Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vom Wahlkampf zurück zum Thema Lieferkettengesetz. Das war, glaube ich, das Thema, das wir heute haben. Deswegen: Lassen Sie uns heute einfach mal über Schokolade reden! Trivial? Nein. Es ist ein Beispiel dafür, wie die Sorgfaltspflicht im Lieferkettengesetz, das Sie abschaffen wollen, überhaupt funktioniert. „Weniger schnacken, einfach machen“, das ist ein Spruch aus einem Interview mit dem Ritter-Sport-Chef Andreas Ronken. Der Schokoladenproduzent Ritter Sport ist eines von vielen Unternehmen, das sich seit Jahren für ein Lieferkettengesetz einsetzt und Achtung und Wertschätzung gegenüber Menschen und Umwelt fest in seinem Unternehmensleitbild verankert hat. In den letzten Jahren wurden Plantagen in den Hauptanbauländern Elfenbeinküste und Ghana von Dürren, Starkregen und Überflutungen getroffen. Auf den dadurch geschwächten Pflanzen breiten sich nun Pilze und Viren aus. Ein Teil der Ernte war und ist aktuell nicht mehr zu retten. Der Weltmarktpreis für Kakao stieg in der Folge von 2 500 Euro pro Tonne Anfang 2023 auf 7 300 Euro pro Tonne im April 2024. Deshalb braucht es Bauern, die gut und fair bezahlt werden und die sich genügend Wissen aneignen können, um mit umweltschonenden und modernen Anbaumethoden den Herausforderungen des Klimawandels zu trotzen. Produktionsbedingungen, die Menschenrechte und Umweltschutz achten, sind Investitionen in die eigene wirtschaftliche Zukunft. Meine Damen und Herren, Beschäftigte, Kunden, Investoren und die Öffentlichkeit interessieren sich durchaus für die Bedingungen, unter denen ein Produkt entsteht. Bleiben wir beim Kakao. Schokolade macht glücklich. Ich empfehle Ihnen eine Dokumentation aus der ARD-Mediathek: „Die Wahrheit hinter dem Schokohasen“. Dort wird gezeigt, wie Jungs im Alter von 10 bis 18 Jahren auf Kakaoplantagen arbeiten, sechs Tage die Woche, acht Stunden am Tag. Sie besitzen nichts außer ihrer Machete. Für ihr Essen müssen sie selbst sorgen, schlafen müssen sie in einem tristen Raum. Von ihren Eltern sind sie getrennt. Die Schule endete, wenn sie überhaupt stattfand, im Alter von zehn Jahren. Die meisten haben eitrige Wunden an den Beinen von den Macheten, mit denen sie Unkraut um die Kakaopflanzen wegschlagen müssen. „Gepflegt“ werden dort nur die Kakaobohnen, allerdings mit Pestiziden und Glyphosat. Das Verspritzen erfolgt ohne Schutzkleidung. Das Gift läuft beim Einfüllen in die Kanister über Hände und Beine. Gegen die Wirkung der Pestizide wird den Jungs empfohlen, Milch zu trinken. Das ist die Kehrseite der Schokoladenproduktion: schadstoffbelasteter Kakao, eine schadstoffbelastete Umwelt und Kinder ohne Zukunft. Also: Macht Schokolade glücklich? Man kann sich jetzt über die deutsche und die europäische Lieferkettenlösung streiten. Was ist besser: Berichtspflichten nach dem deutschen Lieferkettengesetz oder die Haftungslösung nach der europäischen Richtlinie? Man kann auch Unternehmen verstehen, die unter dem Lieferkettengesetz einen erheblichen Mehraufwand leisten müssen, weil sie viele Dutzend Zulieferer haben und weil ihre Produkte aus vielen Dutzenden Rohstoffen bestehen und nicht nur aus Kakao. Aber auch diese Unternehmen haben inzwischen Erfahrungen gesammelt, Recherchen betrieben, Mitarbeiter geschult und ihr Wissen dahin gehend geschärft, dass sie über ihre Lieferketten mehr wissen als vorher. Und das lassen wir den Bach runtergehen? Was ist das für eine Verschwendung von Wissensressourcen, was für eine Verschwendung von betrieblichem Know-how! Die Aufhebung des Lieferkettengesetzes, meine Damen und Herren der Union, ist ein Schritt in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft, und sie wird den Kompetenzen deutscher Unternehmer und Unternehmerinnen nicht gerecht. Also lassen Sie diesen Unfug! Unternehmen wollen Planungssicherheit, keine Rolle rückwärts. Schnacken Sie nicht, lassen Sie machen, damit Schokolade auch die Bauern und Erzeuger glücklich macht! Ziehen Sie Ihren Entwurf zurück! Herzlichen Dank. Glück auf!