Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und andere! Ich glaube, jetzt gab es eine Taschengelderhöhung aus dem Kreml. Freuen Sie sich! Wenn mein Nachbar grundlos gewaltsam in mein Haus eindringt und die Zimmer meiner Kinder besetzt, wehre ich mich. Wenn ich es nicht schaffe, alleine aus eigener Kraft den Eindringling herauszujagen, bitte ich Familie und Freunde um Hilfe. Wenn der Eindringling dann noch klarmacht, dass er, sobald er mein Haus hat, zum nächsten Nachbarhaus geht, dann hat der davon betroffene Nachbar ein großes Interesse, mir beizustehen. Der böse Nachbar hat nicht nur die Zimmer meiner Kinder besetzt, sondern zerstört nun auch meinen Kühlschrank, kappt die Stromleitung und schlägt die Fenster ein. Es zieht, es regnet rein; meine Kinder sind verängstigt, werden krank. Der Nachbar wütet seit zwei Jahren in meinem Haus. Es ist unser Zuhause; wir können nirgendwo anders hin. Wir brauchen einen funktionierenden Kühlschrank, reparierte Fenster, damit die Kinder gut durch den Winter kommen. Der nette Nachbar von nebenan leiht mir einen Kühlschrank, der Fensterbauer, der übernächste Nachbar, hilft mir mit den Fenstern. Das ist so, wie ich es den Grundschulkindern meist erkläre, damit sie diesen sehr komplexen Konflikt halbwegs verstehen. Und dann frage ich: Ja, was glaubt ihr denn? Sollten mir die Nachbarn helfen? Und sie sagen: Selbstverständlich, natürlich sollen die helfen. – Und wer sollte denn bitte die Fenster bezahlen? – Ja, selbstverständlich der, der sie kaputtgemacht hat. Kinder sind grandios klar, Kinder sind wunderbar empathisch und haben mehr Klarheit; sieben-, acht-, neunjährige Kinder haben mehr Klarheit als der ein oder andere Erwachsene hier in diesem Raum. Seit 838 Tagen herrscht Krieg in der Ukraine. Mehr als 200 000 Gebäude sind zerstört – Gebäude, die glückliche, vielleicht auch unglückliche Familien beherbergten, Häuser, in denen Kinder ihr Lachen und ihre Sicherheit zurückließen, Schulen, in deren Pausenhöfen nicht mehr unbeschwert Fangen gespielt wird, Krankenhäuser, in denen Kranke und Verwundete nicht mehr behandelt werden können, Kraftwerke, die keinen Strom und keine Wärme mehr liefern. Mit Blick auf den kommenden Winter sind das wirklich katastrophale Zustände. Energieknappheit ist Putins neueste Waffe. Die Liste der Untaten Putins ist lang, und jeden Tag wird sie länger. Putin will Zerstörung, Putin will Unterwerfung. Aber da hat er die Rechnung ohne die freie Welt gemacht: Putin wird zahlen. Auf der Recovery Conference hier in Berlin herrscht darüber große Einigkeit: „United in Defence. United in Recovery.“ Hochrangige Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus aller Welt waren hier bei uns zu Gast. Danke für die großartige Ausrichtung dieser Konferenz an das BMZ! Hier wurden Leuchtturmprojekte vorgestellt, Geschäftsbeziehungen intensiviert und Fachwissen ausgetauscht. Diesmal ist auch die Zivilgesellschaft sehr prominent vertreten, und das war genau richtig so. Alle sind bereit, ihre Ärmel hochzukrempeln und anzupacken für eine freie Ukraine. Nach wie vor sind über 2 000 deutsche Unternehmen wirtschaftlich mit der Ukraine intensiv verbunden. Die deutschen Industrie- und Handelskammern pflegen einen intensiven Austausch mit ihren ukrainischen Pendants und stehen investitionswilligen deutschen Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite. Das BMZ unterstützt die Privatwirtschaft dabei; auf der eigens eingerichteten Plattform www.ukraine-wiederaufbauen.de finden sich die wichtigsten Infos. Wer Interesse hat: Bitte gern mal draufgehen! Hätten Sie sich allerdings mit der Recovery-Konferenz beschäftigt, meine Damen und Herren von der AfD, hätten Sie gewusst, dass niemand – ich zitiere – als „Bettelpräsident … im Tarnanzug“ zum Betteln hierhergekommen ist. Ihre Aussagen zum Besuch Selenskyjs sind so unterirdisch und beschämend! Wenn jemand überhaupt betteln müsste, dann müssten wir es als Europa, als freie Welt sein, die darum betteln, dass die Ukraine weiterhin tapfer durchhält – in unser aller Interesse. Noch was: Ihre despektierlichen Kommentare über Tarnanzüge haben unsere Soldatinnen und Soldaten hoffentlich aufmerksam zur Kenntnis genommen. Anstand und ein Minimum an respektvollem Umgang lassen sich eben nicht in Nadelstreifenanzügen messen; das haben Sie gestern durch Ihr Fernbleiben wirklich eindrücklich bewiesen. An die anderen Ferngebliebenen, die auch heute fernbleiben: Sie haben bewiesen, dass es Ihnen niemals um Diplomatie oder Sonstiges ging. Sie reden von Gesprächen und wollen nicht einmal dem Angegriffenen zuhören. Ihnen geht es nur um die eigene Show, um eigene Schlagzeilen. Demokratinnen und Demokraten haben Sie demaskiert. Vielen Dank.