Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Montag, den 3. Juni, kam eine zutiefst erschütterte Mannheimer Stadtgesellschaft zusammen, um des Polizeibeamten Rouven Laur zu gedenken. Drei Tage zuvor war dieser in Ausübung seiner Pflicht von einem islamistischen Attentäter mit einem Messer getötet worden. Rouven wurde ermordet, weil er die Meinungsfreiheit schützte. Vom Verfassungsschutz beobachtete Islamhasser sind in meine Stadt gekommen, um ihre Ansichten kundzutun. Und wie um diese Ansichten zu bestätigen, zückte der 2013 aus Afghanistan eingereiste Täter das Messer gegen die Andersdenkenden. Mannheim wurde damit zum Zentrum der Debatte um Migration, Asyl und den Islam, und das Geschehene wird seit Sonntag von Rechtsextremen und der AfD skrupellos instrumentalisiert. Religiösen und nationalistischen Extremisten ist dabei gemeinsam, dass sie zeigen wollen, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen angeblich nicht möglich sei. Aber gerade die Stadt Mannheim beweist jeden Tag das Gegenteil. Am Montag kamen aus der ganzen Stadtgesellschaft Menschen zusammen, um ihrer Trauer um den Tod von Rouven Laur Ausdruck zu verleihen. Es waren Christen, Muslime, Juden und Konfessionslose. Es waren 8 000 Mannheimer Bürgerinnen und Bürger, so vielfältig wie die Stadt selbst. Die muslimischen Gemeinden meiner Stadt haben sich mit der Polizei solidarisiert und den Anschlag klar verurteilt. Mannheimer Muslime waren auch am Tag des Attentats auf dem Marktplatz vor Ort: als Kollegen des ermordeten Polizisten, als Sanitäterinnen und Sanitäter in der Erstversorgung der Verletzten, als Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus. Sie sind Teil unserer Gemeinschaft, sie sind Teil unserer Stadtgesellschaft, und wir trauern gemeinsam. Rouven starb im Dienst für unsere Grundrechte. Einer der Grundwerte der Demokratie ist es, anzuerkennen, dass alle Menschen gleich viel wert sind. Wer andere aufgrund ihrer Identität, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, weil sie Muslime sind, weil sie Juden sind, weil sie schwul oder trans sind, abwertet oder angreift, der schließt sich selbst aus der Gemeinschaft der Demokraten aus. Das gilt für diejenigen, die nach einem Kalifat rufen, genauso wie für diejenigen, die sagen, dass sie die Demokraten jagen werden. Im Übrigen bin ich es leid, dass diejenigen von uns, die sich für Zusammenhalt einsetzen, von manchen als naiv oder mit falscher Toleranz versehen abgewertet werden. Das ist eine für die Kernwerte unserer Gesellschaft zerstörerische, ja toxische Rhetorik. Niemals sollte man sich dafür rechtfertigen müssen, dass man sich für die Gleichwertigkeit aller Menschen, für die universellen Menschenrechte, für das Völkerrecht und das friedliche Zusammenleben der Völker einsetzt. Auch in Mannheim gab es und gibt es keine falsche Toleranz gegenüber Islamisten. Das haben wir so auch in der „Mannheimer Erklärung“ für ein Zusammenleben in Vielfalt aufgeschrieben, die auch die muslimischen Gemeinschaften in unserer Stadt unterzeichnet haben. Darin steht, dass es keine Toleranz für diejenigen geben dürfe, deren Handeln sich gegen die Werte unseres Grundgesetzes richtet. Deshalb, meine Damen und Herren, gönnen wir denjenigen keinen Erfolg, die unsere offene Gesellschaft zerstören wollen. Mein Vorgänger, der Mannheimer Abgeordnete Carlo Schmid, wurde heute schon zitiert. Als einer der Väter des Grundgesetzes forderte er, „Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufzubringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen“. Rouven Laur haben sie umgebracht. Ehren wir ihn, indem wir nicht zulassen, dass sein Tod benutzt wird, um unsere liberale Demokratie umzubringen. Vielen Dank.