noch nicht verstanden und mir anscheinend nicht zugehört – tätig wurden. Bereits im August 2023 erhielten sie erste Hinweise auf massive Verdachtsfälle. Warum hat es dann bis zum Mai dieses Jahres gedauert, bis das Umweltministerium eine neue Verordnung ins Kabinett eingebracht hat? Nach dem, was wir bisher gehört haben, drängt sich der Verdacht auf, dass das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt viel zu spät wirklich tätig geworden sind. Es hat acht Monate gedauert, bis erste von außen erkennbare Konsequenzen gezogen wurden. Das kann doch nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch die Ausrede, die wenigen Mitarbeiter im Umweltbundesamt hätten erst mal umfangreiche Fragen an die Zertifizierer stellen müssen, macht mich fassungslos. Wenn die Verantwortlichen im Umweltbundesamt die Indizien von Anfang an richtig ernst genommen hätten, dann hätten sie Personal umschichten müssen, und der Vollzug sowie die Kontrolle dieser Projekte hätten intensiviert werden müssen. Das Bundesumweltministerium als Aufsichtsbehörde hätte sich von Anfang an mit dem Kontrollversagen dieses Ausmaßes befassen müssen, aber nichts ist geschehen. Frau Lemke und Herr Messner, ich muss es leider so sagen: Es drängt sich der Eindruck auf, Sie haben Ihren Laden nicht im Griff, und Krisenmanagement können Sie anscheinend nicht. Das E in UER steht für mich für „einfältig“; denn geradezu einfältig ist die Herangehensweise bei der Kontrolle der Projektanträge. Der UBA-Präsident gibt selbst zu, dass der Abruf der Geodaten – Google Earth lässt grüßen – erst erfolgte, nachdem die ersten Verdachtsfälle gemeldet wurden. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Warum wurde ein solch einfaches Überprüfungsinstrument nicht schon vorher genutzt? Das hat selbst Frau Skudelny im Ausschuss hinterfragt. Dann wären dem Umweltbundesamt die Anlagen, die angeblich in der chinesischen Wüste stehen – und die es nicht gibt –, viel früher aufgefallen. Das ist doch die Wahrheit. Zu guter Letzt: Das Bundesumweltministerium handelt und argumentiert ziemlich ratlos; das R steht für mich für „ratlos“. Ihm fällt nichts Besseres ein – auch den Abgeordneten der Ampelkoalition nicht –, als mal wieder auf die Vorgängerregierung zu verweisen. Nur zur Kenntnis: 2018 hieß die sozialdemokratische Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Aber noch mal: Es handelt sich nicht um ein Versagen des Gesetzgebers, sondern um ein Vollzugs- und Kontrollversagen. Viele Fragen sind noch offen, die jetzt von Ihnen aufgeklärt werden müssen. Als Union fordern wir ein sofortiges Moratorium, bis die Aufklärung wirklich erfolgt ist. Wir werden mit all unseren parlamentarischen Mitteln an diesem Fall dranbleiben. Bundesumweltministerin Lemke muss sich dieser Verdachtsfälle nun endlich richtig annehmen und sie zur Chefsache machen; denn es ist allerhöchste Zeit. Vielen Dank.