Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fanblock der AfD steht. Alles wird gut. Wenn Dummheit sich selbst beklatscht, dann weiß ich auch nicht weiter. Aber abgesehen davon kommen wir jetzt zum Ernsthaften. Frau Schimke verwies ja darauf, Denken sei bei uns verboten. Ich hatte eher den Eindruck, dass bei Ihnen Präzision, Mitgefühl und auch Erinnerung an die einst vorhandenen christlichen Wurzeln verboten sind. Vielleicht erinnern Sie sich noch ein bisschen daran. Präzision bietet übrigens insofern eine Hilfe, als man sich eben doch die sehr unterschiedliche Dauer von Asylverfahren in den Bundesländern zwingend angucken muss. Das heißt, da können wir noch so sehr marginale Änderungen vornehmen! – Das ist eine zentrale Frage. Und es wird auch nicht helfen – es sei denn, Sie wollen das als Abstrafungsmodell nehmen –, Tausende von Geduldeten jetzt auf das absolute Existenzminimum zu drängen; denn die Menschen werden das Land nie verlassen können – das wissen Sie genau –, weil das die Geschichten der Vergangenheit sind. Da müssen Sie mit Frau Merkel und Ihren eigenen Innenministern reden, aber nicht mit uns. Diese Menschen sind jetzt da, und ein Großteil von ihnen wird bleiben. Es ist doch sicherheitspolitisch, humanitär, gesellschaftspolitisch und arbeitspolitisch dämlich, mit der irrigen Annahme, sie würden dann das Land verlassen, zu sagen: Wir wollen so viele Menschen wie möglich ans Existenzminimum drängen. – Also, bitte mehr Realität und dafür sorgen, dass wir künftig nicht mehr so viele Geduldete haben! Das ist kluge Politik – in die Zukunft gerichtet, aber die Realität anerkennend. Eines finde ich erstaunlich: Sie, Herr Stracke, sagten vorhin am Anfang Ihrer Rede, wir, die böse, verschwörerische Ampel, behaupten, es gehe nicht. Aber in Wirklichkeit sagen Sie doch: Sie wollen nicht. – Also, es war Ihre Unterstellung, wir würden behaupten, es gehe verfassungsrechtlich nicht, aber in Wirklichkeit wollen wir nicht. Und was ist die Antwort darauf? So wie Sie es wollen, geht es in der Tat nicht. Aber selbst wenn es so ginge, wie Sie wollen, wollen wir das nicht, weil wir tatsächlich eine andere Vorstellung von Menschenwürde haben. Sie selbst haben noch mit uns – einige von Ihnen habe ich hier vor dem Reichstag gesehen – unsere Verfassung groß gefeiert. Und jetzt schreiben Sie ernsthaft in Ihrem Antrag, man solle Artikel 20 anpassen, und zwar so, dass die Anwendung des Gleichheitssatzes und die Anwendung des Existenzminimums davon abhängen sollen, wie lang der Aufenthalt einer Person sei, ob er rechtmäßig sei und wie das Leistungsniveau in anderen EU-Ländern sei. Wenn wir das ins Grundgesetz schreiben, verlasse ich dieses Land sofort. Das ist genau das, was Kermani eine Verunstaltung des Grundgesetzes durch solche Vorstellungen genannt hat. Wir haben die urchristliche – übrigens eigentlich auch urchristdemokratische – Vorstellung, dass Menschenwürde nicht rassifizierbar ist und dass Menschenwürde jeder hat. Menschenwürde – auch wenn Sie es nicht hören können – hat sogar jemand, der hier kurz oder illegal in diesem Land ist, weil Menschenwürde universal ist, – – unteilbar ist und für jeden gilt. Das gilt heute, das gilt morgen und für uns auch übermorgen. Vielen Dank.