Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die gesetzliche Rente ist eine Versicherung. Jetzt könnte man sagen: Ist doch klar. – Aber so selbstverständlich scheint das nicht zu sein; denn sonst würden wir heute Abend nicht diesen Antrag besprechen. Es ist zwar unerlässlich, dass soziale Aspekte in der gesetzlichen Rentenversicherung integriert sind, aber gleichzeitig muss auch gewährleistet sein, dass genügend Geld in das System fließt, um am Ende die Renten auch zahlen zu können. Dafür dürfen wir diejenigen, die am meisten dazu beitragen, nicht überproportional benachteiligen. Menschen, die so hohe Gehälter beziehen, sodass sie über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, werden ja nicht ohne Grund so gut bezahlt. Dabei rede ich nicht von Millionenverdienern, sondern von Menschen, die viel Verantwortung übernehmen. Warum sollte ich fleißiger sein als mein Kollege, wenn ich nach der Beförderung Rentenbeiträge zahlen muss, von denen ich am Ende nichts haben werde? Unsere Rentenversicherung beruht auf fünf Grundprinzipien. Eins davon ist der Generationenvertrag. Der bröckelt schon lange vor sich hin. Ein anderes ist das Äquivalenzprinzip. Wenn Sie jetzt auch daran rütteln wollen, würde das dazu führen, dass das System auf noch wackligeren Beinen stünde. Auch die Wirtschaftsweisen sind in ihrem Jahresbericht zu dem Schluss gekommen, dass sozialer Ausgleich nicht in die gesetzliche Rentenversicherung gehört, sondern steuerfinanziert sein muss. Dieser Schluss ergibt sich übrigens auch aus der Eigentumsgarantie in unserem Grundgesetz. Das allein würde mir schon reichen, um den Antrag jetzt an dieser Stelle abzulehnen. Aber es gibt ja noch andere Punkte: Sie schlagen vor, dass Arbeitgeber prozentual mehr zahlen sollen als die Arbeitnehmer. Da kann ich nur sagen: Ohne die Arbeitgeber gibt es keine Wertschöpfung, und ohne Wertschöpfung keinen Sozialstaat. Mit anderen Worten: Erwirtschaften kommt vor Verteilen. Das bedeutet übrigens: Wenn es nichts mehr zu verteilen gäbe, hätte Die Linke auch kein Parteiprogramm mehr. Von daher weiß ich gar nicht, warum Sie das hier so fordern. Mal ganz davon abgesehen, dass es natürlich Augenwischerei ist, wenn ein höherer Beitrag der Arbeitgeber gefordert wird, muss ich sagen: Für die Unternehmen wächst das Geld nicht auf den Bäumen, das muss erst erwirtschaftet werden. Wenn die Lohnnebenkosten weiter steigen, führt das dazu, dass bei den nächsten Lohnverhandlungen die Löhne nicht so stark steigen werden, dass Produkte teurer werden, dass Dienstleistungen teurer werden. Am Ende zahlen die Arbeitnehmer das Ganze dann doch selbst. Das wohl Absurdeste in diesem Antrag ist, dass Sie die staatliche Förderung für die betriebliche und private Vorsorge streichen wollen und stattdessen höhere Beiträge in der gesetzlichen Rente fordern. Unser Rentensystem funktioniert. Allerdings ist es nicht so leistungsfähig, wie es sein könnte, wenn man es rechtzeitig reformiert hätte. Viele junge Menschen wissen, dass die gesetzliche Rente nicht lebensstandardsichernd ist, und sorgen deswegen selbst vor. Das sollten wir fördern. Die gesetzliche Rente war noch nie darauf ausgelegt, dass die Menschen damit den Lebensstandard, den sie aus dem Erwerbsleben kennen, halten können. Deshalb ärgere ich mich darüber, dass in Ihrem Antrag immer wieder das Wort „lebensstandardsichernd“ vorkommt. Das trifft nicht zu, egal ob das Rentenniveau bei 43, bei 48, bei 53 oder gar bei 70 Prozent liegt. Es stört mich extrem, dass Sie immer wieder versuchen, das den Menschen einzureden. Es ist gut, wenn die Menschen privat vorsorgen. Wir haben ein dreigliedriges Rentensystem aus gesetzlicher Rente, betrieblicher und privater Vorsorge. Auch da haben wir Reformen geplant. Wir wollen die private Vorsorge einfacher, zugänglicher und vor allem attraktiver machen. Wir wollen dort Anreize schaffen. Wir brauchen mehr Kapitaldeckung in allen drei Bereichen, in allen drei Säulen. Das ist die einzige Möglichkeit, das Rentenniveau langfristig wieder ansteigen zu lassen. Dazu brauchen wir die Aktienrente. In Schweden funktioniert das seit 25 Jahren. Die Schweden machen uns das vor: Im Durchschnitt beträgt die Rendite 11 Prozent. Die Rentner dort haben eine höhere Rente als die Rentner hier. Man plant, dass ab 2030 diese Zusatzrente, diese Aktienrente, knapp 20 Prozent der Gesamtrente ausmachen wird. Das ist eine super Sache. Eigentlich ist es doch auch der Traum der Linken, die Menschen am Produktivkapital zu beteiligen. Von daher: Ich finde das toll, und auch Sie sollten das toll finden. Wir lehnen den Antrag deswegen ab.