zum Beispiel, Frau Launert, dass man, wenn man keine rechtliche Grundlage hat, nicht einfach agieren kann. Die Rechtsstaatlichkeit ist auch für uns verbindlich, und das ist auch richtig so. Es ist schwer auszuhalten. Wir müssen aber auch lernen, Dinge wieder auszuhalten. Herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen im Lande einige Aufmärsche und Demonstrationen erlebt, für die man sich nur schämen kann, wo sich Antisemitismus Bahn gebrochen hat, wo nach dem Kalifat gerufen wurde. Da schließe ich mich allen an, die sagen: Wer in einem Kalifat leben möchte, dem wünschen wir eine gute Reise. Zu einer richtigen Einordnung, wenn man sich die Zahlen anschaut, gehört aber auch: Sicherlich stehen Leute, die sich für ein Kalifat aussprechen, nicht auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Aber es gibt sehr viel mehr Menschen – deutsche Nazis, Reichsbürger, Ewiggestrige – im Land, die ebenso wenig auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Diese Dinge muss man ins richtige Verhältnis setzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde diese Aufmärsche skandalös. Sie sind schwer auszuhalten. Wir müssen aber in einer Demokratie wieder lernen, dass man bestimmte Dinge aushalten muss, Ich mache mir Sorgen um unsere Debattenkultur. Die Extremisten dürfen unsere Debattenkultur im Lande nicht zertrümmern. Keiner, der in unserem Land Verantwortung trägt – in den Städten oder für Universitäten –, will hässliche Bilder von solchen Demonstrationen auf seinem Marktplatz oder in seiner Universität haben. So sind in den letzten Wochen auch Demonstrationen untersagt bzw. aufgelöst worden oder Veranstaltungen abgebrochen worden. Ich will an dieser Stelle klar festhalten: Behörden haben in diesem Land das Recht, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist, solche Untersagungen auszusprechen. Sie haben sogar die Pflicht dazu. Diejenigen, die Verantwortung tragen und nach Abwägungen zu entscheiden haben, was in einer konkreten und aufgeheizten Situation zu tun ist, sind nicht zu beneiden. Ich möchte dafür plädieren, dass sie Respekt von uns erfahren, und wenn solche Anordnungen erfolgen, dann ist ihnen Folge zu leisten. Das Dritte, was ich sagen will, ist an die gerichtet, die demonstrieren: Demonstriert! Meldet das an! Haltet euch an die Auflagen! Distanziert euch von extremen Trittbrettfahrern! Demonstriert laut, aber friedlich! Unter diesen Bedingungen muss es aber auch möglich sein, zum Beispiel seine Zerrissenheit und Verzweiflung angesichts der Bilder aus Gaza und dessen, was dort passiert, friedlich zum Ausdruck zu bringen. Ich mache mir Sorgen, wenn ein Raum dafür in Deutschland nicht mehr zur Verfügung steht. Deswegen will ich an dieser Stelle sagen: Solche Räume müssen wir bewahren. Dass nun eine große deutsche Boulevardzeitung quasi Fahndungsfotos von Professorinnen und Professoren veröffentlicht hat, die sich dafür einsetzen, dass solche Räume an ihren Universitäten bewahrt bleiben, und von „Universitätern“ spricht, ist ein weiterer Tiefpunkt des deutschen Boulevardjournalismus. Das halte ich für unverantwortlich. Ja, selbstverständlich. Ich bin froh, dass Sie mich fragen, ob Sie das so verstehen können, und nicht einfach behaupten, dass Sie das so verstanden haben. Selbstverständlich können Sie meine Rede so nicht verstehen. Ich habe gesagt: Diese Professoren haben sich, ohne Partei zu ergreifen, dafür eingesetzt, dass Räume des friedlichen, rechtsstaatlich einwandfreien Protestes in diesem Land bewahrt werden. Ich habe davor auch gesagt, was ich von denjenigen, die Demonstrationen anmelden und durchführen wollen, erwarte. Deswegen: Beruhigen Sie sich! Wir haben ein Land, in dem die Meinungsfreiheit durch unser Grundgesetz geschützt ist. Wir feiern es nächste Woche. Aber wir müssen dafür sorgen, dass solche Demonstrationen in diesem Land weiterhin möglich sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Antrag der Union. Ross und Reiter zu benennen, wenn es um Extremismus geht, ohne ganze Gruppen pauschal anzugreifen, das ist manchmal ein schmaler Grat. Da stürzt die Union regelmäßig ab. Sie sind nicht für Wehrhaft in der Demokratie, sondern immer für Sippenhaft. So verhält es sich auch mit Ihrem Antrag. „Den politischen Islam als Gefahr … bekämpfen“ lautet die Überschrift. Und dann schreiben Sie gleich im ersten Satz: „Ein Viertel der Menschen in Deutschland hat mittlerweile einen Migrationshintergrund.“ Entschuldigung, was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Ich wünsche mir, dass Sie, bevor Sie solche Sätze schreiben, einmal sagen: Danke Giuseppe, danke Ali, dass ihr dieses Land mitaufgebaut habt! Danke, dass ihr den Laden am Laufen haltet! – Ich wünsche mir, dass Sie diese Menschen nicht immer pauschal in den Kontext von Extremismus stellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen Extremisten bekämpfen. Aber wir dürfen uns nicht immer gegenseitig verdächtigen. Wer sich gegenseitig verdächtigt, dem schnürt es nur die Kehle zu. Unsere Mütter und Väter der Verfassung haben uns mit ihrer Verfassung ein freiheitliches, ein offenes Land geschenkt. Das wollen wir bewahren. Vielen Dank.