Sie haben es doch in den vergangenen Legislaturperioden verbockt. Und jetzt kommen Sie mit einem Antrag, der keinen Millimeter weiterhilft! Das ist doch lächerlich. Natürlich, Takis; daran denke ich Tag und Nacht. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Demokratinnen und Demokraten! Sehr geehrte Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU, Sie wollen mit Ihrem Antrag Prävention und Rehabilitation stärken. Das ist natürlich gut und grundsätzlich sehr wichtig; denn die betroffenen Menschen haben ein Recht darauf, und wir können und wollen auf niemanden verzichten. Ich glaube, bis hierhin besteht absolute Einigkeit. Aber ich bin beim Lesen schon über die ersten Sätze gestolpert. Sie setzen eine Prämisse, die ich, ehrlich gesagt, für vollkommen falsch und sogar gefährlich halte: Sie formulieren körperliche Gesundheit als Bedingung für Erwerbsarbeit, für gesellschaftliche Teilhabe, für Unabhängigkeit und schließlich für ein selbstbestimmtes Leben. – Takis, was sagst du dazu? – „1950“, sagt er. – Das ist offensichtlich falsch; denn viele Menschen mit Behinderungen beweisen täglich das Gegenteil. Wo die gleichberechtigte Teilhabe, wo ein Leben in Selbstbestimmung aber nicht gelingt, gibt es Barrieren, die wir als Gesellschaft zu verantworten haben und die deshalb auch wir als Gesellschaft zu beseitigen haben. Darum geht es, wenn wir über die inklusive Gesellschaft sprechen: Wir müssen die Strukturen so verändern, dass sie für alle Menschen möglichst reibungslos funktionieren, eben nicht nur für die Gesunden und besonders Leistungsstarken. Ich habe heute Nachmittag mit Wilfried Oellers gesprochen und habe ihn gefragt, ob er die Federführung hat. Er hat sie nicht. Es hätte mich gewundert, hätte er sie gehabt; denn er vertritt die Behindertenpolitik der Union seit Jahren und weiß genau, wovon ich hier rede. Er weiß genau, dass es sogar geltendem Recht widerspräche, Selbstbestimmung und Teilhabe an die gesundheitliche Konstitution eines Menschen zu knüpfen und nicht alles daranzusetzen, daran etwas zu verändern, wenn es der tatsächlichen Lebenserfahrung behinderter Menschen entspräche, ausgeschlossen zu werden. Trotzdem ist es natürlich ein absolut notwendiges Vorhaben, erkrankte Erwerbstätige, insbesondere solche mit großen Bedarfen, beim Wiedereinstieg ins Berufsleben viel stärker zu unterstützen, als sie es bis heute erleben müssen. Ihr Vorschlag, Lotsen einzusetzen, die zwischen den zahlreichen Akteuren vermitteln sollen, ist aber nichts weiter als ein Pflaster auf einer klaffenden Wunde. Strukturen und mangelnde Standards bleiben bestehen, und Geld darf es auch keines kosten – das wird natürlich nicht funktionieren. – Doch, das stimmt. Wir wären dafür, erst mal das Naheliegende endlich zu tun. Seit über zehn Jahren steht eine Stärkung des BEM, des Betrieblichen Eingliederungsmanagements, in allen Koalitionsverträgen, weil wir doch wissen, dass dieses wertvolle Instrument seine volle Wirkung nicht entfalten kann, weil es an Schärfe und Klarheit mangelt. Jede Arbeitnehmerin muss endlich das Recht bekommen, eine gut strukturierte und qualitativ hochwertige Unterstützung bei der Rückkehr ins Erwerbsleben zu erhalten. Der Anteil derer, denen trotz bestehender Voraussetzungen im individuellen Fall kein BEM angeboten wird, liegt in kleineren Betrieben, im Handwerk und im Dienstleistungsbereich bei mehr als 60 Prozent. Wie wäre es, wenn wir erst einmal dieses bekannte Problem lösen würden? Und wir brauchen endlich flächendeckende Qualitätsstandards – das kommt noch! – bei der stufenweisen Wiedereingliederung. Auch das ist hinlänglich bekannt. Und lassen Sie uns bloß nicht vergessen, die Schwerbehindertenvertretungen zu stärken; denn die kennen ihre Betriebe am allerbesten und können nicht nur in diesem speziellen Fall eine wertvolle Hilfe sein.