Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schauen wir einmal auf die Privatwirtschaft! Dort ersparen digitale Meetings doch längst lange Wegstrecken. Auf die Idee, Dokumente auszudrucken und sie dann zu verschicken, kommt kaum einer mehr, wenn er nicht muss. Elektronische Kommunikation ist Alltag. Wir setzen alles daran, dass der Rechtsstaat hier nicht länger hinterherhinkt; denn ich bin überzeugt: Um weiterhin Akzeptanz zu finden, muss der Rechtsstaat transparenter und bürgerfreundlicher werden. Verfahren müssen beschleunigt werden, damit Bürger schnell zu Rechtsfrieden gelangen und Strafen der Tat möglichst auf dem Fuße folgen. Dies erfordert vor allen Dingen eine effiziente Digitalisierung der Arbeitsabläufe in der Justiz. Zu Zeiten der Vorgängerregierung ist hier kaum etwas passiert. Ist unser Minister heute ehrgeizig, ernsthaft, beharrlich, konsequent, eifrig und zupackend, war die Große Koalition damals inaktiv und träge. Es wundert daher nicht, dass eine Studie von Bucerius Law School, Boston Consulting Group und Legal Tech Verband der deutschen Justiz einen Digitalisierungsrückstand von 10 bis 15 Jahren im Vergleich zu Vorreiterstaaten attestiert hat. Damit das nicht so bleibt, haben wir uns als Koalition ambitionierte Projekte nicht nur vorgenommen, sondern viele davon auch schon umgesetzt. Bundesgesetze und Verordnungen werden beispielsweise ausschließlich online veröffentlicht, und Verfassungsbeschwerden können endlich auch digital eingereicht werden. Zum Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit konnten wir am vergangenen Mittwoch eine Einigung im Vermittlungsausschuss erzielen, die heute hier schon auf der Tagesordnung stand. In Zukunft werden Videoverhandlungen zur Selbstverständlichkeit. Gerichte werden einer Partei künftig im Regelfall auf ihren Antrag hin gestatten, per Videokonferenz an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen. Aber wir setzen nicht nur gesetzgeberische Impulse, sondern fördern auch digitale Projekte wie die Entwicklung einer bundesweiten Justiz-Cloud. Auch hinter dem heute vorliegenden Gesetzentwurf verbirgt sich eine ganze Reihe wichtiger Schritte – Schritte, die die Praxis herbeisehnt. Seit Jahren kommunizieren Rechtsanwälte und Gerichte digital miteinander. Dabei wurde jedoch nicht bedacht, wie die etwa im Fall von sogenannten Schriftsatzkündigungen manchmal notwendigen Originalvollmachten überhaupt noch mitgeschickt werden können. Das Problem lösen wir. Zudem schaffen wir noch eine Formfiktion, um die Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Bürger haben künftig die Möglichkeit, online oder per einfacher Mail einen Strafantrag zu stellen. Dadurch entfällt für sie regelmäßig der Weg zur Polizeidienststelle, zur Staatsanwaltschaft oder zum Amtsgericht. Zeit und Aufwand stellen somit keine Hindernisse mehr für die Strafverfolgung von Antragsdelikten dar. Das stärkt den Rechtsstaat. Angeklagte, ihre gesetzlichen Vertreter, Verteidiger sowie die Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaft können künftig auf ihren Antrag hin per Videoschalte an der Revisionshauptverhandlung teilnehmen. Dies ermöglicht flexiblere Terminierungen und somit einen zügigeren Abschluss der Revisionshauptverhandlung. Und inhaftierten Angeklagten, bei denen das Gericht sonst von einer Vorführung absehen würde, wird die Teilnahme überhaupt erst ermöglicht. Auch das stärkt den Rechtsstaat. Aber auch nach diesem Gesetz ist nicht Schluss. Wir werden die Digitalisierung der Justiz weiter entschieden vorantreiben. Wer rastet, der rostet. Mit dem Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung zum Beispiel werden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen künftig in mehr Fällen als bislang rein elektronisch beantragt werden können. Und wir wollen kurzfristig die Möglichkeit zur Erprobung eines umfassenden zivilgerichtlichen Onlineverfahrens schaffen. Nach jahrelanger Durststrecke holen wir bei der Digitalisierung der Justiz endlich auf. Und wir wollen spitze werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen später ein schönes Wochenende.