Zweites Beispiel: Fachkräftemangel. Sie stellen immerhin fest, dass es Deutschland an Fachkräften mangelt. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Es gibt ja nichts Schöneres, als über AfD-Antragspotpourris am Freitagnachmittag zu sprechen. Ich möchte meine Assoziationen teilen, die ich beim Lesen dieses Antrags hatte. Ich musste nämlich an Mundgeruch denken. Aber keine Sorge, es wird jetzt nicht um die Mundpflege der AfD-Abgeordneten gehen. Sie fabulieren hier von vermeintlichen ideologischen Verboten und Diskriminierungen, die die Wirtschaft blockieren. Ihre Alternative: Es muss ideologiefrei sein. Damit kommen wir zum Mundgeruch. „Ideologie“ – so das Bonmot von Terry Eagleton – „ist wie Mundgeruch immer das, was die anderen haben.“ Um im Bild zu bleiben: Der Atem der AfD stinkt so sehr nach Ideologie, aber wahrhaben wollen Sie es nicht. Wer sich also ideologiefrei gibt, ist meist besonders ideologisch. Ich gebe Ihnen auch sehr gerne zwei Beispiele für den ideologischen Mundgeruch in Ihrem Antrag. Erstens fordern Sie kostengünstige und sichere Energie. Zugestanden, wir brauchen in Deutschland niedrigere Energiepreise. Wir wollen auch gerne den Industriestrompreis. Energiepreise sind ein wichtiger Standortfaktor. Aber Ihr ideologischer Atem vernebelt Ihnen leider den Blick für die Ursache: der russische Angriffskrieg. Ihre Lösung: ideologisch. Gestoppt werden soll nämlich der Ausbau der Wind- und Solarenergie. Zufällig sind diese Energiequellen aber die günstigsten in der Produktion von Strom. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn, wie Herr Loos schon gesagt hat, Gas über Nord Stream 2 aus Russland als Alternative empfohlen wird. Es ist natürlich ein sehr schöner Zufall, dass ausgerechnet Sie nach russischem Gas schreien; denn – wie soll man ihn nennen? – Ihr Außenwirtschaftsexperte Herr Bystron hat ja offenbar Geld aus Russland erhalten und sich dann auch noch über die große Stückelung der Geldscheine beschwert. Sie sind auf jeden Fall ideologisch, Sie sind wahrscheinlich bestechlich, und Sie stellen sich dabei noch nicht einmal besonders geschickt an. Laut einer aktuellen Studie des IW entsteht so ein Schaden von jährlich 50 Milliarden Euro. Das ist übrigens eine sehr konservative Schätzung. Der Grund dafür: Wir haben zu wenig Fachkräfte. Wir brauchen also mehr Fachkräfte. Ich muss es so einfach erklären; denn offensichtlich verstehen Sie diesen Zusammenhang nicht. Schauen wir in Ihren Antrag: Sie wollen Abwanderung verhindern. Eine gute Idee, aber uns fehlen Fachkräfte, also: Wir brauchen mehr Fachkräfte. Ihre Maßnahme führt nur dazu, dass der Mangel nicht noch größer wird. Und warum? Weil Sie ideologisch sind. Eigentlich liegen die Lösungen auf der Hand. Zum einen könnte man die Erwerbsquote von Frauen steigern durch flexiblere Arbeitsbedingungen, bessere Kinderbetreuungsangebote, gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Aber Moment: Ihr Frauenbild ist ja in den 30er-Jahren oder in den 50er-Jahren stecken geblieben, wo die Frau zu Hause war und dem Mann gehorcht hat. Daher findet sich auch kein Wort dazu im Antrag, wie man Frauen unterstützen sollte. Zum anderen sollte man Fachkräftemangel durch Einwanderung von Fachkräften und Integration in den Arbeitsmarkt lösen. Das fordern übrigens auch die Wirtschaftsverbände aus dem Osten, und die sind alle bekanntermaßen keine Fans der Ampel. Aber ideologisch, wie Sie sind, nehmen Sie halt lieber einen Milliardenschaden für die Wirtschaft in Kauf. Meine Damen und Herren, das Problem am Mundgeruch ist ja, dass man selber gar nicht merkt, wie unangenehm der eigene Atem ist. Das liegt daran, dass sich der eigene Geruchssinn ständig an den eigenen Atemduft anpasst. Das ist schön für Sie, aber, liebe AfD, jeder in Deutschland kann Ihre Ideologie riechen. Allen anderen wünsche ich ein mundgeruchfreies Pfingstwochenende. Tschüs!