Frau Präsidentin! Geehrte Kollegen! Wissenschaft ist, wenn ein Phänomen unklar und umstritten ist. Alles andere ist Lehrbuchwissen. Das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie gilt so lange, bis es von der nächsten Studie widerlegt ist. Es steht außer Frage, dass dieser Charakter der Wissenschaft als Widerstreit unterschiedlicher Positionen und Interessen viel zu wenig kommuniziert wird. Vielmehr werden vermeintliche wissenschaftliche Tatsachen als Keulen benutzt, um politische Entscheidungen zu verteidigen. Wer so vorgeht, der missbraucht nicht nur die Wissenschaft, sondern schädigt auch ihr Ansehen. Und doch kann kein Mensch in einer modernen Gesellschaft leben, ohne wissenschaftliche Erkenntnisse bei eigenen Entscheidungen zu berücksichtigen. Eine Wissenschaftskommunikation, die den Menschen dazu in die Lage versetzt, braucht zwei Voraussetzungen: erstens den mündigen, aufgeklärten und ausreichend gebildeten Bürger und zweitens eine ergebnisoffene, nicht wertende, nicht selektive Vermittlung aller wissenschaftlichen Standpunkte. Beides ist nicht im erforderlichen Umfang gegeben. Das Bildungsniveau befindet sich im freien Fall. Bevor wir über gelingende Wissenschaftskommunikation sprechen, muss der rasante Niedergang des Bildungssystems umgekehrt werden. Noch viel bedenklicher ist jedoch, dass wir bei vielen Themen, wie bei Corona, beim Klima, ja selbst bei biologischen Tatsachen, eine selektive Kommunikation erleben, die die jeweilige Regierungsagenda stärker widerspiegelt als die tatsächliche wissenschaftliche Debatte. Wer deutlich widerspricht, wird delegitimiert und aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen. Fragen Sie dazu mal beim Netzwerk Wissenschaftsfreiheit nach, das Sie wohlweislich aus allen Debatten zum Thema Wissenschaftskommunikation herausgehalten haben! Nehmen wir die Coronakrise als Beispiel. Diese führen Sie als gelungenes Beispiel der Wissenschaftskommunikation an. Doch das Gegenteil ist der Fall, wie wir spätestens aus den RKI-Protokollen wissen. Wer damals anmahnte, was auch RKI-intern diskutiert wurde, dass nämlich Schulschließungen, die Isolation alter Menschen oder dauerhaftes Tragen von Masken ernsthafte Schäden nach sich ziehe, wurde als Coronaleugner diffamiert. Das war keine Wissenschaftskommunikation; das war diktatorische Unterdrückung eines wissenschaftlichen Diskurses. Womöglich ist aber genau das gewollt; genau das ist gewollt. Karl Lauterbach jedenfalls plädiert in seinem Buch „Bevor es zu spät ist“ dafür, im Falle einer Notlage die Demokratie hinten anzustellen und ein Diktat der Wissenschaft zu etablieren. Das ist nicht nur wissenschaftlich blanker Unsinn; es wäre Verfassungsbruch. Sie fordern in Ihrem Antrag eine Fülle neuer Instrumente und Formate der Wissenschaftskommunikation. Wozu? Wir haben den von Ihnen so geschätzten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Setzen Sie sich doch dafür ein, dass der seinen Bildungsauftrag erfüllt, statt die Opposition zu bekämpfen! Sie bewerben mit Scicomm ein neues Instrument, um Wissenschaftler vor Anfeindungen zu schützen. Da habe ich gute Nachrichten für Sie: Dieses Instrument gibt es bereits; es heißt Polizei und Justiz. Widerspruch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle hingegen kann jeder erwachsene Mensch aushalten – erst recht in der Wissenschaft, wo Streit und Diskurs der Normalfall sind. Danke.